Gurtförderer [1]

[682] Gurtförderer (Fördergurt, Förderband, Transportband, Bandtransporteur oder Traineur), ein endloses wagerecht oder wenig geneigt (bis zu 27°) über liegende Rollen gespanntes und von diesen getragenes Band (aus Gummi mit Hanfgewebeeinlage, Ballata oder Baumwolle). S.a. Massentransport und [1].

Baumwollgurte mit Deckschicht aus widerstandsfähigem Gummimantel (Fig. 1) zum Schutz gegen Feuchtigkeit und Abnutzung wurden zuerst von der Robins Conveying Co. in New York angewendet. Gurte der Continental-Kautschuk- und Guttapercha-Co., Hannover, besitzen eine Zugfestigkeit von 500 kg/qcm. Die Gurte werden unter einem Druck von 250 Atmosphären gepreßt und auseinander gezogen, um späteres Dehnen zu verhüten. Baumwolle, gegen Feuchtigkeit mit Ballata getränkt, ist sehr widerstandsfähig und etwas billiger. Einfache Baumwolle- und Hanfgurte sind sehr hygroskopisch. Gurte aus eisernen Gliederstücken (Stahldrahtgurte u.s.w.) von 0,2–1,5 m Breite fertigen A.W. Kaniß, Würzen i. S. (Drahtgeflechte auch für Kohlenwäschen) und G. Pickhardt, Bonn (Stahlschnurrosttransporteur). Die Laufrollen sind aus Holz oder häufiger aus Eisen (meist leichte schmiedeeiserne oder stählerne Rollen mit eingesetzten Endzapfen) und haben bei dem Tragicum je nach der Schwere und der Breite des Gurtes einen Abstand von 2–4 (5) m (Getreide) bezw. 1,2 bis 1,8 m (Kohle), bei dem Leertrum 4–6 m bezw. 2,4–3,6 m; Durchmesser 80–120 mm. Die Leitrollen haben bei starker Ablenkung am Ende und an den Abwurfstellen 300–500 mm, bei schwächerer Biegung auch wohl nur 150–200 mm Durchmesser.

Das Fördergut wird durch einen Trichter aufgeschüttet – zur Erzielung geringsten Verschleißes muß an den Aufgabestellen dem Gut annähernd dieselbe Richtung und Geschwindigkeit gegeben werden wie dem Bande (fahrbare Aufwurfwagen [2]) – und fällt von dem Band in eine Abwurfrinne oder kann durch Einfügen einer besonderen Vorrichtung (eines festen Abwerfers oder fahrbaren Abwurfwagens) oder eines Abstreichers an beliebiger Stelle abgeworfen werden. In diesen Abwurfvorrichtungen (Fig. 24) wird das Band auf zwei übereinander liegende Rollen geführt, so daß es eine kurze S-förmige Biegung machen muß, während das Fördergut infolge seines Beharrungsvermögens in derselben Richtung weiter fliegt und in seitlich ausmündenden [682] Rinnen abfließt. Um zu verhindern, daß körniges Gut seitlich abfällt, werden in bestimmten Abständen schrägstehende Rollen verwendet, die den Gurt muldenförmig mehr oder weniger aufbiegen (Fig. 5). [3].

Die Gurtförderer erhalten ihren Antrieb durch eine Riemenscheibe am bellen von der Seite her, nach der gefördert wird (d.h. tragendes Trum gezogen). Die Antriebtrommel besteht aus Gußeisen (auch wohl mit Holzbelag); die Endstation ist vielfach zugleich Spannvorrichtung (mittels Schraube oder Gewicht).

Nach Baumgartner [4] sind bei 4 m Rollenabstand am Tragtrum (für Getreide)


Gurtförderer [1]

Wenn die Rollen enger stehen, kann die Gewichtsanspannung in demselben Verhältnis geringer sein, doch empfiehlt es sich, die Gewichte nach Bedarf vergrößerbar (Blei- oder Eisenplatten) einzurichten.

Bei größeren Entfernungen sind Gurtförderer den Schnecken (s.d.) vorzuziehen wegen des wesentlich kleineren Arbeitsaufwandes (für wagerechte Gurte bei rund 30 m Länge und 50 Tonnenstunden Leistung bei Korn 4,80 PS., bei Kohle u.s.w. 5,00 PS. [Schnecke 18,38 PS.]). Die tragenden Förderteile sind vom eigentlichen Laufwerk vollständig getrennt. Das Gut liegt ruhig; alle vorkommende Reibungen sind rollende. Innige Berührung des Förderstoffes mit der Luft. Das Band reinigt sich selbst (für klebriges Gut Bürste am Abwurfende), und der Betrieb ist nahezu geräuschlos. Aufgabe und Abwurf an beliebigen, auch an mehreren Stellen zugleich. Fig. 612 [5] zeigen die gebräuchlichsten Anordnungen. Einen fahrbaren Gurtförderer zeigt Fig. 13 [6].


