Todeserklärung

[640] Todeserklärung, das rechtliche Erkenntniß, durch welches ausgesprochen wird, daß ein Mensch, dessen erfolgter Tod bisher zweifelhaft war, für todt zu erachten sei. Der T. geht jedesmal eine Art Edietalproceß voraus, bei welchem zunächst der Abwesende selbst u. alle diejenigen, welche an sein Vermögen Ansprüche erheben zu können vermeinen, aufgefordert werden in einem bestimmten Termine vor Gericht zu erscheinen, unter der Androhung, daß der sonst Abwesende für todt erachtet, die sich nicht meldenden Interessenten mit ihren Ansprüchen excludirt werden würden. Für diese Aufforderung ist gewöhnlich die Bekanntmachung an mehren Gerichtsstellen u. durch mehre Zeitungen vorgeschrieben. Erscheint der Abwesende noch in dem Termine, so erledigt sich die Sache von selbst; erscheint er aber[640] nicht, so wird meist von denjenigen, welche die T. verlangt haben, noch ein Gefährdeeid darüber, daß ihnen seit einer gewissen Zeit (10 Jahre) von dem Leben des Abwesenden Nichts bekannt worden sei, abgefordert, u. erst, wenn dieser Eid abgeleistet ist, zur wirklichen T. geschritten. Übrigens schreiben die Gesetze außerdem noch vor, daß der Abwesende ein bestimmtes Alter erlangt haben muß, ehe auf seine T. angetragen werden kann. Der gemeine Gerichtsgebrauch läßt die T. erst mit Überschreitung des Alters von 70, bei einer erst später eingetretenen Verschollenheit mit dem 80., od. wenn auch dieses Alter vor die Verschollenheit fällt, nach noch 5 Jahren eintreten. Die Particulargesetze enthalten darüber sehr abweichende Bestimmungen. Hinsichtlich solcher Personen, welche als Soldaten in den Krieg gezogen u. daraus nicht zurückgekehrt sind, ist zuweilen die Zeit, nach deren Verlauf die T. beantragt werden kann, auf nur wenige Jahre gesetzt. Die Folge der T. ist die, daß das vorhandene Vermögen des Abwesenden den nächstberechtigten Erbenzur eigenen Disposition ausgeantwortet wird u. die etwa bis dahin geführte Abwesenheitsvormundschaft ihr Ende erreicht. Controvers ist dabei aber, welcher Zeitpunkt als der Zeitpunkt des vermutheten Todes anzunehmen ist, Manche nehmen den Zeitpunkt an, von welchem an der für todt Erklärte verschollen ist, Andere den Zeitpunkt des zur T. berechtigenden Alters, noch Andere den Zeitpunkt der gerichtlichen T. Für letztere Annahme hat sich die Gesetzgebung in Österreich u. Preußen ausgesprochen. Übrigens schafft die T. immer nur eine sogenannte Rechtsvermuthung (Praesumtio juris, s.u. Präsumtion), welche dem Beweise der Wahrheit weicht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 640-641.
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