Platten [1]

[150] Platten werden hier hinsichtlich ihrer Fertigkeit als ebene, freitragende Wandungen besprochen. Ueber Anker- und Auflagerplatten s. Bd. 1, S. 216 u. 355.

Plattenförmige Körper finden sich an Maschinenteilen als: ebene Kessel- und Zylinderboden, Deckel, Kolbenscheiben, Klappen, Ventilteller, Wände von Schieberkasten, Schiebern, Dampfkanälen oder als Teile solcher Wandflächen zwischen den Verstärkungsrippen. Die grundlegende Theorie von Grashof [1] sowie die von Winkler sind in den Lehrbüchern, z.B. [11], entwickelt und weiter ausgebildet. Eine einfache Annäherungsberechnung hat v. Bach [3] in der Weise vorgenommen, daß er die Platte wie einen symmetrisch belasteten Träger berechnet für einen Querschnitt, der so durch die Mitte der Platte gelegt wird, daß er mit dem beim Bruch voraussichtlich entfliehenden Risse zusammenfällt (Fig. 14). Nach einer andern Methode [7] betrachtet er schmale Streifen, die quer durch die Platte gehen. Seine Versuche [3]–[6] und [8] geben im allgemeinen einen Anhalt für die Richtigkeit der theoretischen Berechnungen und bieten Koeffizienten für einzelne Fälle. Infolge der Wölbung ebener Platten unter der Pressung vermindert Ich die Biegungsspannung zugunsten einer mäßigen Zugspannung, so daß bei hoher Beanspruchung besonders für dünne, zähe Platten (aus Flußeisen) die Biegungsspannung verhältnismäßig geringer erscheint, als der Anstrengung der ebenen Platte bei mäßiger Pressung entsprechen sollte.

Die im folgenden zusammengefaßten Angaben gelten für Platten von der Stärke h mit[150] kreisrunder Form (Fig. 1) vom Radius r; elliptische Platten (Fig. 2) mit den Halbachsen a und b und dem Längenverhältnis α = a/b oder dem Breitenverhältnis β = b/a = 1/α; für quadratische Platten (Fig. 3) mit der Seitenlänge e; rechteckige (Fig. 4) mit der Länge l und der Breite e mit α = l/e und β = e/l = 1/α; sowie für beliebig lange Streifen von der Breite e – alle Maße in Zentimetern –, sowohl für gleichmäßig verteilten (Flüssigkeits-) Druck von p Atmosphären Ueberdruck, als auch für eine auf die Mitte der Platte in einer Kreisfläche vom Radius r0 drückende Kraft von P kg. Anzugeben ist die größte Biegungsspannung s und die Durchbiegung f.

Am Rande fest eingespannte Platten unter p Atmosphären Ueberdruck erleiden allgemein die Beanspruchung s = k · Q/h2. An runden Platten mit Q = π r2 p wirkt die größte Spannung s = 0,22 · Q/h2 (also mit k = 0,22) radial am äußeren Umfang [1]. Anderwärts [10] wird der Wert von k angegeben zu 0,25 für Gußeisen und 0,16 für Flußeisen, wachsend bis 0,38 bezw. 0,24, je nachdem die Beteiligung des Randes von fester Einspannung bis zur losen Stützung übergeht. Für elliptische Platten mit Q = π a b p ist nach [3] der Wert k = (0,44 bis 0,64)/ + β); nach [11] etwas größer k = 0,64 β (1,5 – β) mit einem Höchstwert für β = 3/4 oder α = 4/3, wobei die Beanspruchung 1,12 mal so groß wird wie bei einer gleichgroßen kreisrunden Platte. Die quadratische Platte mit Q = e2 p hat k = 0,25 oder 0,20. Für die rechteckige Platte mit Q = e l p ergibt sich die größte Spannung an den Enden der kürzeren Mittellinie des Rechtecks und berechnet sich [1] mit k = 0,50 α/2 + β2); hiernach werden Platten mit dem Längenverhältnis 1 bis 1,8 höher beansprucht als gleichgroße quadratische Platten, und zwar bis 1,14 fach bei dem Längenverhältnis 4 : 3, wie solche an Schieberkasten, Dampfkanälen u.s.w. sehr oft vorkommen. Nach andern Angaben ist k = (0,40 bis 0,50)/(α + β) im ganzen geringer und ohne jene Steigerung der Spannung. Lange Streifen zeigen an den Rändern die größte Spannung s = 0,50 e2 p/h2 oder auch s = (0,44 bis 0,75) e2 p/h2.