Gurtförderer [1]

Nach Amme, Giesecke und Konegen, Braunschweig [7] und [8], ist die Leistungsfähigkeit eines flach arbeitenden Transportbandes bei gut gesichertem Betriebe, wenn bedeutet: M die Förderung in Kubikmeterstunden, T die Fördermenge in Tonnenstunden, B die Bandbreite in Metern, v die Bandgeschwindigkeit in Metersekunden (v = 2–4 für Getreide), y das spezifische Gewicht, bezogen auf Wasser (für schwere Frucht γ ~ 0,75, für leichte Frucht γ ~ 0,6), M = 200(0,9 B – 0,05)2v oder T = 200 (0,9 B – 0,05)2v γ.[683]

Der Arbeitsbedarf ist abhängig von der Konstruktion der Rollen, der Lager, der Antriebe sowie des Bandes selbst, ferner von der Art der Bandführung, der tatsächlichen Förderhöhe und Förderlänge sowie von der Fördermenge. Bei guter Bauart und Ausführung ergibt sich bei den üblichen Gummi- oder Hanfbändern mittlerer Stärke und mittleren Gewichts der tatsächliche Arbeitsverbrauch erfahrungsgemäß zu:


Gurtförderer [1]

wobei unter Hinweis auf die obigen Bezeichnungen bedeutet: A den Arbeitsbedarf in Pferdestärken, h die tatsächliche Förderhöhe, l1 die tatsächliche Förderlänge, l die Gesamtlänge von Endrolle zu Endrolle in Metern und x die Anzahl der Ablenkrollen des Bandes ohne Antriebrolle.

Gurtförderer für Getreide (Weizen und Roggen) nach Kapler, Berlin.


Gurtförderer [1]

Für Gerste gilt das 0,8 fache, für Hafer das 0,6 fache.

Gurtförderer für leichte Massengüter (Getreide u.s.w) nach Zimmer.


Gurtförderer [1]

Gurtförderer für schwere Massengüter (Kohle u.s.w) nach Robins.


Gurtförderer [1]

Nach Amme, Giesecke und Konegen, Braunschweig, gilt ferner für Sack- und Ballentransporteure [8] und Steigbänder [9]: Breite der Bänder je nach Höhe der Säcke 550–650 mm, bei Ballen 700–1000 mm; Geschwindigkeit des Bandes 0,5–1,5 m/sec. Bedeutet v die Geschwindigkeit in Metersekunden, a den Abstand der einzelnen Säcke auf dem Bande, so ergibt sich die Stückzahl der stündlich beförderten Säcke zu S = 3600v/a. Bedeutet ferner h die tatsächliche Förderhöhe, l die tatsächliche Förderlänge in Metern, q das Gewicht des einzelnen Sackes in Kilogramm, so beträgt erfahrungsgemäß der Arbeitsbedarf in Pferdestärken bei gut konstruierten Transporteuren etwa A = qv/75a (fl + h), wobei f = 0,08–0,15, je nach der Güte der Ausführung, ist.

Für harte, grobstückige Massengüter [10] und große Mengen (gewisse Lesebänder) kommen statt der Gummi- oder Hanfgurte zweckmäßig Stahltransportbänder [11] oder Pfannen- bezw. Plattentransporteure zur Verwendung, bei denen eine Anzahl Platten zu einer endlosen Kette vereinigt sind. Abwurf bei wagerechten oder bis zu 15° gegen die Wagerechte geneigten Bändern am Endumführungsrade (z.B. Kettenrostfeuerung von Babcock & Wilcox [12]) oder durch fahrbare Abstreicher, bei schrägen Transportbändern (15–45° [60°]) nur bei Endumführung wegen der besonderen Tragplattenform (Rücken- und Seitenplatten winkelrecht zu den Tragplatten), die ein Rutschen des Gutes verhindert. Der sich aus der Ueberwindung der Reibungswiderstände (rund 1/30 des Gewichtes des bewegten Bandes einschließlich der darauf befindlichen Fördermenge) und der Arbeit für das Heben des Gutes zusammensetzende Arbeitsaufwand ist klein, da an den Gelenkbolzen der Kettenglieder Hartgußrollen mit Dauerschmierung (Schwämme in der hohlen Nabe) sitzen, die auf den Voll- und Leerseiten auf Stahlschienen laufen. Die Anlagekosten sind etwas größer als bei Gurtförderern, aber auch die Dauer ist größer. Diese Bänder können auch in einem Teil wagerecht, im andern geneigt geführt werden (Gurtförderer [1]-Form) [13]; beim Richtungswechsel Druckschienen. Breite des Bandes 0,75–1 m, Geschwindigkeit 0,25 bis 0,4 m, stündliche Leistung bis 150 t Kohle. Betrieb rauh (Aufbereitungsanlagen, Schlacken- und Aschentransport); Antrieb kräftig und reichlich zu bemessen. Rechnerisch läßt sich die Beanspruchung der Ketten selten genau bestimmen (Stauungen, Klemmungen u.s.w.).

