Jeder

1. Ein jeder führt das Wasser in seine Mühle. Reinsberg III, 44.


2. Ein jeder gesell sich zu seinsgleichen.Lehmann, II, 123, 55.


3. Ein jeder halte sich nach seinem stand.Egenolff, 161a.


4. Ein jeder hat seine jede.Demokritos, II, 314.

Frz.: Chacun a sa chacunière.


5. Ein jeder hat seine (eigene) Weise.Lehmann, II, 123, 56.


6. Ein jeder hat seinen Wurm.Simrock, 5225.

Lat.: Suus cuique mos, suus cuique ritus est. (Philippi, II, 208.)


7. Ein jeder hat seinen Zwickel.Simrock, 5226.


8. Ein jeder ist sein selbst gröster Feind.Lehmann, II, 123, 57; Schottel, 1141b.


9. Ein jeder ist seines guts mächtig.Pistor., V, 87.

Ist nur in vernünftiger Beschränkung richtig; sonst könnte der Satz in Bezug auf Leibeigene und Sklaven zu der Behauptung führen: Er ist mein, ich mag ihn sieden oder braten. (S. Mein.) (Graf, 42, 152; Meisner, 134, 124.)

Lat.: Rei suae quilibet liber moderator est ac arbiter. (Pistor., V, 87.)


10. Ein jeder ist sich selbst die beste Treue schuldig.Pistor., VI, 28.

Lat.: Quilibet proximam sibi debet fidelitatem. (Pistor., VI, 28.)


11. Ein jeder kan so viel, so viel er thut; könte er bass, so thete er bass.Lehmann, II, 123, 58.


12. Ein jeder kehre (fege) vor seyner eygenen Thür, so werden alle Wege rein.Lehmann, II, 123, 60; Pistor., X, 68.

Vor seiner Thür kehr' jeder fein, so wird's in der ganzen Stadt rein.


13. Ein jeder meinet, was er im Sinne habe, das schlagen alle Glocken.Lehmann, II, 61.


14. Ein jeder muss für sich selber stehn vnd sein rechnung thun im letzten abschnitt.Petri, I, 31.


15. Ein jeder singt sein Lied.Lehmann, II, 123, 59.

[1008] 16. Ein jeder warte das Seine und laufe nicht weiter.


17. Ein yeder fur sich, Gott fur vns alle.Agricola, I, 571; Tappius, 87b; Henisch, 1707, 29; Lehmann, II, 123, 54; Schottel, 1138a; Mayer, I, 203; Blum, 95; Bücking, 220 u. 312; Pistor., I, 34; Meisner, 9; Siebenkees, 7; Steiger, 581; Ramann, II. Pred., I, 396; Eiselein, 347; Simrock, 5218; Körte, 3157; Braun, I, 1645; Lohrengel, I, 399; Reinsberg V, 113.

Böhm.: Každý o sebe, pán bůh o všecky (starej se). (Čelakovsky, 13.)

Engl.: Every man for himself, and God for us all. (Gaal, 962.)

Frz.: Chacun pour soi, et Dieu pour tous. (Gaal, 961; Leroux, II, 198.)

Holl.: Elk voor zich zelven, God voor ons allen. (Bohn I, 217.)

It.: Ognun per se, e Dio per tutti. (Pazzaglia, 90, 3; Bohn I, 117; Gaal, 961.)

Port.: Cada qual por si, e Deos por todos. (Boh, I, 271.)

Span.: Cada uno por si, y Dios por todos. (Bohn I, 207.)


18. Einem jeden, was ihm gebührt.

D.h. gerecht gegen alle ohne Unterschied.

Lat.: Ex aequo da Omnibus. (Fasetius, 78.)


19. Einen jeden kleidet seine That.Sprichwörteschatz, 175.

Lat.: Qua pote, quisque in ea conterat arte diem. (Philippi, II, 123.) – Quae tua sunt, agas. (Philippi, II, 119.)


20. Es hat jeder an seinem Karren zu ziehen.

Engl.: Let every tub stand on its own bottom. (Gaal, 869.)


21. Es hat nicht jeder Lust zum Fleisch, auf dem Mücken gesessen haben.

Nicht jedem ist es gleichgültig, ob er ein Mädchen heirathet von unbescholtenem Rufe oder eine leichtsinnige Dirne.


