Scharnhorst

[61] Scharnhorst (Gebhard David von), preuß. General, welcher sich um das Kriegswesen überhaupt, vorzüglich aber um die preuß. Militaireinrichtung große Verdienste erworben hat, war der Sohn eines Pachters bürgerlichen Standes. Er wurde zu Hämelsee im Hanöverschen 1756 geboren, erhielt, da sein Vater während eines langwierigen Processes seines Vermögens beraubt war, eine nur ärmliche Erziehung, bildete aber schon frühzeitig den Wunsch in sich aus, Soldat zu werden. Nachdem sein Vater seinen Proceß gewonnen hatte und in Folge dessen in Besitz des adeligen Gutes Bordenau gekommen war, wurde der junge S. von dem Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe-Bückeburg in die Kriegsschule aufgenommen, welche derselbe zu Steinhude eingerichtet hatte. Nachdem sein Gönner 1777 gestorben war, erhielt S. durch den hanov. General Estorf eine Fähnrichsstelle in dessen Regimente, mit dem Auftrage, den Offizieren und Unteroffizieren Unterricht zu ertheilen. Hierauf wurde er 1780 Artillerielieutenant zu Hanover und Lehrer an der Kriegsschule, 1792 Stabshauptmann und erhielt 1793 eine Compagnie reitender Artillerie. Er gab mehre Schriften über Kriegswissenschaften heraus, welche ihm ein großes Ansehen verschafften, und der Revolutionskrieg gab ihm endlich Gelegenheit, sich als praktischer Krieger gleichfalls auszuzeichnen. S. wurde bald zum Major im Generalstabe und nicht lange darauf zum Oberstlieutenant ernannt. Endlich wurde er durch den Herzog von Braunschweig dem Könige von Preußen empfohlen und dieser nahm ihn als Oberstlieutenant in seine Dienste. Nachdem er 1801 als dritter Quartiermeister-Lieutenant in den Generalstab versetzt und nach Berlin gekommen war, hielt er hier Vorlesungen für Offiziere. Er wurde 1804 Oberst und in den Adelstand erhoben und befand sich 1806 als zweiter Generalquartiermeister bei dem preuß. Hauptheere, wurde bei Auerstädt verwundet und mußte sich nachher mit Blücher dem Feinde übergeben. Nach seiner Auswechselung nahm er noch Theil an der Schlacht bei Eylau und nach dem Frieden zu Tilsit wurde er Generalmajor und Präsident der Commission zur neuen Einrichtung des preuß. Heers. S. war es, welcher zuerst den Gedanken an eine allgemeine Landesbewaffnung faßte und denselben in der preuß. Landwehr verwirklichte, indem er seinen Schüler und Freund Clausewitz mit Ausarbeitung der Organisation derselben beauftragte. Nachdem unter seiner Leitung die Bewaffnung Preußens vor sich gegangen war, trat er 1813 als Chef des Generalstabes mit dem Blücher'schen Heere in Sachsen auf und wurde in der Schlacht bei Lützen durch eine Kartätschenkugel am Fuße verwundet. Anstatt sich Ruhe zu gönnen, ging er im Auftrage des Königs von Preußen nach Prag und verschlimmerte dadurch seinen Zustand so, daß er am 28. Jun. 1813 starb. Auf dem Königsplatze in Berlin ist seine Bildsäule errichtet worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 61.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: