Argentinien

[243] Argentinien. Inhaltsübersicht: I. Geschichtliche Entwicklung. II. Eisenbahnpolitik. III. Verwaltung und Gesetzgebung. IV. Technische Anlage und Betrieb. V. Eisenbahntarife.


I. Geschichtliche Entwicklung.


Bis 1870 standen nur einige Teilstrecken der Oeste de Buenos Aires, der Central Argentino, der Südbahn und der dieser nunmehr einverleibten Ensenadabahn im Betrieb, hingegen erfolgte in diesem Zeiträume bereits die Sicherstellung einiger weiterer wichtiger Linien, wie der Argentino del Este, der Andino, der Central Cordoba und der Central Norte. Die ersten Linien, die langsam gegen Westen und Norden von Buenos Aires und gegen Westen von Rosario vorrückten, haben den großen künftigen Bahnlinien den Weg gewiesen, und noch heute, wo ein gewaltiges Eisenbahnnetz die Republik durchzieht, muß man gestehen, daß vor allem diese Anfangslinien einen Wettbewerb hervorgerufen haben, durch dessen Folgen gerade die reicheren Gebiete eine größere Eisenbahndichtigkeit, als sie ertragen können, aufzuweisen haben.

Der Zeitraum 1880 bis 1890 ist einer der regsten in der Entwicklung der Eisenbahnen A. Catamarca, Salta, San Juan, Mendoza, Santa Fé, La Plata und Bahia Bianca werden mit der Bundeshauptstadt vereinigt. Buenos Aires und Rosario werden durch einen Schienenweg verbunden, und die Eisenbahn zum Stillen Ozean eröffnet eine neue, viel kürzere Verbindung zwischen Cuyo und der Bundeshauptstadt. Die Central Cordoba bildet durch Vereinigung mit den Linien von Santa Fé bei San Francisco eine neue Grundlinie, um die herum sich später neue Netze bilden sollten.

1890 ist ein Jahr, das in der Geschichte der Eisenbahnen A. in mehr als einer Beziehung denkwürdig ist.

Trotz der schweren Krise, die A. damals zu überstehen hatte, kann das Jahrzehnt 1890–1900 namentlich in seinen letzten Jahren nicht als unfruchtbar bezeichnet werden. Während die Central Norte und die Santa Fé-Bahn ihre Linien gegen Norden verlängern, wird im Süden das Gebiet des Neuquen erschlossen, und die Bahn »Bahia Blanca und Noroeste« dringt über Toay bis ins Herz der Pampas ein.

Das letzte Jahrzehnt 1900–1910 ist durch das Fieber in der Errichtung von Eisenbahnen gekennzeichnet. In diesem Zeitabschnitt wetteifern die großen Unternehmungen in dem Bestreben, ihre errungenen Stellungen zu erhalten[243] und zu verbessern, um weite verlassene Gegenden dem Handelsverkehr zu erschließen. Die Staatsbahnen erreichen im Norden die bolivianische Grenze. Gleichzeitig wird mit dem Bau von Linien begonnen, die bestimmt sind, Chaco und Patagonien dem Verkehr zu erobern. Die Central Norte und Argentino del Norte vereinigen sich durch die Linie Dean Funes-Laguna-Paiva und sind so im Begriffe, ein großes Netz zu bilden. Desgleichen sind die Central Argentino, die Gran Oeste Argentino und die Pacific bestrebt, ihre Netze zu erweitern, wobei letztere sich mit der alten Bahia Bianca und Noroestebahn vereinigt. Eine Begebenheit von großer Wichtigkeit für den Eisenbahnbetrieb in der Provinz Buenos Aires und für die Eisenbahnpolitik im allgemeinen bildete die Gründung zweier großer Unternehmungen durch französisches Kapital (Rosario-Puerto-Belgrano und Compania General de ferrocarriles de la Provincia de Buenos-Aires).

Heute durchziehen die Eisenbahnen in einer Ausdehnung von rund 31.000 km das Land von der Grenze Boliviens im Norden bis zum Rio Deseado im südlichsten Teil A., von der Vereinigung mit den chilenischen Bahnen im Herzen der Anden bis zum Atlantischen Ozean und dürfte auch in kurzer Zeit der Anschluß an die Linien Paraguays erfolgen. Auch ist der Tag nicht fern, an dem die Schienenwege A. sich mit jenen Brasiliens vereinigen werden. Weitere Linien von etwa 9000 km stehen im Bau und dürften in wenigen Jahren fertiggestellt sein.

Nachstehend soll die Entwicklung der einzelnen Bahnen im besonderen besprochen werden. (Vgl. die Karte Tafel II.)

Die erste Anregung, eine Eisenbahn zu bauen, ging von Bürgern der Provinz Buenos Aires aus. Diese suchten am 17. September 1853 bei der Regierung der Provinz um die Erlaubnis nach, eine Bahn von 20 km Länge von Buenos Aires nach Floresta bauen zu dürfen. Am 12. Januar 1854 erteilte die Regierung die Konzession, worauf sich sofort eine Gesellschaft unter dem Namen »Camino de hierro de Buenos Aires al Oeste« für die Beförderung von Personen und Gütern bildete. Die Aktien wurden ohne Schwierigkeit gezeichnet, aber als die Einzahlung erfolgen sollte, wollten oder konnten viele Aktionäre ihre Verpflichtungen nicht einhalten, so daß nur ein Kapital von ungefähr 303.000 M. zusammenkam.

Die Regierung sah sich veranlaßt, helfend einzugreifen. Sie stellte der Gesellschaft zunächst 50.500 M. zur Verfügung und leistete später Garantie für weitere 168.334 M.; zahlbar nach Beendigung der Bahn bis zum Vororte San José de Flores.

Nunmehr wurde das Material zum Bau und Betrieb der Bahn in England bestellt, u. zw. ohne Angabe der Spurweite. Die Lieferung erfolgte für die Spurweite von 5 Fuß 6 Zoll englisch (1∙676 m); das Material war ursprünglich für eine englische Kolonie bestimmt und wurde auf diese Weise die zufällige Veranlassung der breiten Spur in Argentinien.

Die Bahn wurde am 29. August 1857 dem Betrieb übergeben. Die Regierung überließ der Gesellschaft die zugesagte Summe von 218.834 M. unter Verzichtleistung auf jeden Gewinn, solange die Aktien, die sich in Privathänden befanden, nicht einen Reinertrag von 9% erreichten.

Bald stellte sich die Notwendigkeit ein, die Bahn zu verlängern. Die Regierung übergab der Gesellschaft unter gleichen Bedingungen weitere 1,683.333 M., wodurch es möglich wurde, das Netz weiter auszubauen, und am 12. April 1860 wurde die Strecke bis nach Moron dem Betrieb übergeben.

Finanzielle Schwierigkeiten, in die die Gesellschaft geriet, anderseits die Notwendigkeit, die Bahn bis nach Mercedes (100 km von Buenos Aires) zu verlängern, veranlaßte die Provinzialregierung, die Aktiva und Passiva der Gesellschaft zu übernehmen und die Fortsetzungsstrecke konnte am 1. Januar 1863 dem Betrieb übergeben werden.

Im Besitze der Regierung wurde sie bis nach San Nicolas, Pergamino, Junin, Trenque-Lauquen, Saladillo, La Plata und Magdalena ausgebaut.

Später wurde sie an eine englische Gesellschaft verkauft und dieser am 1. Juli 1890 übergeben.

Die Verwaltung der Bahn durch die Provinzialregierung war eine mustergültige.

Ende 1910 hatte die Bahn eine Betriebslänge von 2349 km und ein Betriebskapital von fast 400 Mill. M, die eine mittlere Verzinsung (Obligationen und Aktien) von 5∙35% ergeben haben.

Am 5. September 1854 suchte der Ingenieur Allan Campbell bei der Nationalregierung um die Erlaubnis nach (die ihm bewilligt wurde), Vorstudien für eine Eisenbahn vom Hafen Rosario nach der Stadt Cordoba machen zu dürfen; ein Jahr später wurde José Buschenthal bevollmächtigt, in Europa den Bau dieser Bahn, die später Central Argentino genannt wurde, zu vermitteln. Seine Bemühungen hatten jedoch keinen Erfolg. Erst im Jahre 1863 wurde der Bauvertrag abgeschlossen und am 23. Mai 1863 von der Regierung genehmigt. Diese übernahm eine bestimmte Anzahl Aktien auf eigene Rechnung, garantierte eine jährliche Verzinsung von 7% und übergab außerdem[244] der Gesellschaft auf jeder Seite der 400 km langen Bahn 5 km Land mit der einzigen Bedingung, dieses zu kolonisieren. Außerdem wurde ihr das Recht zugestanden, die dem Staate gehörigen staatlichen Waldungen auszunutzen, und die National-, Provinzial- und Munizipal- (Gemeinde-) Steuern wurden ihr auf 40 Jahre erlassen. Die Bahn wurde am 18. März 1870 dem Betrieb übergeben.

Im Norden der Provinz Buenos Aires wurde von der Provinzialregierung im Juni 1854 dem Eduardo Hopkins der Bau einer Bahn (Nordbahn) bewilligt. Ursprünglich genoß diese Gesellschaft eine 7% -Zinsengarantie, die aber im Jahre 1868 hinfällig erklärt wurde – obgleich der Bau ausgeführt wurde – weil die Gesellschaft ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen war.

Das Verdienst, die erste Anregung zu einer Eisenbahn in den südlichen Teilen der Provinz Buenos Aires gegeben zu haben, gebührt Eduardo Lumb. Die Konzession wurde von der Provinz am 24. Mai 1862 für eine Strecke zwischen Buenos Aires und dem Städtchen Chascomus erteilt mit Zinsgarantie von 7% auf ein Kapital von 10.000 f. d. englische Meile. Der Vertrag wurde am 12. Juni 1862 gezeichnet und am 24. Dezember desselben Jahres wurden die Statuten der »Sociedad Anonima del Ferro Carril del Sud« der Regierung zur Genehmigung vorgelegt. Im Dezember 1865 wurde die Strecke dem Verkehr übergeben.

Schwierigkeiten, die bei Verwirklichung anderer Bahnprojekte beobachtet wurden, haben sich in diesem Fall nicht eingestellt, wahrscheinlich, weil der klare Blick in die Zukunft und das feste Vertrauen auf den außerordentlichen Erfolg dieser Unternehmung bei den Kapitalisten keinen Zweifel hatte aufkommen lassen.

Spätere Gesetze genehmigten den weiteren Ausbau dieser Bahn bis Dolores (28. August 1863), dann bis Lobos sowie die Konvertierung des Kapitals (18. November 1868). Die Südbahn hat sich mächtig entwickelt und berührt gegenwärtig fast alle wichtigen Punkte im Süden der Provinz. Im Jahre 1891 wurde Bahia Bianca erreicht, heute der wichtigste Hafen des Südens, 1899 wurde das Gebiet des Neuquen erschlossen, und in letzter Zeit wurden die Verlängerungen nach San Antonio (Patagonien) und nach Chile geplant und ausgeführt. Zu dem Bau der Neuquen-Linie durch das Rio Negro-Tal leistete die Nationalregierung einen Beitrag von rund 4 Mill. M., in 8 Jahresraten zahlbar, und sie erließ bei dieser Gelegenheit der Gesellschaft auf weitere 40 Jahre sämtliche National-, Provinzial-, und Munizipalsteuern.

