Spazieren

1. Mit spazieren gehen verleurt manche Dirn jhr Krentzlein.Petri, II, 480.


2. Wer spazieren geht, dem ist jeder Weg der rechte.


3. Wer spazieren geht, liest kein Reisig auf.

Lat.: In via ne seces ligna. (Philippi, I, 208.)


4. Wer viel spazieren geht, verkürzt seinen Weg zum Grabe.

Daher darf man auch keinen Araber zum Spaziergange auffordern; ist derselbe auch ein guter Fussgänger, so hat er doch gar keinen Begriff von unserm Lustwandeln. Wenn er geht, so hat er lediglich irgendein Geschäft, ein bestimmtes Ziel im Auge. Seine Mässigkeit, sein Leben im Freien machen ihm alle Körperbewegung der Gesundheit wegen überflüssig. Sein Hauptgenuss besteht in der Ruhe, im Stillsitzen; und sieht er auf den öffentlichen Plätzen Algiers oder Kairos die Europäer ab- und niederwandeln, so pflegt er auszurufen: »Seht nur, seht, die Christen werden toll.« (Europa, Leipzig 1870, S. 1596.)


*5. Spazieren gehen können nur Stadtleute. (Kamnitz.)

In der That kennen die Dorfleute bei uns das Spazierengehen im Sinne der Städter gar nicht, gebrauchen auch für ihre Ausgänge dies Wort nicht. In Italien empfiehlt man zur Pflege der Gesundheit früh einen Spaziergang und abends ein Bad: La mattina al monte, e la sera al fonte. (Cahier, 2981.)


[Zusätze und Ergänzungen]

6. Wer täglich wil spazirn im Mayen, der kompt endlich an Spittel-Reyhen.Dietrich, I, 193.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1738.
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