22. Es ist ein jeder jhm selbst das best schuldig. Schottel, 1143b.


23. Es ist nicht jeder ein Koch, der ein lang Messer trägt.


24. Es kann nicht jeder grosse Häuser bauen.


25. Es kann nicht jeder um Ablass nach Rom gehen (ziehen).Körte, 3168.

Die Alten sagten: Es kann nicht jeder nach Korinth gehen. Nicht jeder ist so glücklich, Vergnügungsreisen zu machen. Der Reichthum fällt nicht jedem zu. Auch von Geschäften, die mit Schwierigkeiten verbunden sind, weil nach Suidas der Hafen von Korinth nicht leicht zugänglich war.


26. Hätte jeder das Seine, so wärst du so arm wie ein anderer.


27. Jedem das Seine ist nicht zu viel.Körte, 3156; u. 3935; Bücking, 312; Lohrengel, I, 397.

Frz.: Chacun le sien, n'est pas trop.

Lat.: Cuique suum.


28. Jedem das Seine, so hat der Teufel nichts.


29. Jedem das Seine, so kriegt der Teufel einen Dreck.


30. Jedem dünkt, sein Thun rieche nach Bisam.


31. Jedem gefällt sein Handel wohl.


32. Jedem sind die Seinen lieb.


33. Jedem was, ist gute Theilung.


34. Jedem wird sein Wasser tief genug zum Waten.


35. Jeder bekümmere sich um sich selbst.

Lat.: Sua quisque vincta caedat.

36. Jeder bestreicht seinen Kuchen.

It.: Ognun tira l'acqua al suo mulino. (Gaal, 965.)

Ung.: Kiki maga fazéka mellé szit. – Kinek kinek maga felé horgasúl keze. (Gaal, 965.)


37. Jeder denkt in (an, für) seinen Sack.Reinsberg III, 44.

Frz.: Chacun prêche pour son saint.


38. Jeder, der etwas guts thut, hat sich nichts böses zu beförchten.Lehmann, II, 281, 17.


39. Jeder fängt (tödtet) die Flühe auf seine Weise.


40. Jeder fege vor seiner Thür.


41. Jeder findet seine Kappe hübsch.


42. Jeder findet seinen Meister.


43. Jeder findet vor seiner Thür Unflats genug, den er zu fegen hat.


44. Jeder förcht seiner Haut.Lehmann, II, 281, 16.


45. Jeder für sich und Gott für uns alle, sagte der Schieferdecker, als er vom Thurm fiel.

Holl.: Elk voor zich zelven, en God voor ons allen, zei de boer, en hij zag zijn wijf verzuipen, zonder eene hand uit te steken. (Harrebomée, I, 242.)


[1009] 46. Jeder geht mit seinem Sacke in die Mühle.

Die Engländer: Jeder Hausirer trage seinen eigenen Pack. Jedes Fass muss auf seinem eigenen Boden stehen. Jeder Vogel muss sein eigen Ei ausbrüten. Jeder Hering muss an seinen eigenen Kiemen hängen. Die Venetier: Jedes Pferd muss sich die Fliegen mit seinem eignen Schwanze jagen. (Reinsberg III, 40.)


47. Jeder gilt so viel er hat.Lehmann, II, 281, 15.

Frz.: Autant vaut l'homme comme il s'estime.


48. Jeder hält sein Kupfer für Gold.

Das Seine für schön.


49. Jeder hält seine Braut für die schönste.

Und sein Recht für das beste, sein Stroh für Heu, sein Blei für Silber, seine Gänse für Schwäne. (Reinsberg III, 106.)

Frz.: Chacun dit: J'ai bon droit. (Bohn I, 12.)


50. Jeder hält seine Eule für einen Falken.

Ist insofern gut, als es mit dem eigenen Zustande zufrieden erhält.

Lat.: Quisquis amat ranam, ranam putat esse Dianam. (Philippi, II, 139; Froberg, 550.)


51. Jeder hat einen Fuchsschwanz.


52. Jeder hat etwas, danach er riecht.


53. Jeder hat für sich genug zu thun.


54. Jeder hat sein Aber.

Frz.: Chacun a ses défauts.


