Hamann

[317] Hamann (Joh. Georg), der Magus aus Norden, wie er sich selbst auf dem Titel einiger seiner Schriften nannte, war ein tiefsinniger Schriftsteller, der im Laufe seines Lebens, nicht ganz ohne eigne Schuld, sehr wenig vom Glück begünstigt wurde und daher in widrigen Verhältnissen die schönste Kraft seines Geistes unbenutzt liegen lassen mußte. Er war 1730 zu Königsberg in Preußen geboren. Sein Vater war ein wohlhabender Bader, der wünschte, sein Sohn möge sich der Theologie widmen. Dieser glaubte aber zur Theologie nicht befähigt zu sein und beschäftigte sich mit freien Studien, wie sie seinem regen Geiste zusagten. Nach Beendigung der. Universitätsjahre hielt sich H. in verschiedenen Familien als Hauslehrer auf, lebte auch abwechselnd bei Freunden und beschäftigte sich mit politischen und Handlungswissenschaften. In Angelegenheiten eines Handelshauses zu Riga ging er 1756 nach England, machte schlechte Geschäfte und stürzte sich aus Mismuth in Zerstreuungen und Ausschweifungen, aus denen ihn nur das Lesen der Bibel rettete. Ein tiefreligiöser Geist kam nun über ihn, der ihn durch sein ganzes Leben begleitete und der sich in seinen Schriften aussprach, welche in abgerissener, oft dunkler Sprache tiefe Gedankenblitze bergen. Aber noch längere Zeit mußte H. sein unstätes Leben fortführen, bis seine Stellung einigermaßen Sicherheit erlangte, indem ihm 1767 ein kleiner Posten bei der Accisedirection zu Königsberg und 1777 die Stelle eines Packhofverwalters übertragen wurde. Freundlicher wurde ihm das Geschick, als ihm ein edler Unbekannter 1784 ein ansehnliches Capital vermachte, das ihn in Stand setzte, seine Stelle 1787 aufzugeben und eine Reise nach Deutschland zu unternehmen, auf welcher er 1788 zu Münster starb. Seine Schriften wurden lange verkannt und [317] erst nachdem die ausgezeichnetsten deutschen Schriftsteller wiederholt auf sie aufmerksam gemacht hatten, durch eine 1825 vollendete Ausgabe der Vergessenheit wieder entrissen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 317-318.
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