Im Jahre 1910 wurde mit der Südbahn ein Vertrag abgeschlossen, durch den diese sich verpflichtet, dem Staat die zur Berieselung des Rio Negro-Tales und der umliegenden Gelände sowie die zur Sicherung des genannten Gebiets gegen Überschwemmungen nötigen Baukapitalien zur Verfügung zu stellen. Dieses Unternehmen ist dazu bestimmt, das Rio Negro-Gebiet in kurzer Zeit in eine der fruchtbarsten und wichtigsten Provinzen des Landes umzuwandeln.

Im Jahre 1897 wurde der Südbahn die Ensenada-Bahn (Buenos Aires-Quilmes-Ensenada) durch Ankauf einverleibt. Bis dahin hatte diese Bahn, deren Bau im Jahre 1857 genehmigt worden war, eine selbständige Verwaltung, bis im Jahre 1897 ihre Hauptstation ein Raub der Flammen wurde. Die Regierung benützte dies, um durch Erlaß vom 18. Februar 1897 die Einstellung des Verkehrs zwischen der Hauptstation und Casa Amarilla zu verfügen, weil die Eisenbahnzüge dem Straßenverkehr hinderlich waren. Hierdurch büßte die Eisenbahn eine Haupteinnahme ein, und da sie auch ihren Prozeß mit der Regierung verlor, zog die Gesellschaft vor, mit der Südbahn eine Vereinbarung zu treffen, die ihren Interessen besser als die selbständige Weiterverwaltung entsprach.

Im Jahre 1864 wurden der Regierung die Vorstudien zu einer Eisenbahn zwischen Concordia (Provinz Entre Rios) und Corrientes, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, vorgelegt und durch Gesetz vom 5. Oktober desselben Jahres genehmigt (Argentino del Este-Bahn). Die Konzession verpflichtete die Regierung zu einer 7%-Zinsengarantie des tatsächlich eingezahlten Kapitals während 40 Jahren und gestattete der Gesellschaft die freie Benützung der für den Bau und Betrieb nötigen Ländereien. Die Bahn wurde am 21. April 1875 bis Monte Caseros beendet und dem Betrieb übergeben. Im Jahre 1898 überließ die Regierung der Gesellschaft zur Ablösung der Garantie die Summe von 15,120.000 M. in 41/2%igen Titeln.

Es stellte sich nun bald die Notwendigkeit heraus, die Cuyo-Provinzen (San Luis, Mendoza, San Juan) mit den bestehenden Bahnen zu verbinden. Die Regierung erließ im Jahre 1867 am 15. November eine Verfügung, nach der die zum Bau einer Bahn zwischen den Städten Villa Maria, Rio Quarto, Villa Mercedes (Andino-Bahn) nötigen Vorstudien angeordnet wurden. Ferner wurde die Regierung durch Gesetz vom 14. Oktober 1868 ermächtigt, einen Teil der Ausfuhr- und Einfuhrzölle für den Bau von Eisenbahnen zu verwenden. Auf diese Art wurde es möglich, die erste Sektion der Andino-Bahn am 13. November 1873, und die zweite bis[245] Mercedes de San Luis im Oktober 1875 dem Betrieb zu übergeben.

Im Jahre 1909 verkaufte die Regierung, die inzwischen bis Dolores de Cordoba fertig gewordene Bahn (im ganzen 478∙6 km) an die Gesellschaften Central Argentino (136∙5 km), Pacifico (121∙8 km) und Gran Oeste Argentino (226∙3 km) für die Summe von fast 50 Mill. M. Bestimmend für den Beschluß der Regierung, die Bahn zu verkaufen, war der Umstand, daß sie keinen natürlichen Endpunkt (Hafen) hatte. Das einzige Mittel, diesem Übel abzuhelfen, war die Verlängerung der Bahn bis nach Rosario. Dies widersprach aber der stets von der Regierung befolgten Eisenbahnpolitik, den Privatbahnen keine Konkurrenz zu machen.

Wie schon erwähnt, wurde die Regierung durch Gesetz vom 14. Oktober 1868 bevollmächtigt, einen Teil der Zolleinnahmen für Eisenbahnbauten zu verwenden. Sie beschloß, außer der Anden-Bahn, eine Eisenbahn von Cordoba nach Tucuman (Central Cordoba-Bahn) zu bauen, die später nach Salta und Jujui zu verlängern wäre. Durch Erlaß vom 26. Oktober 1869 wurden die Vorstudien zwischen Cordoba und Tucuman beschlossen und nach ihrer Beendigung der Bauvertrag mit der Unternehmung Telfener & Co. gezeichnet (9. September 1872). Die Eisenbahn konnte im Oktober 1876 dem Verkehr übergeben werden. In den Jahren 1883 bis 1885 wurden die Zweiglinien von Recreo nach Chumbicha und Santiago del Estero weiter ausgebaut.

Im Jahre 1887 wurde die Regierung bevollmächtigt, die Eisenbahn für die Summe von 64 Mill. M. zu verkaufen, unter Leistung einer Zinsgarantie von 5% während 20 Jahren. Der ursprüngliche Vertrag wurde durch Gesetz vom 4. August 1888 dahin abgeändert, daß die Garantie während 15 Jahren auf ein Kapital von 84 Mill. M. zu leisten sei, unter gleichzeitiger Verpflichtung der Gesellschaft, 20 Mill. M. für Reparaturen und Vermehrung des rollenden Materials auszugeben.

Am 22. Februar 1889 übertrugen die Käufer die Eisenbahn der »Compania del Ferro Carril Central Cordoba«, die bis heute Eigentümerin geblieben ist.

Die Garantie wurde im Jahre 1899 von der Regierung abgelöst mittels Überlassung von 32 Mill. M. in 41/2%igen Titeln.

Diese Eisenbahn bietet insofern ein besonderes Interesse, als sie die erste schmalspurige Bahn war (1∙000 m). Der Grund der schmalen Spur ist nicht ganz klar.

Da das Gesetz vom 14. Oktober 1868 bestimmte, daß ein Teil des Staatseinkommens (Zölle) für den Bau von Eisenbahnen zu verwenden sei, und ein weiteres Gesetz vom 10. Oktober 1879 die Regierung dazu besonders ermächtigte, wurde die Verlängerung der Cordoba-Tucuman-Bahn bis nach Salta und Jujui beschlossen als Central Norte-Bahn (Tucuman, Salta, Jujui, Quiaca, Embarcacion, Antilla, Guachipas). Der Bau der ersten Teilstrecke, eine der schwierigsten Gebirgsbahnen, wurde dem Ingenieur Alberto Schneidewind als Regiebau übertragen und nach Beendigung des ersten, auch der restliche Teil sowie die Strecken Dean-Funes nach Chilecito und von Chumbicha nach Catamarca, die von der Unternehmung Lucas Gonsalez & Co. weitergebaut wurden.

Die Verlängerung von Jujui nach der Bolivianischen Grenze (Quiaca) wurde im Jahre 1908 in Regie gebaut.

Diese Eisenbahn ist somit zum größten Teil von staatlichen Ingenieuren erbaut und hatte am 31. Dezember 1910, nach Beendigung verschiedener Zweiglinien, eine gesamte Betriebslänge von 2334 km.

Die Bahn Buenos Aires-Rosario war ursprünglich durch Provinzialgesetz vom 18. September 1870 für die Strecke von Moreno (Ferro Carril del Oeste) nach Campana genehmigt, später wurde sie vom Staate mit einer Zinsgarantie von 7% übernommen, dann durch Gesetz vom 2. September 1871 bis Rosario de Santa Fé erweitert und am 1. Februar 1886 dem Betrieb übergeben. Die Bahn wurde dann in kurzen Zwischenräumen, zunächst nach Sunchales verlängert und am 28. Februar 1891, bis Tucuman dem Verkehr übergeben.

Die Gesellschaft verzichtete auf die Garantie gegen Gewährung des Rechts, bis nach Rosario bauen zu dürfen, und eine Unterstützung von 7376∙52 M. für das km.

Diese Gesellschaft, eine der mutigsten und fortschrittlichsten A., baute ihr Netz emsig aus und kaufte nach und nach verschiedene Eisenbahnen ihrer Betriebszone an (Gran Sud de Santa Fé i Cordoba 1891). Finanzielle Schwierigkeiten, durch Wettbewerb mit anderen Bahnen veranlaßt, zwang sie zu einer Verschmelzung mit der Central Argentino-Bahn. Die Verschmelzung stieß zunächst auf heftigen Widerstand der Bundesregierung. Die Verhandlungen endigten im Jahre 1908 damit, daß der Staat die Vereinigung unter folgenden Bedingungen genehmigte:

1. Das Kapital der vereinigten Gesellschaften wurde auf 602,141.311 M. festgesetzt, unter Ausschluß der zur Konvertierung ausgegebenen Aktien, im Betrage von ungefähr 100 Mill. M.

2. Die verschiedenen im Gebrauch befindlichen Tarife wurden durch ein einheitliches [246] parabolisches Tarifsystem ersetzt in der allgemeinen Form


Frachtsumme = Konstante √Distanz.


3. Die Regierung behielt sich das Recht der Tarifrevision vor für den Fall, daß der Rohertrag in 3 aufeinander folgenden Jahren 17% des von der Regierung anerkannten Kapitals überschritte.

4. Verpflichtet sich die Gesellschaft, alle der Bundesregierung gehörigen Güter zu ermäßigten Preisen zu befördern.

5. Die Regierung hingegen verlängerte der Gesellschaft die Fristen für zollfreie Einfuhr der zum Bau und Betrieb erforderlichen Materialien.

Durch Gesetz vom 5. November 1872 war die Regierung von den Kammern ermächtigt worden, verschiedene Eisenbahnen zu bauen. Unter diesen befand sich die von Buenos Aires nach Villa Mercedes, die sich heute unter dem Namen »Ferro Carril de Buenos Aires al Pacifico« (Pacificbahn) im Betrieb befindet.

Der Vertrag wurde am 26. Januar 1874 mit Juan E. Clark abgeschlossen, im März 1878 abgeändert und der Bau am 16. Januar 1883 der inzwischen gebildeten »Compania Anonima del Ferro Carril Buenos Aires al Pacifico« streckenweise übertragen. (Die Strecke von Mercedes de Buenos Aires nach Villa Mercedes de San Luis wurde im Oktober 1886 dem Betrieb übergeben.)

Die Strecke von Buenos Aires nach Mercedes wurde von Konzessionär Juan E. Clark gebaut und am 20. März 1888 der Hauptlinie einverleibt.

Die Konzession sicherte der Eisenbahn eine Zinsengarantie von 7% auf ein Kapital von 81.362 M. für das km während 20 Jahren. Diese Garantie wurde am 14. Januar 1896 von der Bundesregierung gegen Überlassung von 7,600.000 M. in 41/2%igen Titeln abgelöst.

Die Gran Oeste Argentino-Bahn bildete einen Teil der durch das Gesetz vom 5. November 1872 konzessionierten Eisenbahnen. Auch diese Strecke wurde vertraglich an Juan E. Clark abgegeben. Da dieser den Bau aber nicht innerhalb der Vertragsfristen ausführte, so übernahm die Regierung den Bau zwischen Villa Mercedes, Mendoza und San Juan (Gesetze vom 10. Oktober 1879 und 2. Oktober 1880).

