Podagra

1. Das Podagra und Zipperlein mag nit bei Armuth kehren ein; nur wo man trinket starken Wein, da pflegt es oft ein Gast zu sein.Chaos, 544.

Moscherosch lässt zwei Podagristen (nach dem Lateinischen) folgendes Gebet an die Göttin Podagra richten: »O du diamantringwürdiges, guldenketten-löbliches, viel tausend Tucaten- lötiges, Doctor-Ehrensäckelnährendes liebes Podagra! Du boten-, noten-, knotenmächtiges Heilthum! O du Königin aller Reichthumb liegend-besitzender Menschen! O du knöchelliebende, geleuchübende, betthütende Fürstin! O du hart-stark-krümbendes Farsen-peinendes Fusssohlenbrennendes, zehen-zwickzwackendes, leistretendes, spitzstein-hassendes, Bein- mürbmachendes, kniebrechendes, schuhschnitt- geweitertes, durch Markleuchtendes, Geblüte- geborenes Fräwle (Zipperlein)! Ich bitte dich, hilf u.s.w.« (Chaos, 545; Witzfunken, IVb, 116.)

Lat.: Calceus non liberat a Podagra. (Chaos, 541.) – Frigora, Vina, Venus podagrammant corpora nostra. (Witzfunken, Va, 99.)

2. Fürs Podagra hilft kein Schuh.Eiselein, 514; Simrock, 7956; Braun, I, 3338.


3. Fürs Podagra hilft weder Schuh noch Doctor.

Dr. Theod. Mayenne war nacheinander Leibarzt von vier Königen in England; und worin bestand sein Hauptmittel gegen das Podagra? Aus geraspelten, unbegrabenen Menschenschädeln. (Zeitung für die eleg. Welt, Leipzig 1827, S. 1582.)

Lat.: Non liberat podagra calceus. (Eiselein, 514.)


4. Nun bin ich vorm Podagra sicher, sagte der Soldat, als ihm eine Kanonenkugel beide Beine weggerissen hatte.


5. Wer das Podagra hat und eine schöne Frau am Herzen, der ist nie ohne Schmerzen.

Dennoch haben nicht nur die schönen Frauen ihre Freunde, auch das Podagra hat die seinigen. Montaigne [1365] zählte es nebst dem Gries und dem Rheumatismus zu den Zeichen eines langen Lebens. Sydenham achtete es hoch, weil man es mehr bei Gelehrten als Narren, mehr bei Reichen als Armen, mehr bei kräftigen als schwachen Körpern treffe. Am meisten nahm sich seiner Philander Misaurus an. Er schrieb im Jahre 1699 einen Ehrentempel des Podagra, in dem er behauptet, dass es der grösste Segen der Menschen wäre. Wer es weggeschafft wissen wolle, meine es mit sich selbst schlecht; und wer es zu heilen verspräche, zeige sich als der gemeinste und schädlichste Quacksalber. (Zeitung für die eleg. Welt, Leipzig 1827, S. 694.)


6. Wiltu das Podagram sein ab, so nimm in die Hand den Bettelstab.Coler, 1008b; Henisch, 347, 15.

D.h. mache dir viel Bewegung.


[Zusätze und Ergänzungen]

7. Das Podagra ist nicht besser zu curiren als mit Geduld.Wirth, II, 309.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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