55. Jeder hat sein Misgeschick, darum gönn' auch jedem sein Glück.


56. Jeder hat sein Steckenpferd, das hält er über alles werth.Mayer, II, 50.

Ein Mensch ohne Steckenpferd, las ich irgendwo, ist ein gefährlicher Mensch; ich möchte ihm nicht meine Hand, geschweige einen Kuss oder gar mein Herz geben. Wer ein Steckenpferd liebt, kann auch Menschen lieben. Ist das Pferd gut, ist der Reiter noch besser; taugt das Ross nicht, ist der Reiter noch schlimmer.


57. Jeder hat seine Plage.

Frz.: A chacun sa besace.


58. Jeder hat seinen Splitter (Sparren, Zwickel).Pistor., VIII, 17; Schulze, 18; Körte, 3169.

It.: Non v'è uovo che non guazzi. – Ogni casa ha cesso e fogna. – Ogni legno ha il suo tarlo.

Ung.: Kinek kinek van valami a' rováson. (Gaal.)


59. Jeder hett sîen Greetje léif, un is se ôk beschnudelt.


60. Jeder ist Herr bei sich.


61. Jeder ist selbst sein ärgster Feind.

Engl.: No man hath a worse friend than he brings from home.

Lat.: Nostris nos alis capimur.


62. Jeder ist sich selbst das Beste schuldig.

It.: Fane a te e tuoi, e poi agli altri, se tu puoi.

Lat.: Omnes sibi melius esse malunt, quam alteri. (Terenz.) – Proximus sum egomet mihi. (Terenz.) (Seybold, 408 u. 463.)


63. Jeder ist sich selbst der beste Freund.

»Ich bin den Menschen wahrlich gut und strebe jedem zu gefallen; doch einen, unter meinem Hut, den lieb' ich vor den andern allen.« (L. Schücking, Welt und Zeit, 550.)


64. Jeder ist sich selbst der Nächste.Hollenberg, II, 79; Hermann, I, 17; Ramann, II, Pred. I, 216; Venedey, 111; Simrock, 5220; Körte, 3170; Braun, I, 1648; Reinsberg III, 41.

Jüd.-deutsch: Er denkt: Odom korev leazmo. (Tendlau, 287.)

Mhd.: Ein ieglîcher ist im selber holt. ( Renner.) (Zingerle, 78.)

Frz.: Charité bien ordonnée commence par soi-même. – Chacun cherche son intérêt.

It.: Ognun cerca l'util suo (il fatto suo).

Kroat.: Svatko je sebi najbliži. – Svatko po sebi sudi i od drugom.

Lat.: Caritas bene ordinata incipit a se ipso. (Binder II, 444; Neander, 92.) – Primus sum egomet mihi. – Sese omnes amant. (Plautus.) (Philippi, II, 180.)


65. Jeder ist, wie Gott ihn gemacht hat.

Sehr oft ist er aber auch etwas anders.


66. Jeder kömmt dörch de Weld. (Rendsburg.)


67. Jeder liebt seinesgleichen.


68. Jeder lobt das Seine.


69. Jeder mach' es selbst recht.


70. Jeder macht's, wie er's versteht.


71. Jeder muss ein Paar Narrenschuhe zerreissen, zerreisst er nicht mehr.Körte, 3160.

Frz.: Chacun a sa marotte.


72. Jeder muss sehen wie er fortkommt.

Lat.: Callidum esse aequum est ad suum quemque quaestum. (Seybold, 62.)


[1010] 73. Jeder muss sein Theil an der Narrenkappe haben.


74. Jeder muss seine Haut selbst zu Markte tragen.Reinsberg III, 40.


75. Jeder nehme sich selbst bei der Nase.


76. Jeder nur zu oft vergisst, dass er allein nicht jeder ist.

Dän.: Det er fælles gavn at ingen misbruger sit eget. (Prov. dan., 220.)


77. Jeder rühmt seine alte Nase für die beste.


78. Jeder schaue in seinen Rinnstein.Körte, 3164 u. 3945.


79. Jeder seh' auf seine Schanze.


80. Jeder sehe auf seine Füsse, so stösst er sich nicht die Zehen ab.


81. Jeder siehet wie er Glück hat.


82. Jeder soll sein Bestes thon (thun), damit es wohl im Haus mag stohn (stehn).


83. Jeder strecke sich nach seiner Decke.

Der Hauswirth muss bei dem Staatswirth in die Lehre gehen, wie dieser nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung Einnahme und Ausgabe im voraus anschlägt und ein Staatsbudget entwirft, so muss es jener auch; doch mit dem Unterschiede: der Staatsmann muss die Einnahme so hoch stellen als die Ausgabe steht; der Privatmann muss nur so viel ausgeben, als er einnimmt, er muss sich nach der Decke strecken. Er darf aber keineswegs die Staatsmänner zu seinem Vorbild nehmen, die alle Jahre neue Anleihen machen und die schwebenden Schulden in feste verwandeln.