Der Bau dieser Teilstrecke wurde unter Leitung des Ingenieurs Guillermo Villanueva ausgeführt und sie wurde im Jahre 1885 dem Betrieb übergeben. Am 21. Januar 1887 verkaufte die Bundesregierung die Bahn um den Preis von 96.000 M. für das km an Juan E. Clark, der dann die »Compania Gran Oeste Argentino« gründete.

Die Zinsengarantie von 7% auf ein Kapital von 81.362 M. wurde gegen Überlassung von 10 Mill. M. in 41/2%igen Titeln von der Regierung abgelöst.

Das schon mehrfach erwähnte Gesetz vom 5. November 1872 enthielt auch die Genehmigung einer Bahn von Corrientes nach San Roque, Saladas und Mercedes (Nord Este Argentino-Bahn). Der Vertrag wurde mit Furness & Co. abgeschlossen (6. Februar 1874) und enthielt eine Bestimmung, die dem Konzessionär durch 20 Jahre 7% auf ein Kapital von 100.000 M. für das km sicherte.

Dieser Vertrag kam jedoch nicht zur Ausführung und wurde später mit Juan E. Clark erneuert unter Sicherstellung von 6% für die gleiche Zeitdauer auf ein Kapital von 124.000 M. für das km.

Die Rechte und Pflichten übertrug Clark am 22. Mai 1888 der »Compania Nord Este Argentino«, die die Teilstrecken von Monte Caseros nach Mercedes und Corrientes nach Saladas in den Monaten Februar und März 1891 dem Verkehr übergab. Der Bau der restlichen, sehr schwierigen Strecke, wegen der langen und kostspieligen Brücken, sowie der zwischen Libres und Posadas, mußten finanzieller Schwierigkeiten halber, in die sich Clark verwickelt sah, eingestellt werden und wurde erst nach Ablösung der Garantie wieder aufgenommen. Nach gegenseitigem Übereinkommen (9. Mai 1896) übergab die Regierung der Gesellschaft die Summe von 46 Mill. M.

In neuester Zeit wurden der Gesellschaft von der Regierung weitere Summen zur Verfügung gestellt, mit der Verpflichtung, verschiedene neue Zweiglinien zu bauen und die Strecke Santo Tome Posadas zu vollenden. Dieselbe Gesellschaft schloß mit der Eisenbahn von Paraguay ein Abkommen, das letztere verpflichtete, ihre Spurweite von 1∙676 m auf 1∙435 m zu vermindern. Auch wurde der Bau einer großen Eisenbahnbrücke über den Rio Alto Parana beschlossen, nach dessen Vollendung die Züge ohne Unterbrechung von Buenos Aires nach Asuncion laufen werden unter Benutzung des Fährschiffes zwischen Zarate und Ibicuy (Rio Parana).

Unter der Voraussetzung, »daß die Trans Anden-Bahn möglich und leichtausführbar sei zwischen einem Punkte am Rio Parana bis zur Bahn, die Santiago (Chile) mit Valparaiso verbindet, und in Anbetracht, daß die Regierung von Chile versprochen hatte, den ihr zukommenden Teil der Bahn nach Kräften zu unterstützen«, wurde die Nationalregierung am 5. November 1872 bevollmächtigt, den Bau verschiedener Eisenbahnen zu vereinbaren, unter diesen eine[247] Bahn von Mendoza oder San Juan in der Richtung nach San Felipe de los Andes (Chile) bis zur Grenze mit Chile, den los Patos- oder Uspallata-Paß über die Kordilleren benutzend.

Der Vertrag wurde mit Juan E. Clark abgeschlossen (26. Januar 1874); er erlitt verschiedene Änderungen, wurde später durch einen neuen (19. März 1878) ersetzt, dieser im Jahre 1881 neuerdings verändert und in dieser Form im Jahre 1887 der heutigen Kompanie F. C. Trans-Andino überwiesen. Bedingungen waren: 7% Zinsengarantie auf ein Kapital von 123.923 M. für das km während 20 Jahren.

Clark beendete die Bahn bis zum Rio Blanco (ungefähr 134 km von Mendoza); der übrige Teil bis zum Kordilleren-Paß in Las-Cuevas, 54 km lang, wurde von der gegenwärtigen Bahngesellschaft beendet, nachdem die Regierung ihr für Ablösung der Garantie die Summe von 25,600.000 M. ausgezahlt hatte.

Diese Eisenbahn ist gegenwärtig bis Chile beendet. Sie erreicht eine Paßhöhe von 3200 m mit einem Scheiteltunnel von 3200 m Länge. Einzelne Strecken mit 6% Steigung auf der argentinischen und 8% Steigung auf der chilenischen Seite sind mit Zahnstange nach System Abt versehen. Die Adhäsionsstrecken haben Gefälle, bzw. Steigungen bis 25%.

Die Konzession der Oeste Santa-Fecino-Bahn erwarb Carlos Casado durch Gesetz der Provinz Santa Fé (17. Oktober 1881). Die Bahn wurde am 6. Februar 1888 dem Betrieb übergeben. Am 9. Januar 1898 wurde sie staatlich, weil sie inzwischen über die Grenzen der Provinz hinaus verlängert worden war; einige Jahre später ging sie durch Verkauf in den Besitz der Central Argentino-Bahn über.

Die Vorstudien für die Argentino del Norte-Bahn wurden durch Gesetz vom 22. August 1881 angeordnet. Ein Teil der Bahn (Dean Funes Padquia und Chumbicha Catamarca) wurde durch die Bauunternehmer Lucas Gonsalez & Co., die übrigen Teilstrecken (Patquia-Rioja, Patquia-Chilecito, Serrezuela-San Juan, Dean Funes-Santa Fé, Cebollar-Mazan, Mazan-Tinogasta, Mazan-Adalgala) im Regiebau unter der Leitung von Staatsingenieuren ausgeführt.

Die unter dem Namen Provincia de Santa Fé-Eisenbahnen bekannten Linien bilden drei Gruppen, für die durch die Gesetze vom 3. November 1882, 10. September 1886 und 19. September 1889 die Bauerlaubnis erteilt wurde. Der Bau der beiden ersten Gruppen wurde durch J. G. Meiggs (Hume Hermanos), die Linien der dritten Gruppe durch die »Compania Francesa de los Ferro Carriles de la Provincia de Santa Fé« ausgeführt; wobei zu erwähnen ist, daß die Bahnen der ersten Gruppe auf Kosten der Provinzialregierung von Santa Fé erbaut wurden, während den übrigen Gruppen von der Provinz eine Zinsengarantie von 5% während 55 Jahren auf ein Kapital von 3750 für das km zugesichert wurde.

Die Regierung von Santa Fé geriet jedoch in finanzielle Schwierigkeiten und konnte ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Aus diesem Grunde beschloß sie im Jahre 1888 das ganze Bahnnetz der französischen Gesellschaft zu verpachten, um diese durch seinen Ertrag für die rückständigen Garantien zu entschädigen.

Der Zwischenhandel, den diese Bahnen vermittelten, wuchs bald zu solcher Bedeutung, daß sich die Bundesregierung veranlaßt sah, die Bahnen am 31. August 1898 zu staatlichen zu machen.

Gegenwärtig bilden die Bahnen dieser Gesellschaft ein bedeutendes Netz, das sich weit über die Grenzen der Provinz hinaus ausdehnt.

Die Central-Entre-Rios-Bahn wurde durch ein Gesetz der Provinz Entre-Rios vom 7. Juni 1883 zwischen Parana und Concepcion del Uruguay genehmigt und durch die Bauunternehmer Lucas Gonsalez & Co. ausgeführt.

Da die Provinzialregierung aber nicht die Mittel besaß, um den Bau dieser Bahn allein durchzuführen, suchte sie bei der Bundesregierung um Unterstützung an. Diese verpflichtete sich durch Gesetz vom 9. Oktober 1884, die Hälfte der Bauanleihe der Provinz auf sich zu nehmen.

Nach Beendigung des Baus wurde die Bahn von der Provinz unter dem Namen »Ferro Carril Central Entre Riano«, bis zum 24. August 1891 verwaltet und dann den Inhabern der Anleihetitel überlassen, denen die Provinz die Zinsen schuldig war. Diese erhielten außerdem 350.000 Provinzial- und 500.000 Nationaltitel, letztere zur Ablösung der von der Nation übernommenen Verpflichtungen.

Dieselbe Gesellschaft kaufte im Dezember 1896 von der Nation die »Primer Entre Riano«-Bahn, die seit 1866 Gualeguay mit Puerto Ruiz verbindet und eine Länge von 10 km hat. Diese kleine Bahn war von einer Gruppe von Kaufleuten gebaut worden, die die Bahn im Oktober 1878 der Nationalregierung schenkten. Die Kaufsumme betrug 140.000 M. Die Lokomotiven wurden von Krauß in München bezogen – ein deutscher Ingenieur war der Erbauer der Bahn – und da die Spurweite nicht angegeben war, wurde die Spur der deutschen Bahnen angenommen, die gegenwärtig in den Provinzen Entre Rios und Corrientes ausschließlich angewendet wird; so war auch hier der Zufall Anlaß zur mittleren Spur in A.[248]

Neuerdings wurde der Gesellschaft das Recht zugestanden, verschiedene neue Zweiglinien zu bauen, an denen sich die Nationalregierung durch Übergabe von Titeln beteiligte, die ungefähr ein Drittel der Bausummen ausmachten.

Eine dieser Zweiglinien wurde bis nach dem Hafen Ibicuy am Parana verlängert und von hier aus die Verbindung mit der Provinz Buenos Aires, via Hafen Zarate, durch Fährboote (Ferry boats) hergestellt. Zwischen Zarate und Buenos Aires werden nach Übereinkommen die Geleise der »Compania Central de Buenos Aires« gleicher Spurweite (1∙435 m) benutzt, so daß gegenwärtig die Züge der Entre Rios Bahnen ohne Unterbrechung bis nach der Bundeshauptstadt laufen.

Die Genehmigung zum Bau der Central Chubut-Bahn wurde an Jones & Co. durch Nationalgesetz vom 22. Oktober 1884 erteilt, unter Überlassung von 5 km Land auf beiden Seiten der Linie. Die Konzessionäre übertrugen ihre Rechte an P. Bell & Co.; diese gründeten die heutige Gesellschaft (Mai 1888), die den Bau ausführte und die Bahn, die den Hafen Madryn mit Trelew verbindet, am 12. Juni 1889 dem Verkehr übergab. Die Bahn wurde kürzlich bis Gaiman verlängert. Im Jahre 1910 wurden auch noch die bedeutenden Molenanlagen in Madryn für Ozeanverkehr ausgeführt, außerdem plant die Gesellschaft eine Verlängerung durch das Chubuttal bis zum Fuße der Kordilleren.

Am 10. April 1885 wurde Manuel Kelton durch die Provinzialregierung von Tucuman ermächtigt, die Nor Oeste Argentino-Bahn auszuführen. Diese hat ihren Ausgangspunkt in der Stadt Tucuman und endet in La Madrid, einer Station der Central Cordoba-Bahn. Sie verdankt ihren Ursprung der Zuckerindustrie und vermittelt durch Abzweigungen den Verkehr zwischen den Zuckerfabriken und der Hauptlinie.

