Paraffine

[25] Paraffine, gesättigte oder Grenzkohlenwasserstoffe, Sumpfgas-, Methan- oder Aethan-Kohlenwasserstoffe, Aethane, Alkane, die homologe Reihe derjenigen Kohlenstoff-Wasserstoffverbindungen, in welchen die Kohlenstoffatome nur durch einfache Bindungen miteinander verknüpft und die freien Affinitäten derselben durch Wasserstoffatome vollkommen abgesättigt sind.

Das erste Glied dieser Reihe ist Methan CH4 auf dieses folgen Aethan C2H6, Propan C3H8, Butan C4H10 u.s.w. Das letzte bekannte Glied ist das Dimyricyl C60H122. Die allgemeine Formel dieser Kohlenwasserstoffe ist daher CnH2n + 2. Von dem Butan C4H10 an tritt jedes Glied der Reihe in mehreren strukturisomeren Modifikationen, so das Butan in 2, das Pentan in 3, das Hexan in 6 Isomeren auf. Vom Heptan C7H16 sind 9, vom Oktan C8H18 18, vom Tridekan C13H28 bereits 802 Isomere möglich. Die Anzahl der Isomeren wächst also rasch mit der steigenden Kohlenstoffanzahl der Paraffine, und die Ursache dieser Isomerie ist bedingt durch den verschiedenen Bau des Kohlenstoffskeletts, durch die verschiedene Art, wie die einzelnen Kohlenstoffatome zu einer fortlaufenden oder zu verzweigten Ketten miteinander verknüpft sind. Die wichtigsten Glieder der Paraffine sind bei gewöhnlicher Temperatur Gase, die mittleren Glieder Flüssigkeiten von petroleumartigem Geruch, die höheren feste Körper, die nur im[25] Vakuum unzersetzt destilliert werden können. Schmelzpunkt, Siedepunkt und spezifisches Gewicht steigen mit den Molekulargewichten, doch ist das spez. Gew. stets kleiner als 1. In Wasser sind die Grenzkohlenwasserstoffe unlöslich; die Löslichkeit in Alkohol und Aether ist bei den niederen Gliedern zunächst sehr groß, nimmt aber mit Zeigendem Molekulargewicht ab. Die höchsten Glieder sind auch in diesen Lösungsmitteln unlöslich. Die Paraffine sind sehr beständige und wenig reaktionsfähige Körper; sie werden weder von Schwefelsäure noch von Brom absorbiert, von rauchender Salpetersäure und Chromsäure in der Kälte nicht angegriffen, in der Wärme dagegen ohne Bildung von Zwischenprodukten gleich zu Kohlendioxyd und Wasser verbrannt. Durch Einwirkung der Halogene entstehen Substitutionsprodukte (s. Aethylchlorid und Chlormethyl), mittels deren die Paraffine leicht in andre Derivate umgewandelt werden können. Die Paraffine entstehen bei der trockenen Destillation von Holz, Torf, Braunkohle, Steinkohle; sie sind daher im Leuchtgas, in den leichten Teerölen und im Petroleum enthalten. Besonders das amerikanische Erdöl (Petroleum) stellt ein fast ausschließliches Gemenge von Paraffinen dar, in dem diese vom Methan bis zu den höchstsiedenden Gliedern vorkommen. In reinem Zustande können die einzelnen Kohlenwasserstoffe aus diesen Gemengen nur mit großen Schwierigkeiten gewonnen werden. Man besitzt daher zur Reindarstellung der Paraffine eine ganze Reihe von künstlichen Bildungsweisen, die jedoch ohne technisches Interesse sind; s. darüber [1] sowie Aethan und Methan. Durch Austritt von Wasserstoffatomen leiten sich von den Grenzkohlenwasserstoffen Reihen von ungesättigten Kohlenwasserstoffen ab, von welchen die Olefine CnH2n und die Reihe der Acetylenkohlenwasserstoffe CnH2n–2 die wichtigsten sind. s. Aethylen und Acetylen.


Literatur: [1] Beilstein, Handbuch der organ. Chemie, 3. Aufl., Hamburg und Leipzig 1893, Bd. 1, S. 99 ff.; Schmidt, E., Pharm. Chemie, 2. Teil, Braunschweig 1901.

(Kerp) Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 25-26.
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