84. Jeder trägt sein Päcklein.

It.: Ognun porta la sua croce. (Gaal, 1261.)


85. Jeder trägt seinen Schalk im Busen.


86. Jeder warte des Seinen und laufe nicht ferne.Franck, I, 39.


87. Jeder warte seines Amtes.


88. Jeder weiss, wo ihn der Schuh drückt.

In Hindostan sagt man: Die Wunde, die der Stiefel verursacht, ist am besten dem Träger oder dessen Fuss bekannt. (Reinsberg III, 44.)

Frz.: Chacun sent mieux où le soulier le blesse. (Bohn I, 12.)


89. Jeder will auf einen besondern Berg.


90. Jeder will den Alt singen.

Den Vorrang gewinnen, der erste sein.


91. Jeder will recht haben.


92. Jeder will sieh wärmen und sollte das Publikum erfrieren.


93. Jeder will über sich, keiner in sich.


94. Jeder zahle seine Zeche.Reinsberg III, 40.


95. Jeder zeugt seinesgleichen.


96. Jeder zieht sich selbst zuerst aus der Patsche.

Böhm.: Každý rád, když sám z bláta vylezec. (Čelakovsky, 57.)


97. Jeder zu seinesgleichen.


98. Lass jeder einen, der er ist, so bleibst du auch wol, der du bist.Lehmann, II, 376, 10.


99. Lôt em Idern, wat hei is, dann bliewest du auk, we du bist. (Waldeck.) – Firmenich, I, 326, 36.


100. Man kann es nicht jedem recht machen.


101. Nemb ein jeder sich selber bey der Nasen. Gruter, III, 72.


102. Nicht jeder, der jagt, hat Weidmanns Glück.


103. Nicht jeder hat es gern, dass man ihm auf dem Kopfe kratzt.


104. Nicht jeder ist auf die Hochzeit geladen. Körte, 3166; Braun, I, 1647.


105. Nit jede, der goht uff's Gäu, bringt drum au Oebbis hei. (Schweiz.) – Hauenstein.


106. Was jeder thun soll, thut keiner.Simrock, 5223; Braun, I, 1639.

Engl.: What is every man's business, is none's.


107. Wenn jeder sich hält, wie er soll, so steht es allenthalben wohl.Körte, 3162 u. 3942.


108. Wenn jeder thut das Seine, so wird zu Grossem das viele Kleine.


109. Wenn jeder thut, so viel er soll, so gehen Ross und Wagen wohl.Gaal, 965.

Frz.: Quand chacun fait son métier, les vaches sont bien gardées. (Lendroy, 824; Gaal, 965.)


110. Wenn jeder vor seiner Thür fegt, so wird's überall rein.Reinsberg IV, 51.


[1011] 111. Wie ein ieder ist, also macht er mist. Franck, II, 13a; Gruter, I, 85.


112. Wie ein jeder ist, also hat er glück.Gruter, I, 85; Schottel, 1125a.


113. Wie ein jeder ist, also verdenkt er einem andern.Schottel, 1124a.


114. Wie jeder ist vnd was er kan, sieht man jm an der Stirnen an.Eyering, III, 564.


[Zusätze und Ergänzungen]

115. Ein jeder hat sein Glas, sein Weib, das ist gesund für Seel und Leib.

Holl.: Het is gesont voor ziel en lijf, elk een sijn glas, en elk sijn wijf. (Cats, 312.)


116. Ein jeder hat sein Kreuz zu tragen.

Engl.: Every man has his cross to bear.

Frz.: Chacun porte sa croix en ce monde.

It.: Ognuno ha la sua croce.

Lat.: Quisque suos patitur manes.

Schwed.: Hwar och enhar sitt kors att drage. (Marin, 16.)


117. Wenn jeder säh' auf sich, so tadelte keiner mich.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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