Die mit den Provinzialgesetzen (Cordoba, 13. Oktober 1888, und Santa Fé, 1. September 1886) erworbene Konzession für die Central Cordoba- und Cordoba Rosario-Bahnen übertrug Santiago Temple an J. G. Meiggs.

1890 und 1891 wurde der Betrieb eröffnet. Später wurden diese Bahnen der Hauptlinie Central Cordoba einverleibt.

Juan Pelleschi & Co. erwarben durch Gesetz vom 6. September 1886 die Konzession für die Bahn Villa Maria Rufino. Die Bundesregierung verpflichtete sich zu einer 20jährigen Zinsengarantie von 6% auf ein Kapital von 72.000 M. für das km. Nachdem sich im Jahre 1889 die »Villa Maria and Rufino Company« gebildet hatte, konnte die fertige Bahn im Mai 1891 dem Betrieb übergeben werden. Im Jahre 1896 löste die Bundesregierung die Garantie ab, indem sie der Gesellschaft die Summe von 7,400.000 M. in 41/2%igen Titeln übergab.

Für die Bahn Gran Sud de Santa Fé y Cordoba wurde die Konzession am 2. Oktober 1886 erteilt. Die Konzessionäre Charles Prebble und Ed. Ware übertrugen die Konzession an Woodgate & Co., die eine Gesellschaft obigen Namens bildeten und die am 1. Mai 1890 die erste Teilstrecke der Bahn dem Verkehr übergab. Später ging sie durch Verkauf an die Buenos Aires Rosario-Bahn über.

Durch Gesetz vom Jahre 1887 wurde die Konzession für die Nor Oeste Argentino-Bahn (Mercedes de San Luis bis Rioja) an Portalis, Dupont & Co. vergeben unter Zinsengarantie von 5% auf ein Kapital von 90.000 M. für das km während 55 Jahren.

Diese Konzession wurde im Jahre 1888 der »Société de Construction des Batignolles« und im Jahre 1889 der »Nor Oeste Argentino Compania« übertragen, die den Bau bis La Toma (am 1. Dezember 1890) beendete und hier finanzieller Schwierigkeiten halber einstellte.

Da diese Eisenbahn verlängert werden mußte und der Erfolg des Vertrags den Erwartungen und Opfern der Regierung nicht entsprochen hatte, so beschloß diese nach gegenseitigem Übereinkommen am 14. Januar 1896 gegen Übergabe von 7,362.072 M. den Vertrag aufzulösen und die Bahn in eigene Verwaltung zu übernehmen.

Mit Konzession vom 5. Oktober 1887 wurde die Bahia Blanca-Nor Oeste-Bahn sichergestellt, u. zw. mit 20jähriger Zinsengarantie von 5% auf ein Kapital von 80.000 M. Die Konzessionäre Abreu, Torres & Co. übertrugen ihre Rechte auf J. G. Meiggs & Co., die im Juni 1889 die »Bahia Bianca North Western Railway Company« bildeten; diese übergab am 1. Februar 1891 einen Teil der Linien dem Verkehr.

Die Eisenbahn war ursprünglich bis Villa Mercedes und Rio Cuarto geplant, gelegentlich der Ablösung der Garantie am 26. Juli 1896 wurde aber beschlossen, die Bahn nur bis Toay fertig zu bauen (Juli 1897 beendet) und die Nationalregierung übergab behufs Ablösung aller ihrer Verpflichtungen der Gesellschaft die Summe von 9,142.233 M. in 41/2%igen Titeln. Sie behielt sich aber das Recht vor, die Bahn ohne Garantie weiter zu bauen. Im Jahre 1907 wurde sie mit veränderter Trasse von der Pacificbahn, die ihre Verwaltung übernommen hatte, bis nach Huinca-Renanco, einer Station dieser Eisenbahn, beendet und mit verschiedenen Zweiglinien ausgestattet.[249]

Portalis frères, Carbonnier & Co. übertrugen im Mai 1888 die Konzession für die Bahn San Cristobal-Tucuman der Compagnie Fives-Lille, und diese bildete die »Compania francesa de los Ferro Carriles Argentinos« Juli 1889, die den Bau ausführte und die Bahn am 7. Juli 1892 dem Betrieb übergab.

Diese Linie hat eine Ausdehnung von 650 km; das von der Regierung anerkannte Kapital betrug 48,581.360 M. mit Zinsengarantie von 5% durch 55 Jahre.

Dieses Unternehmen ist stets als ein großer Mißgriff betrachtet worden. Die Bahn war bestimmt, den Erzeugnissen von Tucuman einen neuen Ausfuhrweg nach dem Rio Parana und dem La Plata zu schaffen. Ihr Ausgangspunkt befand sich jedoch 160 km nördlich von ihrem natürlichen Hafen Santa Fé, in einer unbewohnten Gegend, wo sie in eine fremde Eisenbahn einmünden mußte, der sie ihren ganzen Verkehr bedingungslos zu übergeben gezwungen war, wodurch ihr Schwierigkeiten aller Art erwuchsen, besonders als sie nicht mehr vermeiden konnte, mit anderen Linien, die auch nach Tucuman ausliefen, in Wettbewerb zu treten.

Eine weitere Schwierigkeit bestand darin, daß die Central Cordoba-Bahn, ihre Hauptkonkurrentin in Tucuman, auch vom Staate garantiert war, so daß dieser die Verluste zu tragen hatte.

Hiernach erklärt es sich leicht, daß die Regierung als einzigen Ausweg den Ankauf der Linie beschloß, was um so zweckmäßiger gewesen wäre, wenn gleichzeitig Mittel und Wege gefunden worden wären, auch den ergänzenden Teil der Linie zwischen San Cristobal und dem Hafen Santa Fé sich anzueignen. Doch dies wurde leider versäumt, und später war die Regierung gezwungen, nach langen erfolglosen Verhandlungen mit den Santa Fé-Bahnen, die Strecke San Cristobal-Santa Fé auf eigene Rechnung auszuführen. Santa Fé ist gegenwärtig in einen bedeutenden Hafenort umgewandelt worden.

Der Kaufpreis der Linie San Cristobal-Tucuman, einschließlich der rückständigen Garantien, hat 42,761.267 M. betragen.

Die Nor Oeste-Bahn wurde durch Konzession der Provinz Cordoba vom 1. Oktober 1888 Otto Bemberg & Co. zuerteilt, unter Zusicherung einer 20jährigen Zinsengarantie von 6% auf ein Kapital von 143.600 M. für das km. Sie wurde im Juli 1891 und Juni 1892 streckenweise dem Verkehr übergeben. Die Garantiezahlung führte jedoch zu sehr unliebsamen Erörterungen zwischen Provinzialregierung und Aktionären, was damit endete, daß die Nationalregierung, unter Übernahme von Aktiva und Passiva die Bahn kaufte und sämtliche Verpflichtungen der Provinz auf sich nahm; die Eisenbahn wurde den Staatsbahnen einverleibt.

Die ursprünglich unter dem Namen »Tramway Rural« bekannte Central de Buenos Aires-Bahn, wurde durch Provinzialgesetz vom 2. Oktober 1884 Federico Lacroze zuerteilt (heute Lacroze Hermanos & Co.). Sie wurde als Nebenbahn mit leichtem Oberbau und für Pferdebetrieb gebaut, dann für Dampfbetrieb eingerichtet und vor einigen Jahren gänzlich umgebaut, um die Züge der Entre Rios-Eisenbahn aufnehmen zu können. Gegenwärtig ist sie staatlich geworden und auf ihren Gleisen verkehren elektrische (Lokalverkehr) und mit Dampf (Fernverkehr) betriebene Züge.

Durch Staatsgesetz vom 26. September 1904 wurde die Konzession der Bahnen Buenos Aires-Rosario, Buenos Aires-Saliquelo, Buenos Aires-Bahia Blanca und zahlreiche Verzweigungen an de Bruyn Otamendi & Co. erteilt. Diese Gesellschaft, mit Namen »Compania General« in der Provinz Buenos Aires, an der hauptsächlich französisches Kapital beteiligt ist, hatte bis Ende 1910 ungefähr 972 km dem Verkehr übergeben und arbeitet emsig an der Vollendung ihrer Linien weiter.

Im Jahre 1904 wurde von der Provinz Buenos Aires die Buenos Aires Midland-Bahn konzessioniert. Ihre Trasse war fast gleich mit der Teilstrecke Buenos Aires-Saliquelo der »Compania General«, Konzession von de Bruyn Otamendi & Co. Sie fand tatsächlich finanzielle und moralische Unterstützung durch die Sud- und Oestebahnen, deren Interessenzone sie durchquerte und die daher aus Konkurrenzgründen der Entwicklung der »Compania General« alle Hindernisse zu bereiten versuchten.

Diese Konzession war Veranlassung zu der gegenwärtig latenten »Jurisdiktionsfrage«, auf die wir weiter unten eingehen wollen. Durch Vermittlung der Bundesregierung wurde zwischen den beiden Gesellschaften, die sich dieselbe Zone streitig machten, ein Abkommen getroffen.

Gegenwärtig hat die Midiandbahn 146 km im Betrieb.

Die La Plata Meridiano Quinto-Bahn ist Eigentum der Provinz Buenos Aires. Es waren bis Ende 1910 ungefähr 100 km im Betrieb.

Die drei letztgenannten Bahnen sind die ersten schmalspurigen Bahnen in der Provinz Buenos Aires.

Diego Alvear erwarb die Nationalkonzession für die Bahn Buenos Aires-Puerto Belgrano. Sie wurde Anfang 1911 dem Betrieb übergeben.[250]

Die gegenwärtig im Bau begriffenen Linien sind auf Tabelle 1 zusammengestellt.


Tab. 1. Es befanden sich am 1. März 1911 im Bau:


Argentinien

II. Eisenbahnpolitik.


In der Entwicklungsgeschichte der Eisenbahnen A. kann man 3 Epochen unterscheiden. Die erste Epoche war gekennzeichnet durch das Bestreben, dem Privatkapital weitestgehende Begünstigungen zu teil werden zu lassen. Dieser Versuch, fremde Kapitalien heranzuziehen, war, wenn man von den Eisenbahnen nach Floresta und San Fernando, die nur geringe Bedeutung hatten, absieht, die Konzession der Central Argentino Bahn: Zinsengarantie, unentgeltliche Überlassung von Ländereien (5 km auf jeder Seite der Bahn), freie Benutzung der Staatswälder, Erlaß von Anlagepflichten sowie von Steuern und Zöllen jeglicher Art. Man hat häufig diese Konzession als monströs bezeichnet, aber diese Kritik war so ungerecht wie kurzsichtig, wenn man in Betracht zieht, daß das Gelände zwischen Rosario und Cordoba, mit Ausnahme des kleinen Dorfes Villanueva, an den Ufern des Tercero, vollständig unbewohnt und in Wirklichkeit nur Indianergebiet oder der Zufluchtsort von Gesindel war. – Das unkultivierte Land war nichts wert, weil unter diesen Verhältnissen nichts erzeugt werden konnte; es wäre daher wohl ein unnützer Versuch gewesen, hier den Bau von Bahnen zu planen, ohne gleichzeitig den aufzuwendenden Kapitalien Sicherheiten zu bieten. Den damaligen Präsidenten General Mitre und Sarmiento gebührt deshalb die Ehre, mit klarem Blick in die Zukunft die inneren Provinzen des Landes dem Handel zugängig gemacht zu haben sowie die Ausbeutung der ruhenden Schätze des Landes der Privatinitiative überliefert zu haben.

