[146] Synergismus (v. gr.), die Meinung, daß Her Mensch die Seligkeit nicht blos von den Wirkungen der göttlichen Gnade hoffen dürfe, sondern zur Erlangung derselben selbst mitwirken müsse. Schon Pelagius behauptete dies gegen Augustinus, Erasmus von Rotterdam gegen Luther, welcher die Bekehrung des Menschen als ein ausschließliches Werk der göttlichen Gnade behauptete; Melanchthon aber behauptete in der zweiten Ausgabe seiner Loci theol., 1535, daß der Mensch bei der Besserung mitwirken (συνεργεῖν) könne, u. Luther sprach nichts dagegen, u. unbestritten wurde diese Meinung in das Leipziger Interim eingerückt u. mehre Theologen, V. Strigel, G. Major, Krell etc. begünstigten dieselbe. Erst seitdem Pfeffinger in Leipzig (in seiner Schrift: De libertate voluntatis humanae, 1555) behauptet hatte, daß der von dem Heiligen Geiste zuvor Erweckte nun das Seinige auch thun müßte, griff ihn zunächst Amsdorff 1558 mit der ganz grundlosen Behauptung an, daß er gelehrt habe, der Mensch könne sich aus den natürlichen Kräften seines freien Willens, auch ohne die Gabe des Heiligen Geistes, zur Gnade schicken u. bereiten; u. nun begann Flacius in Jena einen förmlichen Streit (Synergistische Streitigkeiten). Er behauptete (in der Refutatio propositionum Pfeffingeri de libero arbitrio, 1558) das gänzliche Unvermögen des Menschen zum geistigen Guten u. wurde in dieser streng lutherischen Ansicht vom Herzog Johann Friedrich dem Mittleren von Weimar unterstützt, welcher dadurch der Lehre der Universität Jena Celebrität zu verschaffen gedachte. Victorin Strigel eiferte dagegen, u. da dieser nebst dem Superintendent Hügel in Jena sich gegen das weimarische Confutationsbuch von 1559, welches der Herzog gegen die mildere Ansicht hatte aussetzen lassen, erklärten, so wurden sie 1559 gefangen gesetzt, zwar wieder freigegeben, aber nicht wieder in ihre Ämter eingesetzt. Im August 1560 wurde in Weimar eine dreizehntägige Disputation zwischen Flacius u. Musäus einer- u. Strigel u. Hügel andererseits veranstaltet, worin Flacius behauptete, die Erbsünde sei das Wesen (Substanz) des Menschen, weshalb seine Anhänger Substantialisten, ihre Gegner aber Accidentiarier genannt wurden. Daher u. weil Strigel in seiner Declarationsschrift über den freien Willen des Menschen den Herzog, befriedigt hatte, wurde dieser 1562 wieder in sein Amt eingesetzt, nachdem Flacius mit seinen Anhängern, wie Wigand u. Index, im December 1561 enturlaubt worden waren. Um den Frieden unter der Geistlichkeit der herzoglichen Lande, welche sich in Flacianer u. Strigelianer theilten, wiederherzustellen, wurde die vierte Kirchenvisitation angeordnet, wozu der neue Superintendent Stößel zu Jena die Superdeclaration über Strigels Declaration verfaßt u. darin die Behauptung aufgestellt hatte, daß der von der Erbsünde unvernichtete Willensrest nicht von einer inneren Kraft des Menschen, sondern von einer äußerlichen Zuchtleitung zur Gnade geführt werde. Aber weder Strigel erkannte diese Ansicht an u. verließ Jena, noch die strengen lutherischen Geistlichen, weshalb ihrer 40 abgesetzt wurden. Als Herzog Johann Friedrich der Jüngere nach den Grumbachschen Händeln die Regierung verlor u. sein Bruder Johann Wilhelm allein zur Regierung kam, 1567, wurde durch Edict vom 16. Jan. 1568 die lutherische Orthodoxie wieder hergestellt, die milder Gesinnten verließen Jena, die Flacianer, Wigand, Cölestin, Heßhus, Kirchner, kehrten zurück u. der Kampf dieser Jenenser gegen die Wittenberger Theologen begann von Neuem. Zur Beilegung des Streites wurde auf Veranlassung des Kurfürsten August in Altenburg vom 20. Oct. 1568 bis 9. März 1569 zwischen den kursächsischen (Wittenbergischen) u. herzoglich sächsischen (Jenaischen) Theologen ein, Kolloquium gehalten, welches jedoch ohne Erfolg blieb, aber bei der fünften Kirchenvisitation 1569 u. 1570 wurden die Geistlichen der Strigelschen Ansicht abgesetzt, jedoch widerriefen die meisten derselben u. bereuten die Unterschrift der Strigelschen Erklärung. Herzog Johann Wilhelm ließ 1570 das Corpus doctrinae thuringicum herausgeben als Gegensatz zu dem 1560 erschienenen Wittenberger Corpus doctrinae Melanchthonis. Dieser Streit trat in eine neue Phase, als 1573 der Kurfürst August von Sachsen Vormund der Herzöge Friedrich Wilhelm u. Johann wurde; dieser befahl in der sechsten Kirchenvisitation von der Flacianischen Ansicht abzulassen u. die mildere Ansicht anzunehmen. Diesmal war die Zahl der Abgesetzten sehr groß (im Altenburgischen allein 111 Geistliche), indem die Flacianische Ansicht viele Anhänger hatte. Erst durch die Concordienformel von 1574 (1580) wurde der Streit im Allgemeinen beendigt u. der S. darin verdammt.