Ziethen

Ziethen

[800] Ziethen (Hans Joachim von), der aus dem siebenjährigen Kriege berühmte preuß. Cavaleriegeneral, war 1699 auf dem älterlichen Gute zu Wustrau in der Grafschaft Ruppin, sieben M. von Berlin, geboren.

Aus Neigung nahm er im 14. Jahre als Junker Dienste im Infanterieregimente von Schwendy, in welchem er es aber nur zum Fähnrich brachte und endlich wegen ungerechter Zurücksetzung, an der auch seine kleine Figur mit Schuld hatte, den Abschied nahm und auf seinem väterlichen Gute lebte, bis ihn seine Vorliebe für den Soldatenstand bewog, 1726 als Premierlieutenant beim Dragonerregimente von Wuthenow wieder in den Dienst zu treten. Die Feindschaft eines unwürdigen Obergesetzten zog ihm aber bald sehr unangenehme Händel und einjährigen Festungsarrest zu, nach dessen Ablauf er in das frühere unglückliche Verhältniß zu demselben Vorgesetzten zurückkehrte. Dieser ließ sich jetzt von seinem Hasse gegen Z., dem er früher die für eine Beleidigung gefoderte Genugthuung verweigert und deshalb von andern Offizieren zu leiden hatte, so weit. hinreißen, Z. eines Tags unvorbereitet auf offener Straße mit gezogenem Degen anzufallen, sodaß Z. sich seiner mühsam erwehren und als seine Klinge zersprungen war, nur mittels eines Baumpfahls sich noch vertheidigen konnte, bis ein dazu kommender Offizier dem Streite Einhalt that und Beide verhaftete. In Folge parteiischer Berichte wurde Z. jetzt cassirt, während der Schuldige nur dreimonatlichen Festungsarrest bekam. Auf sein Landgut zurückgekehrt, lehnte er die dennoch ihm gemachten Anträge zum Dienste in fremden Heeren ab und den beharrlichen Bemühungen einiger angesehener Gönner glückte es endlich, ihn 1730 als Lieutenant bei den neuerrichteten Leibhusaren in Berlin wieder anzubringen, die als Stamm des später so berühmt gewordenen Ziethen'schen Husarenregiments gelten können. Im J. 1731 wurde Z. Rittmeister und machte 1736 mit einer Abtheilung preuß. Husaren unter östreich. Oberbefehl einen ersten Feldzug gegen Frankreich mit, während dessen er Major wurde. Im zweiten schles. Kriege stieg Z. bis zum Obersten und Chef des nunmehr gebildeten Husarenregiments und drang bis in die Nähe von Wien vor. Im zweiten schles. Kriege ward Z. zum Generalmajor befördert, ward aber in den Jahren vor Ausbruch des siebenjährigen Krieges wieder um die Gunst des Königs gebracht und schmerzlich zurückgesetzt, sodaß er kurz vor dem Beginn des Krieges sich krank meldete und den Abschied zu nehmen vorhatte. Das aber rief dem Könige alle frühern Dienste Z.'s ins Gedächtniß zurück und [800] um ihm zuvorzukommen, machte er ihm selbst einen Besuch, wodurch aller Groll beseitigt wurde. Z. nahm an den meisten Schlachten des siebenjährigen Krieges Theil, trug zur Entscheidung der bei Prag, bei Leuthen, bei Torgau bei, verrichtete eine Menge der glänzendsten Waffenthaten und ward neben andern Auszeichnungen zum General der Cavalerie befördert. In seinem 65. Jahre noch verheirathete er sich nach hergestelltem Frieden zum zweiten Male und es ward ihm 1765 an die Stelle des verlorenen ein anderer Sohn geboren, welchen der König aus der Taufe hob und in der Wiege zum Cornet ernannte. Den greifen Feldherrn selber zeichnete er fortwährend durch Aufmerksamkeiten aus und mußte ihn beinahe mit Gewalt abhalten, noch am bair. Erbfolgekriege persönlichen Antheil zu nehmen. Im Besitze des ganzen königl. Vertrauens und eines makellosen Ruhmes starb er 1786 zu Berlin, wo ihm Friedrich Wilhelm II. auf dem Wilhelmsplatze 1794 eine von Schadow gearbeitete Bildsäule errichten ließ, welche die auf einer Löwenhaut angebrachte Inschrift am Fußgestelle trägt: »Hans Joach. von Ziethen, General der Cavalerie, diente von 1714–86 Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II., ihm errichtet von Friedrich Wilhelm II.« Z. hieß beim gemeinen Mann häufig »der alte Husarenkönig«, war klein und hager von Person, hatte blaue Augen und trug im höchsten Alter noch vom Morgen bis Abend die sauberste Uniform seines Regiments. Eine Biographie Z.'s hat Luise Jos. Leop. von Blumenhagen (Berl. 1800) herausgegeben. Sein Sohn wurde Husarenrittmeister und später Landrath des ruppiner Kreises, als welcher er zu Wustrau lebte. – Ein Vetter des Vorigen, Hans Ernst Karl Graf v. Z., geb. 1770, hat sich während des deutschen Befreiungskrieges ausgezeichnet, befehligte 1813 als Generalmajor eine Brigade des zweiten preuß. Armeecorps unter Kleist und wurde 1815 Generallieutenant und Chef des ersten preuß. Armeecorps. Mit diesem focht er bei Ligny und bei Waterloo, erhielt nach dem zweiten pariser Frieden den Oberbefehl der in Frankreich zurückbleibenden preuß. Truppen, wurde 1817 in den Grafenstand erhoben, war seit 1818 commandirender General in Breslau und wurde 1839 unter Ernennung zum Generalfeldmarschall pensionnirt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 800-801.
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