Nachdem dieser erste Schritt getan war, konnte die Bundesregierung daran denken, selbst Eisenbahnen zu bauen. Das Kapitalangebot wurde immer reger, Konzessionen wurden verlangt und erteilt, aber nicht mehr unter so weitgehenden Begünstigungen, wie der Central-Argentino-Bahn, sondern unter Beschränkung auf Zinsengarantie, Erlaß von Steuern und Zöllen und freie Benutzung des zum Bau erforderlichen Geländes, falls Staatsländereien überhaupt vorhanden und durchquert wurden. Diese zweite Epoche war der Entwicklung der Eisenbahnen sehr günstig; es wurden über 8000 km gebaut, die einen Wert von beiläufig 1000 Mill. M. hatten und für immer dem Nationalvermögen einverleibt wurden. Die Zeit hat aber gezeigt, daß in A. die Anlage von Kapitalien für Eisenbahnen in jungfräulichen, aber fruchtbaren Gebieten wenigstens ebenso sicher und vorteilhaft ist wie in Europa und die Statistiken zeigen eine immer zunehmende Verkehrsdichtigkeit auf allen den ausgeführten Verkehrswegen dieser Art.

In der gegenwärtigen dritten Epoche ist jene Hilfe des Staates nicht mehr nötig, es werden keine Kapitalien garantiert, da man aus Erfahrung weiß, daß die Anlage von Eisenbahnen nutzbringend ist. Dieses schließt natürlich nicht aus, daß es heute noch in A. Ländereien gibt, die einer jener drei Epochen angehören, z.B. Patagonien. Gegenwärtig ist die Erteilung von Konzessionen durch das Gesetz vom 1. Oktober 1907 geregelt (vgl. S. 255).

Die Regierung war sich stets bewußt, daß die Zukunft des Landes von seinen Eisenbahnen abhängt und ist deshalb immer bestrebt gewesen, ihre Entwicklung zu fördern, den angelegten Kapitalien einen angemessenen Gewinn[251] zu sichern und die Eisenbahnen vor zügellosem Wettbewerb zu schützen. Der Minister der öffentlichen Bauten äußerte gelegentlich einer Versammlung von Eisenbahnern; er wünsche weder Konkurrenz noch Monopol. Es ist stets Regierungsgrundsatz gewesen, auf eigene Rechnung nur die Bahnen zu bauen, die, wenn auch entwicklungsfähig, doch für den Augenblick keinen kommerziellen Wert hatten. Auf diese Weise entstanden fünf große Eisenbahnen, u. zw.: Central Cordoba, Andino, Gran Oeste Argentino, Argentino del Norte und Central Norte, und die Regierung baut gegenwärtig aus dem gleichen Grunde die Patagonischen und Chacobahnen. Die Bahnen dagegen, deren Betrieb sich von Anfang an einträglich erwies, wurden grundsätzlich den Privatunternehmungen überlassen. Wenn vom Staat angelegte Bahnen einen genügenden Ertrag aufzuweisen hatten, wurden sie diesem Grundsatze gemäß verkauft (Central Cordoba, Andino, Gran Oeste Argentino), und die Verkaufssumme wurde vorläufig wieder für nicht einträgliche Bahnen verwendet. Auch die Provinzen gingen nach gleichen Grundsätzen vor. So entstanden die Provinzialbahnen Oeste de Buenos Aires, Provincial de Entre Rios und Provincial de Santa Fé. In zweifelhaften Fällen wurden die Gesellschaften durch Garantien von 5,6 oder 7%, durch Überlassung von Ländereien und andere Privilegien begünstigt.

Die ersten Bahnen, die ohne Hilfe des Staates entstanden waren: die Buenos-Aires-Ensenada-Linie, die Gran Sud de Santa Fé y Cordoba-, die Cordoba y Rosario-, Oeste Santa Fecino-, Nor Oeste Argentino-, und die Ostsektion der Central Cordoba-Linie. Alle übrigen z. Z. bestehenden Eisenbahnen haben in irgend einer Weise die Unterstützung des Staates in Anspruch genommen. Für Bau, Garantien und andere materielle Unterstützungen wurden bis jetzt von der Bundesregierung über 1000 Mill. M. verausgabt.

Leider war der Erfolg dieser freiheitlichen Eisenbahnpolitik nicht immer der erwartete. Viele Personen haben den großen Kredit, den das Land genoß, ausgenützt, um teils zwecklose, teils verfrühte Unternehmungen zu gründen, ohne zu bedenken, daß sie durch die dem Lande auferlegten ungeheuren Pflichten einen wirtschaftlichen Zusammenbruch veranlassen konnten, der die Nation verhindern könnte, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Glücklicherweise gelangten die meisten dieser Konzessionen, die in der Epoche vor der großen Krisis von 1890 erteilt wurden, nicht zur Ausführung, und wurde auf diese Weise das Land von Lasten befreit, die seine Entwicklung jahrelang verzögert hätten.

Desungeachtet war es für die Regierung unter diesen Umständen schwer, ihren Verpflichtungen immer rechtzeitig und ohne Unterbrechung nachzukommen. Hierzu kam noch, daß es fast unmöglich war, sich mit den garantierten Gesellschaften über das vorgelegte Ausgabenkonto in allen Punkten zu einigen. Es wurde nötig, neue Abmachungen und Vereinbarungen zu treffen, die die Regierung in stand setzten, die Garantie in einer bestimmten und endgültigen Form abzulösen, um sich von gegenwärtigen und zukünftigen Verpflichtungen, die die wirtschaftliche Lage des Landes ungünstig zu beeinflussen anfingen, freizumachen.


Tab. 2. Garantierte Eisenbahnen. Die den Eisenbahnen für Ablösung der Garantien übergebenen Summen.


Argentinien

In Tab. 2 ist die Lage dargestellt, in der sich Regierung und Eisenbahngesellschaft befanden, als die Ablösung der Garantien gesetzlich beschlossen wurde. Die den Eisenbahnen zu diesem Zweck ausgefolgte Summe beträgt 204,422.776 M. in 41/2%igen Titeln (4% Zinsen und 1/2% Amortisation), sogenannte Rescision Bonds.

Es wurde bereits erwähnt, daß in den Provinzen Buenos Aires und Santa Fé das Eisenbahnnetz so weit ausgebaut ist, daß die theoretisch ermittelte Dichtigkeit nahezu erreicht ist. Der Wettbewerb macht sich daher in diesen Gebieten fühlbar und ist gegenwärtig durch die Einführung der Schmalspur und dadurch, daß die Provinzialregierungen häufig Konzessionen erteilten, die den von der Bundesregierung aufgestellten Begünstigungsgrundsätzen nicht entsprachen, eine wichtige, schwer zu lösende Frage geworden, deren Erörterung wahrscheinlich den nächsten Sitzungen des Kongresses (1911) vorbehalten bleibt. Die erste Erscheinung dieser Art war die Verschmelzung der beiden großen Gesellschaften Central Argentino und Buenos Aires y Rosario, die heute ein einziges einheitliches System von 4214 km Länge bilden. Dann folgte in kurzen Zeiträumen die Bildung von Interessensphären und Betriebsüberlassungen. Außer der erwähnten Verschmelzung könnte man gegenwärtig folgende Gruppen unterscheiden:

Staatsbahnen: Central Norte und Argentino del Norte 3631 km (außerdem beiläufig 4500 km im Bau).

Französische Bahnen: Provincia de Santa Fé und Compania General en la Provincia de Buenos Aires 2724 km.

Pacificbahn: Buenos Aires al Pacifico-Gran Oeste Argentino-Transandino-Bahia Blanca y Nor Oeste-Villa Maria y Rufino 4931 km.

Südbahn: Ferro Carril del Sud-Midland-Ferro Carril del Oeste 7514 km.[252]

Central Cordoba-Bahn: Sektionen Nord, Nordwest, Ost, Cordoba y Rosario, Rosario Buenos Aires 1919 km.

Entre Rios-Bahnen: Provincia de Entre Rios, Este Argentino, Nor Este Argentino 2029 km.

Diese Gruppenbildung hat den Zweck, bestimmte Einflußzonen zu schaffen, innerhalb deren jede Gesellschaft ihr Netz erweitern kann, soweit dies die Nation gestattet, und unter Vermeidung unnötiger Konkurrenzlinien.

Da aber verfassungsgemäß den Provinzialregierungen auch das Recht zusteht, Eisenbahnen zu konzessionieren, so konnte nicht vermieden werden, daß Interessenten bei diesen zu erreichen suchten, was ihnen von der Nation verweigert worden war (Western Rosario Railway Co.), oder daß Konzessionen gegeben wurden, die von dem Kongreß schon früher erteilt worden waren oder über die gerade verhandelt wurde (Compania General en la Provincia de Buenos Aires versus Midland-Bahn), oder endlich, daß die Provinzialregierungen, entgegen den Grundsätzen der Nationaleisenbahnpolitik, selbst den Bau von Bahnen unternahmen (Ferro Carril de La Plata al Meridiano Quinto).

Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Dr. Exequiel Ramos Mexia, ein Mann von außerordentlicher Intelligenz und großer Energie, sieht mit klarem Blick in die Zukunft und erkennt in dieser Doppelgestaltung der Eisenbahngesetzgebung eine Schädigung des Kapitals, das vertrauensvoll in Eisenbahnunternehmungen angelegt wird, eine Gefährdung der wahren Interessen und zukünftigen Entwicklung des Landes sowie der jahrelang mit Erfolg betriebenen und mühsam gepflegten Eisenbahnpolitik. Zahlreiche Erlasse sind ergangen, die den Zweck haben, die Eisenbahnpolitik zu einer einheitlichen zu gestalten. Der Gedankengang eines dieser Erlasse sei hier kurz wiedergegeben: »Die Verfassung verleiht zwar sowohl dem Nationalkongreß als auch den Provinzialkammern das Recht, Eisenbahnkonzessionen zu erteilen – sie konnte aber nicht beabsichtigen, auseinandergehende, wohl aber zusammengehende Machtsphären zu schaffen – mithin ist die erwähnte Doppelgestaltung in den Befugnissen logischerweise durch Vorschriften zu beschränken. In einem der ersten Paragraphen der argentinischen Staatsverfassung wird als hauptsächlicher Zweck der Nationalregierung erklärt: staatliche Einheit herzustellen, Recht und Frieden zu festigen u.s.w. Ferner ist Gewerbe, Handel und Schiffahrt verfassungsgemäß der Bundesregierung unterstellt, und mithin kann das Hauptorgan des Handels, d.h. die Eisenbahnen, die die allgemeinen Handelsbeziehungen vermitteln, nur der Botmäßigkeit der Nationalregierung angehören und nur dieser kann das Recht zustehen, sie zu bauen oder zu konzessionieren. Den Provinzialregierungen hingegen ist das Recht vorbehalten, solche Bahnen zu konzessionieren, die einen lokalen Zweck haben, doch verlieren sie diesen Charakter, sobald sie sich dem allgemeinen[253] Bahnnetz anschließen, in dieses als Zweigbahn einlaufen oder bis zu einem Hafen verlängert werden.«

Diese Grundzüge einer erweiterten Eisenbahnpolitik werden von den Provinzen heftig angegriffen, die darin eine Beschränkung ihrer Autonomie sehen, und der Nationalkongreß hat, wie schon gesagt, in dieser brennenden Frage noch das letzte entscheidende Wort zu sprechen.