Eine quadratische, in den Eckpunkten feilgehaltene Platte, z.B. ein Feld der Feuerbüchswand zwischen vier Stehbolzen, erfährt mit k = 0,23 die höchste Spannung in der Mitte. Die für diesen Fall angestellten Versuche [5] ergaben für eingeschraubte und vernietete Stehbolzen von der Schraubenstärke d (Fig. 5) k = 0,28/(1 – 0,7 d e), z.B. k = 0,33 für d/e = 1/4,5; für eingeschraubte und beiderseits mit Muttern auf Unterlagscheiben befestigte Stehbolzen (Fig. 6) nur (1 – 1,8 d/e) mal so viel oder k = 0,20 für d/e = 1/4,5; und k = 0,25 (1 – 0,9 D/e), wenn die Platte mit einer fast gleichstarken runden Scheibe an jedem Stehbolzen im Lochkreise D vernietet ist (Fig. 7).

Ebene runde Platten mit Bordrand (Fig. 8) erleiden, nach [6] näherungsweise, die Beanspruchung s = (1 – ρ/r) k O/h2 mit k = 0,25 für Gußeisen und 0,12–0,16 für Flußeisen. Hierzu kommt noch eine Zugspannung ρp/2 h, die nur bei großer Abrundung merklich hervortritt und für halbkugelförmig gewölbte Zylinderboden, bei denen ρ = r und s = 0 ist, allein übrigbleibt, entsprechend Q,/2 π r h.

Am Rande lose aufliegende Platten (Fig. 11), z.B. ebene Ventilteller, erfahren durch Flüssigkeitsdruck die stärkste Anstrengung in der Mitte, und zwar 1,3–1,6 mal soviel wie die am Rande eingespannten Platten; z.B. mit k = 0,28 – 0,36 statt 0,22.

Bei der Versuchseinrichtung v. Bachs [3] nach Fig. 9 war die Platte von unten durch Flüssigkeit belastet und am Rande durch einen Kupferdraht abgedichtet; von oben wurde dei Rand mit einer 2,5 mm breiten Anlage ringsum angedrückt, ebenso wie in Fig. 10 bei der Belastung mit einer Einzelkraft in der Mitte. – Vergleichsweise hat man für einen gleichmäßig[151] belasteten Träger mit fest eingespannten Enden das größte Moment Q l/12 an den Enden, bei freier Stützung Ql/8 in der Mitte, also 1,5 mal so viel; bei nachgiebiger Einspannung der Enden werden im günstigsten Falle die Momente an jenen beiden Stellen gleich groß, und zwar nur Ql/16, also 3/4 bezw. 1/2 mal so groß wie die vorigen. Hiernach läßt sich der Einfluß der Randbefestigung an Platten in manchen Fällen abschätzen [7].

Ebene Wandungen von Dampfkesseln und Dampfgefäßen von Flußeisen berechnet v Bach [7], indem er statt der Biegungsspannung die Zugspannung mit einem Faktor n (1 + ß2) einführt und n = 4/3 für rechteckige und 7/4 für elliptische Platten setzt. Danach findet sich für alle Formen Fig. 14 die Zugspannung σ = 0,38 Q/h2 (α + β) bei dem vorstehend günstigsten Falle der Randbefestigung.

Wenn die Platte durch eine Einzelkraft von P kg in der Mitte auf einer Kreisfläche vom Radius r0 belastet wird, kann man wieder die größte Spannung s = k P/h2 setzen. Für eine runde Platte mit fest eingespanntem Rande (Fig. 12) gilt k = 0,43 am äußeren Rande, und in der Mitte k0 = log (r/r0); dieser letzte Wert ist der größere, wenn r/r0 > 2,7 ist. Liegt der Rand lose auf, so ist k = 0,334 + log (r/r0) zu setzen, z.B. 1,33 für r/r0 = 10; nach [10] wäre etwa k = 1,5 – r0/r; aus Versuchen [3] mit Fig. 10 ergab sich k = 1,47 und 1,6. Lose aufliegende elliptische Platten haben näherungsweise k = 0,8, β (3 – ß); quadratische 1,5 und rechteckige 3/ + β).

