Kratzer [1]

[681] Kratzer (Schlepper, Schleppketten, Seilförderer, Schleppfeile) sind Fördervorrichtungen mit einfach (Fig. 1 und 2) oder doppelt (Fig. 3) angeordneten Zugorganen (Ketten, Seilen) oder Druckelementen (Stangen, Röhren) (Fig. 4 und 5), an denen in bestimmten Abständen Rundeisen (Fig. 6 und 7), Haken (Fig. 8), Rechen (Fig. 1) oder volle Kratzer aus Metall [Schaufeln] (Fig. 3) oder Holz (Fig. 9) befestigt sind, die das Gut in einem Rinnentroge vor sich herschieben. Durch Schienen unterstützte Führungslappen oder Rollen tragen die Förderer. Aufgabe wie Ablaß des Gutes an beliebiger Stelle, auch an mehreren gleichzeitig (Fig. 1). Betrieb einfach, sicher und billig, saß ohne Bedienung; in Gasfabriken (s.d.) und Kesselhäusern (s.d. und [1]) sowie auf Hüttenwerken (s.d.) ist damit eine selbsttätige Behälterfüllung (s. Hochbehälter und Konveyor) leicht erzielbar; vgl. a. Elevator, Förderrinne (Fig. 6 und 7) [Schubrinne], Gurtförderer (Stahltransportbänder), Haufenlager (Fig. 3), Kettenbahnen (Fig. 6 und 7), Massentransport und [2].

Bezeichnet (nach Fredenhagen-Offenbach) Q die Fördermenge in Kubikmeter/Stunden (bis 100), J den Inhalt der vor den Kratzern liegenden Fördergutmenge in Kubikmetern (bis 0,02), a den Abstand der Kratzer in Metern (bis 0,6) (nach Zimmer [2] [681] a = 0,46–0,92 m), v die Geschwindigkeit in Meter/Sekunden (0,2–0,6), e den Füllungsgrad (er schwankt je nach der Art des Gutes und Geschwindigkeit des Fördermittels zwischen 40 und 80% des theoretischen Kratzerzwischenraumes), so ist

a Q = J v e.

Ist N die Gesamtarbeit in Pferdestärken, N0 die Leerlaufarbeit in Pferdestärken, l die Förderlänge in Metern, Q die Fördermenge in Liter/Sekunden, so ist

N = N0 + 0,02 l Q.

Nach Zimmer [2]: v = 0,3–0,9 m/sec (die kleineren Werte gelten für Koks, die größeren für Gut, welches durch Bruch nicht erheblich entwertet wird). – Beispiele:


Kratzer [1]

Arbeitsaufwand. Bei 30 m Länge und einer Leistung von 50 t/Stunden Kohle ~12 PS. Vgl. a. [3]; über Anlage- und Instandhaltungskosten s. [4].

1 Kratzer von Gebr. Commichau, Magdeburg (Fig. 13) [5], s. oben.

2. Kratzer von Eitle, Stuttgart (Fig. 10 bis 12) [6]; Trog aus zwei Kratzer [1]-Eisen mit untergenietetem Bodenblech. Der (untere) arbeitende Strang schleift mittels besonderer[682] Gleitstücke auf angeschraubten Hartholzleisten; rücklaufendes Trum von Kettenrädern getragen. Bei besseren Ausführungen auch unten kleine Laufrollen (Fig. 12).

3. Ketten von Schmidt, Würzen i. S., Rundeisenglieder wechseln ab mit flacheisernen, an denen Kratzer befestigt sind [7].

4. Link-Belt- und Dodge-Ketten (Monobar-Kratzer) (W. Fredenhagen, Offenbach a.M.) (Fig. 1315) [8]; vgl. a. Haufenlager, Fig. 3.

5. Kokskratzerrinnen von de Brouwer (Berlin-Anhaltische Maschinenbau-Aktiengesellschaft) (Fig. 6 und 7) [9]. Statt Kratzerblechen runde oder achtkantige Stäbe; bei v = 0,25 m/sec und 300–500 hl/Stunden Koks 1–1,5 PS. für je 10 m Länge. Kühlen des heißen Kokses.

6. Koksrinnen von Merz (Bautag) (Fig. 16 und 17) [10]. Trog Gußeißen, Teile 1,4 m lang und verschraubt. Wenn nach beiden Seiten gefördert werden soll, erhalten die Rechen keine Krümmung. Arbeitsaufwand für rund 60 m 3 PS.

