Nichtwende

Jeder Nichtwende muss einmal unter den Boden eines Seelenverkäufers kommen. (Niederlausitz.)

Was die Gondel den Bewohnern der Lagunenstadt, den Arabern das Schiff der Wüste, das Kamel, ist, das ist zur Vermittelung des Verkehrs dem Spreewälder der »Seelenverkäufer«, wie man einen ziemlich roh zusammengefügten oder wol gar nur aus einem ausgehöhlten Baumstamme bestehenden Kahn nennt, der leicht umschlägt, aus welchem Umstande man seinen verhängnissvollen Namen herzuleiten pflegt. Vom Spreewälder könnte man fast sagen, er werde auf diesem Fahrzeuge geboren, lebe und sterbe darauf. Er versteht dasselbe mit ausserordentlicher Geschicklichkeit zu führen; aber schon mancher Fremde, der meinte, sich auf Ruder und Kahn zu verstehen, hat einen unfreiwilligen Sprung ins Wasser machen müssen. Es ist im Umgange mit diesen Seelenverkäufern landläufiges Sprichwort: Jeder Nichtwende muss wenigstens einmal dabei die Bekanntschaft mit dem Nass unter seinem Boden machen, gleichviel wann; er entgeht diesem Geschick nicht, dann aber ist er gefeit. (Vgl. den Art. Eine Hochzeit im Spreewalde in der Gartenlaube, 1870, Nr. 10, S. 156.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1022.
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