Ein guter Transport erfolgt namentlich für langgestreckte SammelkörperSchienen, Träger u.s.w. in den Walzwerken, Stämme u. dergl. in den Sägemühlen (Bolinder [14], Skandinavien, und Allis, Milwaukee) – auch durch Antrieb der Unterstützungsrollen, die das Gut vorwärtswälzen (Rollentransporteur von Pohlig [15]); vgl. a. Stufenbahn und [16].


Literatur: [1] Buhle, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1899, S. 87 ff. und S. 1389 ff. bezw. Technische Hilfsmittel zur Beförderung und Lagerung von Sammelkörpern, Berlin 1901, 1. Teil, S. 16, 54, 72, 102 und 106 ff., Berlin 1904, 2. Teil, S. 13 ff.; Ders., Glasers Annalen 1898, II, S. 48, bezw. Transport- und Lagerungseinrichtungen für Getreide und Kohle, Berlin 1899, S. 51, sowie Taf. II, IV und IX; Ders., »Hütte«, 19. Aufl., 1. Teil, Berlin 1905, S. 1245 ff. – [2] Buhle, Techn. Hilfsmittel u.s.w., Berlin 1906, 3. Teil, S. 125 ff. – [3] Ders., »Stahl und Eisen« 1904, S. 246 ff., bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., Berlin 1906, 3. Teil, S. 107 ff. (Ridgeway); Eng. News 1904, S. 578 (Doppelgurt); Elektr. Bahnen und Betriebe 1904, S. 142 (Link-Belt-Flachtrogförderer).[684] – [4] Baumgartner, Handbuch des Mühlenbaues und der Müllerei, Berlin 1902, Bd. 1, 2. Teil, S. 784 ff. – [5] Buhle, Zentralbl. d. Bauverw. 1900, S. 358 ff. und 1902, S. 245 ff. bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., 1. Teil, S. 96 ff. und 2. Teil, S. 35 ff. – [6] Buhle, Deutsche Bauztg. 1904, S. 547, bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., Berlin 1906, 3. Teil, S. 10 und Glasers Annalen 1903, II, S. 219 ff., bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., 2. Teil, S. 61 ff. – [7] Fischer, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1891, S. 1014 ff. – [8] Buhle, ebend. 1899, S. 88 ff.; 1906, S. 6 ff. – [9] Ebend. 1893, S. 1352 ff.; 1901, S. 1349 ff.; 1903, S. 1425 (Menschenbeförderung). – [10] Ebend. 1901, S. 1293 und 1906, S. 21 ff. (Techn. Hilfsmittel, 3. Teil, S. 155 ff.); ferner Zentralbl. d. Bauverw. 1903, S. 131 ff. sowie Elektr. Bahnen u. Betriebe 1906, S. 6 ff. (Gepäck auf Bahnhöfen, Landungsstegen u.s.w.). – [11] Buhle, Glasers Annalen 1898, II, S. 70 bezw. Ders., Transport- und Lagerungseinrichtungen für Getreide und Kohle, Berlin 1899, S. 57; Ders., Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1902, S. 1470 ff., bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., 2. Teil, S. 48 ff.; ferner Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1904, S. 1406 und Dingl. Polyt. Journ. 1905, S. 693 ff. – [12] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1904, S. 1523, bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., 3. Teil, S. 162 ff. – [13]Buhle, »Stahl und Eisen« 1905, S. 1046 ff. bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., 3. Teil, S. 109 ff. – [14] Ders., Zeitschr. f. Arch. u. Ingenieurw. 1905, S. 419 ff., bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., 3. Teil, S. 67 ff. – [15] Ders., ebend., S. 225. – [16] Ders., Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1899, S. 260 ff., bezw. Techn. Hilfsmittel u.s.w., 1. Teil, S. 31 ff.

M. Buhle.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2–4.
Fig. 2–4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6–12.
Fig. 6–12.
Fig. 13.
Fig. 13.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 682-685.
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682 | 683 | 684 | 685
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