Es sei hier noch kurz ein Gesetz erwähnt, das berufen ist, die gegenwärtig noch wenig der Kultur eröffneten Gebiete Chaco, Formosa, Neuquen, Rio Negro, Chubut und Santa Cruz mit Verkehrswegen auszustatten: das Gesetz »de Fomento de los Territorios«, dessen Schöpfer gleichfalls der Minister der öffentlichen Bauten Dr. Exequiel Ramos Mexia ist. Durch dieses Gesetz ist die Regierung ermächtigt, Eisenbahnen zu bauen und sie hat bereits verschiedene im Norden der Republik (Formosa nach Embarcacion, Baranqueras nach Metan mit Zweigbahn nach Quimili, im ganzen ungefähr 1629 km) sowie im Süden, in Patagonien (San Antonio nach Nahuel-Huapi, Puerto Deseado nach Nahuel-Huapi und Comodoro Rivadavia nach Lago Buenos Aires, im ganzen ungefähr 2120 km), in Angriff genommen.

Das zu dem Bau dieser Bahnen nötige Kapital ist durch den Verkauf der durchquerten Nationalländereien zu beschaffen und zu diesem Zweck ist auf jeder Seite der Bahn eine breite Zone Staatsland freigehalten, das in bestimmten Zeiträumen, u. zw. nach Fertigstellung von je 100 km Bahn, versteigert wird. Als Grundkapital ist durch eine Anleihe die Summe von 100 Mill. gesichert worden. Bis zur Gegenwart sind ungefähr 900 km solcher Bahnen fertiggestellt worden.


III. Verwaltung und Gesetzgebung.


Die Eisenbahnen A. werden eingeteilt in National- und Provinzialbahnen. Nationalbahnen sind solche, die: 1. Eigentum der Nation sind, 2. von der Nation genehmigt sind, 3. die Hauptstadt oder ein Nationalgebiet mit einer oder mehreren Provinzen oder Gebieten, oder eine Provinz mit einer anderen, oder irgend einen Ort der Nation mit einem Nachbarstaat verbinden. Provinzialbahnen sind die von irgend einer Provinz, innerhalb ihrer Grenzen gebauten oder genehmigten Bahnen.

Erstere (Nationalbahnen) sind dem Nationaleisenbahngesetz vom 24. November 1891 unterworfen (ursprünglich Gesetz vom 18. September 1872), leztere (Provinzialbahnen) nur den Artikeln 33–68 dieses Gesetzes.

Die Nationalbahnen (gegenwärtig fast alle Bahnen der Republik) sind dem Bautenministerium (Ministerio de obras Publicas) unterstellt; seine ausübenden Organe (insoweit das Eisenbahnwesen in Frage kommt) sind die Generaleisenbahndirektion und die Verwaltungsdirektion der Staatsbahnen. Die Generaleisenbahndirektion hat 10 Unterabteilungen für: Trassierung und Projektierung neuer Linien, Bau, insofern es sich um Staatsbahnen handelt, Tiefenbohrungen, Bau und Unterhaltung der Zufahrtsstraßen zu den Stationen (Gesetz vom 1. Oktober 1907), Inspektion der Staats- und Privatbahnen, Inspektion des rollenden Materials und der Fahrpläne, Tarifwesen, Verwaltung des Baufonds der Staatsbahnen und ihrer Zufahrtsstraßen sowie Inspektion des Betriebskapitals sämtlicher Nationalbahnen, Eisenbahnstatistik und Inspektion der zollfreien Einführung der Eisenbahnmaterialien. Alle Nationaleisenbahnen (Staatsbahnen und Privatbahnen) sind der Eisenbahndirektion unterstellt, insofern es sich um Ausübung des Eisenbahngesetzes handelt. Die Verwaltungsdirektion der Staatsbahnen hat die selbständige Leitung des Betriebs der Staatsbahnen auszuüben; sie zerfällt in Unterabteilungen für Bahnerhaltung, Lokomotiv- und Werkstättendienst (Unterhaltung des rollenden Materials), kommerziellen Dienst (Tarife und Fahrdienst) und finanzielle Verwaltung und ist, besonders in letzterer Hinsicht, mit großen und weitgehenden Vollmachten versehen.

Das Eisenbahngesetz vom 24. November 1891, dem alle Nationalbahnen infolge ihrer Konzessionen unterstellt sind, gibt dem Staate große Rechte.


Art. 1–4 verfügen die Einteilung der Bahnen in National- u. Provinzialbahnen. Art. 5–11 enthalten Bestimmungen über Bahnpolizei (Bau und Unterhaltung der Bahn). Art. 12–15 über Zusammensetzung der Züge und Fahrdienst. Art. 16–17 enthalten Auflagepflichten (Kreuzungen mit gewöhnlichen Wegen, Kanälen und anderen Eisenbahnen). Art. 18–21 Verpflichtungen der Bahnen dem Staate gegenüber (kostenlose Beförderung der Post, Eisenbahninspektoren und Justizbeamten im Dienst, Übernahme und Verwaltung der Bahnen durch den Staat im Kriegsfalle etc.). Art. 22–25 Pflichten der Eisenbahnen unter sich (gemeinsame Benutzung von Betriebsstrecken und Stationen). Art. 26–32 enthalten allgemeine Bestimmungen für die Konzessionierung neuer Eisenbahnlinien (ergänzt durch das Gesetz vom 1. Oktober 1907 s.u.). Art. 33–53 allgemeine Beförderungsbedingungen für Personen und Güter (Fahrpläne, Tarife, Anschlüsse, Freigepäck, Haftpflicht für verlorene Gegenstände, Beschwerdebücher, Hilfe bei Unglücksfällen, Transport feuergefährlicher Gegenstände, Frachtbriefe, Lieferfristen, mit Vorzug zu transportierende Güter, Spezialtarife, Transport chemisch zersetzbarer Güter). Art. 54–63 Anliegerpflichten der Besitzer der von der Bahn durchkreuzten Gelände (Entwässerung der Gelände, Betreten der[254] Bahn, Fernhaltung von Tieren von der Bahn, Beschränkung des Rechts, in unmittelbarer Nähe der Bahn Gräben, Steinbrüche mit bergmännischem Betrieb, Mauern und Gebäude überhaupt, feuergefährliche Dächer oder Anpflanzungen und Kulturen anzulegen. In jedem Falle ist die Beschränkungsgrenze angegeben). Art. 64–68 allgemeine Transportbestimmungen (Der Transport ist ohne Unterbrechung so auszuführen, als wenn sämtliche Bahnen eine einzige wären. Die Bahnen sind für die Fehler ihrer Beamten verantwortlich. Über ungültige Bestimmungen in den Frachtbriefen. Verbot aller Bahnen, die gleichen Zonen dienen, Vereinbarungen zu treffen behufs Einhaltung bestimmter Tarife oder Bildung gemeinsamer Fonds, deren Nutzen nach Vereinbarung unter sich zu verteilen sind. Verpflichtung, Konkurrenztarife oder solche Änderungen von Tarifen im allgemeinen 5 Jahre aufrecht zu erhalten). Art. 69–79 beziehen sich auf staatliche Inspektion der Bahnen (Pflichten und Rechte der Eisenbahndirektion, Zuständigkeit der Eisenbahndirektion bei Klagen des Publikums gegen die Bahnen, das Urteil der Eisenbahndirektion ist maßgebend bei Prozessen, es sei denn, die Eisenbahn beweise das Gegenteil, die Eisenbahndirektion hat jede Klage des Publikums anzunehmen und zu untersuchen). Sie hat das Recht, von den Bahnen alle Auskünfte zu verlangen über Kapital, Dividende, Reservefonds, Wert der Mobilien und Immobilien, jährliche Ausgaben und Einnahmen, Jahresbilanz, Tarife, Transportreglements und Vereinbarungen mit anderen Gesellschaften. – Die Bahnen sind verpflichtet, jede Anfrage der Eisenbahndirektion zu beantworten. Inspektion der Neubauten. Art. 80–90 enthalten Bestimmungen für die Sicherung des Betriebs (Allgemeine Strafbestimmungen – absichtlich herbeigeführte Entgleisungen von Zügen – oder Verhinderung der fahrplanmäßigen Fahrt – Bedrohung von Beamten – Nachlässigkeit – Gesetzesverletzungen – Pflichten der Beamten im allgemeinen, Strafen bei Verlassen des Dienstes – Trunkenheit – böswillige Beschädigung der Telegraphen – Angriffe auf Beamte – Verbrechen in den Zügen – Pflichten der Polizei den Bahnen gegenüber). Art. 91–93, Pflicht der Bahnen, das Eisenbahngesetz und die Reglements zu beachten (Strafbestimmungen). Art. 94–102 Allgemeine Bestimmungen (Die Regierung kann Geldbußen auferlegen, Betrag und Bestimmung darüber, die Beamten müssen spanisch sprechen, die Schiffahrt darf nicht unterbrochen werden u.s.w.).

Außer dem Eisenbahngesetz haben noch folgende reglementarischen Bestimmungen Gesetzeskraft: 1. Generalreglement der Eisenbahnen vom 10. September 1894 (enthält 384 Artikel und besondere Ausführungsbestimmungen zu jedem Artikel des Eisenbahngesetzes). 2. Technische Einheit für das rollende Material – Dekret vom 4. Juli 1901 (70 Artikel), teilweise geändert durch Dekrete vom 15. November 1901 und 6. Dezember 1905. 3. Bestimmungen über Prüfungen und Erhaltung von Brücken, 3. April 1903 (12 Artikel). 4. Reglement für Prüfung von Maschinisten und Heizern, 14. Februar 1902 (6 Artikel). 5. Sanitätsbestimmungen, 31. Dezember 1904 (22 Artikel). 6. Reglement über Klagen wegen Verletzung des Eisenbahngesetzes, 23. Januar 1899.


Durch das Gesetz vom 1. Oktober 1907 sind feste Grundlagen für die Erteilung von Konzessionen geschaffen worden.


