Semmel

1. Breslauer Semmel und schweidnitzer Brot, wer's immer hätte, der litt nicht Noth. (Schles.)

Beide Gebäcke wurden von alters her unter die schlesischen Delicatessen gerechnet. Die breslauer Christsemmeln werden noch heute gerühmt. »In Schlesien selbst«, sagt Fülleborn, »ist Breslau besonders berühmt wegen seiner Semmeln, seiner Rindsbraten und der besondern Zurichtung des Karpfen.« (Bresl. Erzähler, 1800, 276.) Ein polnisches Sprichwort rühmt neben den warschauer Schuhen, posener Mädchen und dem przmysler Bier die Semmeln aus Wiślicy: Krakowski trzewik, poznańska panna, wiślicka źemła, przemyślskie piwo. (Lipiński, 105.)


2. Brich eine Semmel auf, springt ein Jude heraus. (Jüd.-deutsch.)

Ein jüdischer Theologe gab mir den Sinn dieses Sprichworts dahin an: Man werde oft unvermuthet überrascht, besonders beim Genuss unerlaubter Speisen. Es scheint bei den orthodoxen Juden eine strenge gegenseitige Ueberwachung stattzufinden.

3. Gute Semmel schmeckt auch noch nach Ostern.


4. Hamm'r kehne Semmel, do hamm'r doch Brut. (Schles.)


[540] 5. Semmel ohne Butter ist ein Pelz ohne Futter.


6. Wer seine semmel frü auffisset, der muss darnach im alter rockenbrot essen.Henisch, 521, 57; Petri, II, 754; Mathesy, 29b.


7. Wer Semmel backen will, braucht keinen Sauerteig.


*8. Er hat seine Semmel zuerst gegessen.

Sein Gutes schon genossen.


*9. Wie warme Semmeln gehen.

Wenn etwas sehr rasch abgeht, gleich den frischen Semmeln beim Bäcker; wenn sich z.B. die Töchter einer Familie schnell nacheinander verheirathen.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 540-541.
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