7. Bautag-Marshall-Rinnen. Der Koks wird bis zur Abwurfstelle in einer gegliederten Korbrostrinne getragen (Tragrollen drehen sich nur, bewegen sich aber nicht fortschreitend) [11].

8. Drahtseilförderer der Jeffrey Manufacturing Co., Columbus (Ohio) (Fig. 1820) [12]. Weil statt Kette ein Seil, so keine zu schmierenden Gelenke, kein plötzlicher Bruch und billig. Kreisrunde Scheiben mittels Muffen auf Seil festgeklemmt. In der Wagerechten wie im Gefälle verlegt; besonders verwendet zur Beförderung von Holzkloben, Rüben [13], Schnitzeln, Spänen, Heu u. dergl., und auch von breiigem Gut; v rund 0,5–0,6 m sec.

9. Schubkratzer von Heyl & Patterson, Pittsburgh (Fig. 4 und 5), s. oben und [14]. – Ueber Kratzerschaufeln oder Schaufelkratzer (mechanische Schaufeln) vgl. [15] und Kübel.


Literatur: [1] Buhle, Technische Hilfsmittel zur Beförderung und Lagerung von Sammelkörpern (Massengütern) – im folgenden mit »T.H.« bezeichnet –, 1. Teil, Berlin 1901, S. 67 (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1900, S. 118 ff.). – [2] Ders., ebend., 3. Teil, S. 320, und »Hütte«, 19. Aufl., 1. Teil, S. 1251 ff.; ferner Weltmann, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1894, S. 489 ff., v. Hanffstengel, Dingl. Polyt. Journ. 1902, S. 600 ff., und Zimmer, Excerpt Minutes of Proc. Inst. Civ. Eng. 190203. – [3] Ders., Mechanical handling of material, London 1905, S. 45 ff. u. 53 ff. – [4] Buhle, T.H., 3. Teil, S. 266 (»Stahl und Eisen« 1906, S. 791). – [5] Ders., ebend., 2. Teil, S. 14 ff. – [6] v. Hanffstengel, s. [2]. – [7] Ders., Dingl. Polyt. Journ. 1902, S. 602. – [8] Westmann, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1893, S. 1297 ff.; Buhle, ebend. 1899, S. 1385 ff. (T.H., 1. Teil, S. 50 ff.). – [9] Ders., ebend., 1. Teil, S. 103 ff. (Schillings Journ. f. G. u. W. 1901, S. 426 ff.). – [10] Ebend., 1902, S. 377 ff. – [11] Buhle, T.H., 3. Teil, S. 70 ff. (Gewerbfleiß 1904, S. 284). – [12] Ders., ebend., 1. Teil, S. 47 ff. (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1899, S. 1359 ff.) – [13] Ders., ebend., S. Teil, S. 228. – [14] Ders., ebend., S. 11 (Deutsche Bauztg. 1904, S. 546). – [15] Ders., ebend., S. 77 ff., und 2. Teil, S. 115 und 151 (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingen. 1904, S. 223); ferner Zimmer (s. [3], S. 372 ff.) und v. Hanffstengel, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1906, S. 1627.

M. Buhle.

Fig. 1 und 2.
Fig. 1 und 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4 und 5., Fig. 6 und 7., Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10–12., Fig. 13., Fig. 14 und 15., Fig. 16 und 17., Fig. 18–20.
Fig. 4 und 5., Fig. 6 und 7., Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10–12., Fig. 13., Fig. 14 und 15., Fig. 16 und 17., Fig. 18–20.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 681-683.
Lizenz:
Faksimiles:
681 | 682 | 683
Kategorien:

Buchempfehlung

Holz, Arno

Papa Hamlet

Papa Hamlet

1889 erscheint unter dem Pseudonym Bjarne F. Holmsen diese erste gemeinsame Arbeit der beiden Freunde Arno Holz und Johannes Schlaf, die 1888 gemeinsame Wohnung bezogen hatten. Der Titelerzählung sind die kürzeren Texte »Der erste Schultag«, der den Schrecken eines Schulanfängers vor seinem gewalttätigen Lehrer beschreibt, und »Ein Tod«, der die letze Nacht eines Duellanten schildert, vorangestellt. »Papa Hamlet«, die mit Abstand wirkungsmächtigste Erzählung, beschreibt das Schiksal eines tobsüchtigen Schmierenschauspielers, der sein Kind tötet während er volltrunken in Hamletzitaten seine Jämmerlichkeit beklagt. Die Erzählung gilt als bahnbrechendes Paradebeispiel naturalistischer Dichtung.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon