[512] Ulm, die ehemalige freie Reichsstadt mit 12,000 Einw., liegt im Königreiche Würtemberg dicht an der bair. Grenze in einer fruchtbaren Ebene am linken Ufer der Donau, welche hier schon gegen 100 Schritte breit und 12 Fuß tief ist, unterhalb der Stadt schiffbar wird und Güterschiffe von 500 Ctr. trägt.
Sie nimmt hier die Flüsse Blau und Iller auf und eine steinerne, 1829 erbaute Brücke führt zu dem U. gegenüberliegenden bair. Orte Neu-Ulm. Als Kreishauptstadt ist U. der Sitz der obersten Kreisbehörden, hat aber außerordentlich gegen seinen frühern, sprüchwörtlich gewordenen Wohlstand verloren, zu dem es im 15. Jahrh. besonders durch ausgebreiteten Handel und mehre andere einträgliche Erwerbsquellen gelangt war, damals aber auch gegen 40,000 Einw. zahlte. Es ist jedoch immer noch der Sitz einer ansehnlichen Leinwandfabrikation, wenngleich die Leinwandbleichen vor seinen Thoren nicht mehr so zahlreich sind, daß sie die Stadt mitten im Sommer gleich einem Schneefelde umgeben, wie ältere Reisende behauptet haben. Außerdem wird hauptsächlich die Fabrikation von Rauch- und Schnupftaback, von Graupen, hölzernen (Maser-) Pfeifenköpfen, sowie Schiffahrt und Schiffbau betrieben, indem die des Jahres von U. nach Wien mit Gütern und Reisenden abgehenden, ungefähr 50 Kähne, welche Plätten und Schwaben heißen, stets in Wien auseinander genommen und als Nutzholz verkauft werden. Auch mit dem hier gebauten vortrefflichen Gemüse und mit Schnecken wird einträglicher Handel getrieben. Gebaut ist U. alterthümlich und unregelmäßig; sein ausgezeichnetstes Gebäude ist der 416 F. lange und 466 F. breite, 152 F. hohe Dom oder Münster, welcher zu den wichtigsten Denkmalen altdeutscher Baukunst gehört und eine der größten, sowie vermuthlich die höchste Kirche in Deutschland ist. Der Grundstein wurde zu Ende Jun. 1377 gelegt und binnen 130 Jahren blos auf Kosten der Stadt der Bau bis zu seiner jetzigen Vollendung fortgeführt, die namentlich dem bis zur Galerie nur 237 F., bis zur Dachspitze 337 F. hohen Thurme abgeht, welcher höher als alle andere werden sollte. Schöne Glasmalereien und eine sehr große Orgel gehören zu den Merkwürdigkeiten des Doms, neben welchem noch das ehemalige Deutschordenshaus, das Rathhaus mit einer künstlichen Uhr, das Zeughaus mit seiner Waffensammlung, und das Theater anzuführen sind. In sehr früher Zeit schon lag ein Ort (Alcimonum) an der Stelle von U., das 883 bereits von Karl dem Dicken seine städtischen Privilegien bestätigt erhielt, seit Anfang des 14. Jahrh. stärker als es bis dahin der Fall gewesen war, befestigt wurde und unter den schwäb. Reichsstädten das größte Ansehen erlangte. Im 15. Jahrh. war es so mächtig, daß es von den Grafen von Werdenberg die Grafschaft Albeck einlösen, die Stadt und Schloß Leipheim und mehre holffersteinsche Güter erwerben konnte. Auch im schwäb. Bunde war U. eines der vorzüglichsten Mitglieder und nahm sich zur Zeit der Reformation derselben entschieden an, mußte sich aber Karl V. 1546 unterwerfen, der ihm eine Contribution von 100,000 Thlrn. und 12 Kanonen auflegte. Im J. 1552 wurde es aber vom Markgrafen von Baden vergeblich belagert. Noch im 17. und 18. Jahrh. wurden die Festungswerke verstärkt (von denen jetzt nur wenige Überreste vorhanden sind) und die Stadt während des span. Erbfolgekriegs 1702 von den Baiern durch Überrumpelung, 1704 von den Östreichern eingenommen. Durch den Reichsdeputationsreceß von 1803 hörte auch U. auf, freie Reichsstadt zu sein und kam zunächst an Baiern, ward im Kriege von 1805 von den Östreichern besetzt, aber ohne Gegenwehr vom General Mack (s.d.) an die Franzosen übergeben, kam in Folge des Friedens von Presburg an Würtemberg und soll jetzt zu einer deutschen Bundesfestung gemacht werden.