Art. 1 dieses Gesetzes bestimmt, daß alle Nationalbahnen dem Eisenbahngesetz unterstellt sind. Art. 2 daß das rollende Material, Schienengewicht und sämtliche für den Bau und Betrieb zu verwendenden Materialien den vom Staate festgesetzten Bedingnisheften entsprechen müssen. Art. 3–6 enthalten die Fristen, in denen die Verträge unterzeichnet, die Vorarbeiten vorgelegt und die Bauten angefangen, und beendet werden müssen, ferner die zu leistenden Garantien sowie Strafbestimmungen für Nichteinhaltung der von den Konzessionären übernommenen Verpflichtungen. Art. 7 bestimmt, daß die zu erbauenden Bahnen für ihren um 20% vermehrten Wert, enteignet werden können. Art. 8 lautet in der Übersetzung: »Die zum Bau und Betrieb von Eisenbahnen erforderlichen Materialien und Gegenstände sind frei von Einfuhrzöllen innerhalb eines Zeitraumes bis zum 1. Januar 1947. Die Gesellschaft hat bis zu diesem Tage, vom Zeitpunkt der Erlangung der Konzession an gerechnet, dem Staat eine jährliche Abgabe von 3% des Reinertrags ihrer Linien zu leisten und bleibt für dieselbe Zeit von jeder anderen Steuer befreit, sie möge nationalen, provinzialen oder munizipalen Ursprungs sein. Um den Reinertrag festzusetzen, sind 60% der Roheinnahmen als Betriebsausgaben anzuerkennen. Im Falle die Betriebsausgaben diese Grenze während 3 aufeinander folgenden Jahren überschreiten sollten, ist die Gesellschaft verpflichtet, dies der Bundesregierung zu beweisen. Der den 3% des Reinertrages entsprechende Betrag ist in jeder Provinz in erster Linie, u. zw. im Verhältnis zur Ausdehnung der Bahn für den Bau und die Erhaltung der Landstraßen und Brücken der von der Bahn durchschnittenen Gemeinden oder Kreise zu verwenden. Die Bundesregierung hat die ihr von den Gesellschaften in Ausübung des Artikels 8 dieses Gesetzes übergebenen Summen auf ein Spezialkonto in der Banco de la Nacion Argentina zu hinterlegen. Außer den Summen die durch Sondergesetze oder durch das Budget für den gleichen Zweck angewiesen werden, können diese Kapitalien keiner anderen Bestimmung als der durch das gegenwärtige Gesetz vorgeschriebenen zugeführt werden.«

Es wurden 3% vom Reinertrag festgesetzt um die neuzuerbauenden Eisenbahnen, die zu Anfang ihres Bestehens wenig Reinertrag haben, möglichst von dieser Steuer zu entlasten. Ferner wurde durch Festsetzung dieser einzigen Steuer die Eisenbahn von jeder unvorherzusehenden Steuer, die hauptsächlich von den Provinzialregierungen und Gemeindeverwaltungen zu befürchten war und die der Anlage von Kapitalien jede sichere Grundlage entziehen konnte, befreit. Der Betriebskoeffizient von 60% könnte etwas zu hoch erscheinen – er betrug im Jahre 1910 bei den breitspurigen Bahnen (Sud, Oeste, Central Argentino, Pacifico) im Mittel 56% – jedoch lag es in der Absicht der Regierung, den Gesellschaften gewisse Vorteile zu gewähren, um auf diese Weise den weiteren Ausbau der Bahnen anzuregen. Dagegen wurde für die Berechnung der Reineinnahmen der Bruttoertrag festgesetzt, weil dieser erfahrungsgemäß leichter festzustellen ist. Es wurde auch der Fall vorgesehen, daß der Betriebskoeffizient die Grenze von 60% überschreiten könnte. Dies ist möglich 1. bei ganz neuen Eisenbahnen, besonders in noch ganz unkultivierten Gegenden, und 2. bei Eisenbahnnetzen oder Linien, die einer zukünftigen Ausdehnung oder Verlängerung fähig sind, da sich in diesem Falle immer mehr der Einfluß der in Argentinien ausschließlich angewandten Differentialtarife (Staffel- und Parabolische Tarife) zu Ungunsten des Betriebskoeffizienten fühlbar macht. Da die Regierung ganz besonders darauf sehen muß, daß auch den von den Häfen am weitesten entfernten Produktionszentren nach und nach die Vorteile[255] teile eines billigen Transportes zugute kommen, so wäre es kurzsichtig und unverständig gewesen, den Betriebskoeffizienten auf 60% zu beschränken, da dies mit einer Beschränkung des Eisenbahnnetzes gleichbedeutend gewesen wäre. Um aber auch hier die Willkür möglichst zu beseitigen, wurde durch die Art. 7–8 des Reglements dieses Gesetzes bestimmt, daß als außerordentliche Ausgaben (außer den gewöhnlichen Betriebsausgaben) zu betrachten seien:

1. die Abgabe von 3%;

2. die jährlich für Tilgung des etwa auf feste Termine angewandten Kapitals zu verwendenden Summen;

3. die jährlichen Reservefonds, als die zu betrachten seien:

a) Erneuerung des Oberbaues, der metallischen Teile von Brücken und Durchlässen, der Telegraphen, Signale, Lokomotiven, Molen, Einrichtungen für Licht- und Krafterzeugung, für rollendes und für schwimmendes Material. Hierfür wurde eine jährliche Ausgabe von 21/2% ihres Wertes festgesetzt.

b) Unfälle, gerichtliche und unvorhergesehene Ausgaben. Für diese Fälle ist kein fester Koeffizient vorgesehen; der entsprechende Betrag ist im gegebenen Falle in Übereinstimmung mit der Regierung festzusetzen.

c) Feuerversicherung. 1/4% des Wertes des zu versichernden Materials, bis zu einem Höchst betrage, der in Übereinstimmung mit der Regierung festzusetzen ist.

d) Pensions- und Wohltätigkeitsfonds. In diesem Falle die zu diesem Zwecke wirklich zu verwendenden Kapitalien.

Der diesem Gesetz entsprechende Beitrag der Eisenbahnen zum Wegefonds betrug im Jahre 1910 annähernd 5. Mill. M., die durch eine hierfür besonders von der Bundesregierung ernannten Kommission verwaltet werden. Diese wird gebildet durch den Generaldirektor der Eisenbahnen als Vorsitzenden, den Generaldirektor der Wege und Brücken als Stellvertreter und den von der Regierung jährlich zu bestimmenden Generaldirektoren der Privat- und Staatsbahnen als Beisitzende.

Art. 9 lautet in der Übersetzung: »Die Tarife für Personen und Güterbeförderung sind der Revision der Bundesregierung unterworfen im Falle die Bruttoeinnahmen im Mittel während 3 aufeinander folgenden Jahren 17% des in Aktien und Obligationen von der Regierung anerkannten Kapitals überschreiten und vorausgesetzt, daß die Ausgaben nicht mehr betragen als 60% der Einnahmen. Sollte das Verhältnis der Ausgaben größer sein während 3 aufeinander folgenden Jahren, so hat die Gesellschaft dies der Regierung zu beweisen; in diesem Falle ist die Revisionsgrenze entsprechend zu erhöhen. Zu diesem Zwecke ist das Kapital durch die Regierung mit dem Augenblicke der Betriebseröffnung festzusetzen und das Kapital kann ohne Zustimmung der Regierung nicht vermehrt werden.«

Das Anlagekapital sämtlicher Gesellschaften ist nach genauer Prüfung, unter Ausschluß aller künstlich geschaffener Werte (Verwässerungen) von der Generaleisenbahndirektion festgesetzt und von der Regierung genehmigt worden. Die Kapitalverrechnung wird durch genannte Direktion, der zu diesem Zwecke bestimmte Organe zur Verfügung gestellt worden sind, im laufenden gehalten; sie hat die jährlichen Einnahmen und Ausgaben zu prüfen und der Regierung zur Genehmigung vorzulegen. Neubauten und Erweiterungen müssen ihr zu diesem Zwecke in jedem besonderen Falle zur Kenntnisnahme oder Kapitalisierung unterbreitet werden. Art. 10 bestimmt, daß die Materialien, die der Nation gehören und durch Gesetze für öffentliche Bauten bestimmt sind, von den Bahnen mit einer Tarifermäßigung von 50% zu befördern sind, desgleichen die Militärtransporte, Kriegsartikel, Nationalbeamte oder Offiziere und Soldaten, die im Auftrage der Nation reisen und endlich Einwanderer. Gleiches Recht steht der Beförderung der Provinzialpolizei und den offiziellen Telegrammen zu. Art. 11 bestimmt, daß die Tarife der Eisenbahntelegraphen denen der Nationaltelegraphen gleich sein müssen, sowie, daß die zu verwendenden Apparate der Genehmigung der Nationalregierung zu unterbreiten sind. Art. 12 verfügt die kostenlose Beförderung der Postsäcke und Postbeamten in besonderen Wagen abteilen. Die Bahnen müssen ferner der Regierung einen Draht der Telegraphenleitung zur Verfügung stellen und in den Stationen einen Raum für ein Post- und Telegraphenbureau. Desgleichen den Anschluß der Nationaltelegraphen gestatten und auf ihren Brücken einen besonderen Steig für Reiter und Fußgänger anbringen. Art. 13 verpfichtet die Bahnen, die Brücken, die über Flüsse und Kanäle führen, im Falle diese schiffbar gemacht werden, ohne Anspruch auf Entschädigung in bewegliche umzuwandeln. Art. 14–15. Die Vorarbeiten und Bauten sind auf Kosten der Bahnen unter Kontrolle der Regierung zu machen, der Bau und Betrieb ist dem Eisenbahngesetz und den bestehenden oder in Zukunft zu genehmigenden Vorschriften unterworfen. Art. 16. Die Regierung behält sich das Recht der Enteignung vor, für das um 20% erhöhte, vom Staate anerkannte Kapital. Art. 17. Die Konzessionen können nicht auf andere im Lande schon bestehende Gesellschaften, ohne Genehmigung des Kongresses übertragen werden (Verschmelzungen u.s.w.). Art. 18. Die Eisenbahnen sind ermächtigt, nach Genehmigung der Regierung Zweiglinien bis zu 30 km Länge zu bauen. Durch ein Sondergesetz wurde einige Jahre später dieses Recht erweitert und die Regierung von dem Kongresse bevollmächtigt, die Erlaubnis für den Bau von Zweiglinien bis zu 75 km Länge zu geben. Art. 19 und 20 ordnen an, daß die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes schon bestehenden Eisenbahngesellschaften, der Vorteile des Art. 8 teilhaftig werden können, falls sie dies innerhalb 6 Monaten beantragen und gleichzeitig die durch Art. 9 auferlegten Pflichten auf sich nehmen, und daß die, die sich diesem Gesetz nicht freiwillig unterwerfen, nach Ablauf der ihnen durch ihre Konzession bewilligten Ausnahmen oder Vergünstigungen alle Steuern zu entrichten haben. Gegenwärtig haben sich fast alle Gesellschaften diesem Gesetze unterworfen. Art. 21 bestimmt, daß die zu verwendenden Schwellen aus Hartholz (Landesprodukt) hergestellt werden müssen.


Im Oktober 1910 kam in Buenos Aires der erste südamerikanische Eisenbahnkongreß unter Vorsitz des Generaldirektors Ing. A. Schneidewind zu stände, zu dem der argentinische Staat die Republiken Südamerikas eingeladen hatte, und zu dem Brasilien, Chile, Peru, Uruguay, Paraguay und Venezuela Vertreter gesandt hatten. Der wichtigste Beschluß dieses Eisenbahnkongresses war die Schaffung einer permanenten Kommission in Buenos Aires. Ferner wurde beschlossen, eine einheitliche, permanente südamerikanische Eisenbahnstatistik ins Leben zu rufen sowie die Schaffung einer[256] technischen Einheit, der in Zukunft das neuanzuschaffende rollende Material der südamerikanischen Eisenbahnen anzupassen sei. Ferner wurde angeregt, die Regierung aufzufordern, dem Gedanken eines kontinentalen Frachtrechts näher zu treten, dessen Lösung für A., dessen Bahnen die Grenzen von Chile, Paraguay, Bolivien und Brasilien erreicht haben, wichtig ist. Zu diesem Zweck wäre nach einem Übereinkommen der südamerikanischen Staaten eine kontinentale Spezialkommission, ähnlich der Berner Konvention, zusammenzurufen.