Als besondere Fälle sind kreisrunde Platten mit fest eingespanntem Rande unter Flüssigkeitsdruck mit Stützung der Mitte in einem Kreise vom Radius r0 in [1] behandelt. Unter der Gesamtbelastung Q = π r2 p beträgt, wenn die Plattenmitte lose in der Ebene des Randes gestützt wird, der Auflagerdruck 1/4 Q. Im Fall Fig. 13 wirkt die größte Spannung s = k Q/h2 mit k = 0,11 radial am äußeren Rande, wenn r0/r > 0,138 ist, andernfalls tangential im Radius r0, wo k0 = 0,11 (ln [r/r0] 1) gilt, wobei ln (r/r0) = 2,3 log (r/r0) ist. Für r0/r = 0,01 ist z.B. k = 0,40; für 0,05 wird k = 0,22 wie bei der Platte ohne Mittelstütze; für 0,10 ist k = 0,14 und für 0,138 bis 1 gilt k = 0,11. Wenn aber die Plattenmitte fest eingespannt ist (Fig. 14), ergibt sich mit


Platten [1]

Eine geringe Hebung oder Senkung der Mittelstütze ändert die Verteilung der Kräfte und der Spannungen wesentlich. Ist die im Radius r0 eben gehaltene Plattenmitte frei verschiebbar und unbelastet (Fig. 15) wie an einem Zylinderdeckel mit Stopfbüchse (ohne Stopfbüchsreibung), so findet sich mit


Platten [1]

Im Anschluß hieran läßt sich aus Grashofs Theorie eine ebene Kolbenscheibe berechnen (Fig. 16), die in der Mitte bis zum Radius r0 eingespannt ist und mit der Kraft P = Q getragen wird, am äußeren Rande aber verschiebbar ist und durch einen Bordrand eben gehalten, wird [9]. Man erhält mit


Platten [1]

Ueber Versuche mit Kolben und Scheiben berichtet v. Bach in [8] unter dem Vorbehalt der rechnungsmäßigen Verwertung der Ergebnisse.

Die Durchbiegung ebener Platten erreicht f cm, und zwar ist bei fester Einspannung des Randes für kreisrunde Platten f = pr4/6 E h3, bezw. f = P r2/4,5 E h3; für quadratische f = p e4/64 E h3, für rechteckige f = p e2 l2/32 E h3 2 + β2), für Streifen von großer Länge f = p e4/32 E h3, für Felder zwischen Stehbolzen f = p e4/36 E h3. Bei lose aufliegendem Rande ist die Durchbiegung einer kreisrunden Platte f = 0,7 p r4/E h3, bezw. f = P r2/1,8 E h3.


Literatur: [1] Grashof, Theorie der Elastizität und Fertigkeit, Berlin 1878. – [2] v. Bach, Elastizität und Fertigkeit, Stuttgart 1905, und Masch.-Elemente, Stuttgart 1908. – [3] Ders., in der Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1890, S. 1041/1144: Versuche über die Widerstandsfähigkeit ebener Platten. – [4] Ebend. 1893, S. 489/530: Wasserkammerplatten. – [5] Ebend. 1894, S. 341/381: Durch Stehbolzen unterstützte Kesselwandungen. – [6] Ebend. 1897, S. 1157/1226: Untersuchung flacher Böden. – [7] Ebend. 1906, S. 1940/1944: Widerstandsfähigkeit ebener Wandungen. – [8] Ebend., Forschungsarbeiten, Heft 31, Berlin 1906: Versuche an Scheibenkolben, – [9] Reymann, Fertigkeit und Reibung der Dampfkolben, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1896, S. 85/125, s.a. Bd. 2, S. 590. – [10] Taschenbuch der Hütte, Berlin 1905, S. 454 ff., nach Vorst. bearbeitet. – [11] Föppl, Techn. Mechanik, Bd. 3, Festigkeitslehre, Leipzig 1900. – [12] Forchheimer, Die Berechnung ebener und gekrümmter Behälterboden, Zeitschr. f. Bauwesen 1894, S. 450.

Lindner.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 9., Fig. 10., Fig. 11.
Fig. 9., Fig. 10., Fig. 11.
Fig. 12., Fig. 13., Fig. 14., Fig. 15., Fig. 16.
Fig. 12., Fig. 13., Fig. 14., Fig. 15., Fig. 16.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 150-153.
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