Die permanente Kommission, die sich aus Vertretern aller auf dem ersten Kongreß vertretenen Staaten zusammensetzt, hat den Zweck, die laufenden Geschäfte des Vereines zu leiten sowie den nächsten, in Rio de Janeiro, Anfang 1913 stattfindenden zweiten Kongreß vorzubereiten.


IV. Technische Anlage und Betrieb.


Am 31. Dezember 1909 besaß A. 24.780 km Eisenbahnen, d.i. für 100 km2 Oberfläche im Mittel 0∙86 km und für 1000 Einwohner 4∙03 km. Das dichteste Eisenbahnnetz besitzen die Provinzen Santa Fé und Buenos Aires, die vorwiegend Ackerbau treiben, mit 3∙09, und 2∙78 km Eisenbahnen für 100 km2, so daß in diesen, unter Voraussetzung eines theoretischen Dichtigkeitskoeffizienten


Argentinien

(f2 = Transportkosten für das t/km auf gewöhnlichen Landstraßen = 0∙15 Pes. G. und v1 = Versendungskoeffizient, für Getreide = 8∙1 Pes. Gold per t Getreide [s. A. Schneidewind, Teoria de las Tarifas. S. 47]), schon eine genügende Dichtigkeit erreicht ist.

Die Spurweite ist bei 15.316 km die breite (1∙676 m), bei 2120 die mittlere (1∙435), und bei 7344 km die schmale (1∙000 m).

Im allgemeinen wird die Hartholzschwelle verwendet. Ihre Länge ist für breite, mittlere und schmale Spur 2∙70, 2∙50 und 1∙80 m; Breite und Höhe sind bei allen 3 Spurweiten gleich, u. zw. 24 auf 12 cm. Die mittlere Lebensdauer einer solchen Schwelle ist 25 bis 30 Jahre. Im ganzen sind verlegt 18.182 km auf Hartholzschwellen, 3200 km auf Flußstahlschwellen und 3398 km auf metallischen Einzelunterlagen (System Livesey). Letztere sind jedoch außer Gebrauch gekommen, und das Gesetz vom 1. Oktober 1907 schreibt vor, daß bei Neubauten nur mehr Hartholzschwellen zu verwenden sind.

Es wird ausschließlich die Vignoleschiene angewendet. Bei den Staatsbahnen ist das Normalprofil »Tipo Argentino« bevorzugt, das die Vorteile einer größten Tragfähigkeit bei kleinstem Gewicht und geringster Abnutzung infolge der richtigen Oberflächengestaltung der mit dem Rade in Berührung tretenden Flächen in sich vereinen soll.

Als Bettungsmaterial wird bei Hauptstrecken Steinschlag (Granit) verwendet – im übrigen Muschelkalk (Conchilla) oder schwarze vegetabilische Erde. Das Gelände ist im allgemeinen eben, so daß die Bahnlinien im Mittel nur 10% Krümmungen und Steigungen unter 5 aufweisen. Für das km Bahn sind erforderlich 1∙23 m Durchlaßweite, 3∙33 m Brückenweite und 0∙06 m Tunnellänge. Im Jahre 1909 waren im ganzen 1673 Stationen und 89.971 km Drahtlänge Eisenbahntelegraphen dem öffentlichen Verkehr übergeben.

Die Ausgaben betrugen im Betriebsjahre 1909:


Argentinien

Argentinien

Argentinien

Argentinien

[259] Die von den Eisenbahngesellschaften gezahlten Entschädigungen betrugen im Jahre 1909 für 163 Unfälle 127.943 Pesos Gold.

V. Eisenbahntarife. Es würde bei der großen Mannigfaltigkeit der in A. gebräuchlichen Tarife zu weit führen, eine genaue Wiedergabe derselben zu versuchen, und soll deshalb hier nur das Tarifsystem der Central-Argentino-Bahn besprochen werden, zunächst, weil dieses nach eingehenden Studien von der Regierung als das für das Land geeignetste empfohlen und genehmigt worden ist, und dann, weil es gleichzeitig ein annähernd richtiges Bild der von den übrigen Gesellschaften bei der Tarifbildung befolgten Grundsätze und angewendeten Konstanten gibt.

Ursprünglich, als das Eisenbahnnetz nur eine geringe Ausdehnung hatte, wurden nur Kilometer- (einfache) Tarife angewendet. Die Güter wurden in 10 Klassen eingeteilt und für jede Klasse ein verschiedener Kilometersatz erhoben, der nach folgender Skala berechnet wurde:


Argentinien

Sehr bald stellte sich aber heraus, daß diese Tarife auf große Entfernungen nicht anwendbar waren, da die Frachten zu rasch anwuchsen und besonders die Beförderung von Ackerbauerzeugnissen nicht zuließen. Es wurde infolgedessen dieses Tarifsystem verlassen und durch gestaffelte Tarife ersetzt, die nach dem allgemeinen Grundsatz


Fracht = c1 (Konstante) + c2 (Konstante) × d (Transportdistanz)


gebildet wurden, unter Beibehaltung der Klassentarifierung. Bei Festsetzung der Konstanten wurde berücksichtigt, daß die kurzen Entfernungen eine Erhöhung gestatteten, für längere Beförderungsstrecken dagegen eine Verminderung der bestehenden Sätze erforderlich war.

Dieses Tarifsystem ist gegenwärtig das in A. gebräuchlichste. Einige Bahnen wenden dasselbe nur bis zu gewissen größten Entfernungen (350 km) an und vermindern für weitere Entfernungen den Kilometersatz. Auf diese Weise entsteht eine Art Zonentarif, entsprechend dem Grundsatze:


Fracht = c1 + c2d1 + c3d2, wobei d1 < 350 km und d2 > 350 km ist.


In neuester Zeit wurde bei der Fusion der beiden großen Bahnen Central-Argentino und Buenos Aires y Rosario zur Bedingung gemacht, daß die verschiedenen Tarifsysteme dieser Gesellschaften durch parabolische Tarife nach dem Grundsatze:


Argentinien

zu ersetzen seien, womit die Regierung eine weitere Begünstigung der großen Entfernungen beabsichtigte. Die so entstandenen, gegenwärtig in Geltung stehenden Tarife der Central-Argentino-Bahn seien hier kurz wiedergegeben. (Die angenommene Münzwährung ist der Peso Papier, seit Bestehen der Konventionskasse keinen Kursschwankungen unterworfen. 1 Peso Papier = 100 Centavos. 1 Centavo = 1∙78 Pfennig = 2∙09 Heller.)


[260] a) Personenbeförderung.


Argentinien

b) Personengepäck (50 kg frei) und Eilgut für jede 100 kg teilbar in je 5 kg:


Argentinien

Anzunehmende Mindestgewichte:


Argentinien

c) Gütertarife. Für das t/km, kleinste Entfernung 10 km, Mindestgewicht 100 kg, Pesos Papier:


Argentinien

Die Klasseneinteilung der Güter ist folgende:

Klasse 1: Roßhaar in Bündeln, Waffen, chirurgische Instrumente, Phantasie- und photographische Artikel, Musikinstrumente.

Klasse 2: Zigarren und Tabakerzeugnisse, Messerwaren, Drogen und Kurzwaren.

Klasse 3: Alkohol in großen Flaschen, Schaf- und Ziegenfelle in Bündeln, Gegerbte Felle, Ochsen-, Füllen- und Kalbfelle trocken, Schuhwaren, Bücher, Drucksachen etc., Beleuchtungsgegenstände.

Klasse 4: Wein in Kisten, Roßhaar in Ballen, Drahtgitter (Geflechte), Spezereiwaren, Kupferrohre, Eisenwaren, Zündhölzer und Klempnerwaren.

Klasse 5: Maschinenöl, Töpferwaren, Flechtwaren (Spartegras), Kakes und Zwieback.

Klasse 6: Ordinäre Seife.

Klasse 7: Alkohol in Fässern, Schaf- und Ziegenfelle in Ballen, Ochsen-, Füllen- und Kalbfelle gesalzen, Wolle in Ballen, Fett in Blechdosen.

Klasse 8: Frisches Obst, getrocknetes Obst, Wein in Fässern, Fett in Fässern, gebrannter Gips in Fässern, Öl in Fässern, Profileisen, Wellblech, Draht zum Einzäunen, Telegraphendraht, leere Flaschen, Tonröhren, Rund- u. Quadrateisen, galvanisiertes Eisen.

Klasse 9: Zucker, Portlandzement, altes Kupfer, Nutzhölzer, Oberbaumaterial, Rohmetalle, Kunststeine und Kleesamen.

Klasse A: Leinsaat, Mehl, Koks, Rohmineralien (Erze), Kalk, hydraulischer Kalk, Fliesen, Dachziegel, Blei. S. d) Spezialtarife S. 262.

Klasse B: Getreide, Kartoffeln, Heu, Knochen und Hörner, Bauhölzer, Pfosten und Rundholz, Holzstöckel für Pflaster, Hartholzschwellen, Salz und Steinsalz, Steinkohle. S. d) Spezialtarife S. 262.

Klasse C: Mais, Brennholz, Sägespäne, Holzkohle, Sand, Ziegel, Gips in Steinform (roh), Bausteine, altes Eisen. S. d) Spezialtarife S. 262.


[261] d) Spezialtarife.


1. Allgemeine Spezialtarife (gültig für die in vorstehender Klasseneinteilung unter Kl. A, B und C angeführten Güter), gebildet aus den Klassen 10, 11 und 12 durch Verminderung um 10%.

2. Transport von lebenden Tieren:


Argentinien

3. Transport von Fahrzeugen:


Argentinien

Außer diesen Tarifen bestehen noch außerordentliche, die durch den Wettbewerb mit anderen Linien hervorgerufen wurden.


Tab. 3. Betriebsergebnisse der argentinischen Hauptbahnen in den Jahren 1857–1911.


Argentinien

[262] Tab. 4. Betriebsergebnis der Hauptbahnen im Jahre 1910.


Argentinien

[263] Tab. 5. Kapital der Eisenbahnen im Jahre 1909 (31. Dezember).


Argentinien

[264] Literatur: A. Schneidewind, Apuntes de Ferrocarriles. 2. Aufl. Bd. I: Trassierung; Bd. II: Bau; Bd. III: Tarifbildung. – Estadística de los Ferrocarriles en Explotación. Herausgegeben vom argentinischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Buenos Aires. 1908, 1909. – Historia de los medias de comunicación y transporte en la República Argentina 1893. Buenos Aires.

Schneidewind.

Tafel II.
Tafel II.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 243-265.
Lizenz:
Faksimiles:
243 | 244 | 245 | 246 | 247 | 248 | 249 | 250 | 251 | 252 | 253 | 254 | 255 | 256 | 257 | 258 | 259 | 260 | 261 | 262 | 263 | 264 | 265
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Camilla und Maria, zwei Schwestern, die unteschiedlicher kaum sein könnten; eine begnadete Violinistin und eine hemdsärmelige Gärtnerin. Als Alfred sich in Maria verliebt, weist diese ihn ab weil sie weiß, dass Camilla ihn liebt. Die Kunst und das bürgerliche Leben. Ein Gegensatz, der Stifter zeit seines Schaffens begleitet, künstlerisch wie lebensweltlich, und in dieser Allegorie erneuten Ausdruck findet.

114 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon