Ziegel, Ziegelfabrikation

[865] Ziegel, Ziegelfabrikation. Die ausgedehnte Anwendung, welche das Eisen als Konstruktionsmaterial auch bei uns gefunden hat, hat die gleichen Bestrebungen wie in den Vereinigten Staaten von Amerika hervorgerufen, nämlich das Eisen mit unverbrennbaren Stoffen so zu umkleiden, daß jedes Feuer, welches die eisernen Konstruktionsteile umspült, ohne Einfluß auf das Eisen bleibt und daher die Tragfähigkeit desselben unverändert läßt. Als bellen Schutz gegen diese Einwirkung hat sich der gebrannte poröse Tonstein erwiesen, der daher immer mehr zur Verwendung gelangt.

Diese Steine schmiegen sich den Eisenteilen vollkommen an; um ihren Zweck wirklich zu erfüllen, müssen sie möglichst feuerbeständig sein, also aus einem Ton hergestellt werden, der bei genügender Plastizität einen größeren Teil Zusatz von brennbaren Stoffen verträgt, wie dies in erster Linie bei den sogenannten Braunkohlentonen der Fall ist.

Neuerdings wird auch die Ausbildung der Decken so vorgenommen, daß der Gewölbestein gleichzeitig als Dekoration dient, also eine besondere Dekoration, möge dieselbe nun aus Mörtelstoffen bestehen, der auf das Gewölbe aufgebracht wird, oder aus einer hölzernen Kasettendecke oder endlich nur aus Malerei auf glatter, ebener Fläche. Diese Dekoration kann sich der Gewölbelinie anschließen oder ganz frei ausgeführt werden. Eine derartige Gewölbekonstruktion zeigt Fig. 1, welche ein Kappengewölbe im Schnitt zeigt. Es ist bei diesen Konstruktionen aus gebranntem Ton darauf zu sehen, daß die Fugen durch Vorsprünge des Nachbarsteins überdeckt werden; durch eine solche Anordnung werden die kleinen Unterschiede des Steins, welche bei dem Brand vielfach herbeigeführt werden, unsichtbar gemacht. Auch in der im Bild vorgeführten Konstruktion ist dieses Prinzip durchgeführt, und zwar nicht nur in der Richtung senkrecht zu den Trägern, sondern auch in der Richtung parallel zu den Eisenträgern. Jeder Stein ist auf der einen Seite mit einem Wulst versehen, welcher den Nachbarstein überdeckt; nur der Mittelstein (Schlußstein) hat keine Vorsprünge.

Ein anderer Stein, dessen Fabrikation und Einführung in die Konstruktionsmaterialien in letzter Zeit vorbereitet worden ist, ist der allseitig geschlossene Hohlstein. Es soll durch dessen Benutzung der Mörtelverbrauch auf das minderte eingeschränkt werden. Wenn auch der Gedanke, derartige Steine herzustellen und zu verwenden, sehr berückend erscheint, so macht die[865] Herstellung desselben (er muß mittels der Strangpresse hergestellt werden, wobei das Schließen der vorderen und hinteren Wände durch komplizierte Vorrichtungen im Mundstück herbeigeführt wird) große Schwierigkeiten. Eine größere Anwendung hat dieser Stein daher noch nicht gefunden. Größeren Beifall finden die zwei Schichten hohen Ziegelsteine, welche ein Format von 25 × 15 × 12 und 25 × 25 × 12 cm haben. Auch andre Formate, mit denen aber derselbe Zweck erreicht werden soll, nämlich das Mauern zu erleichtern, werden vielfach vorgeschlagen. Ein derartiger großer Stein ist, da er mit durchgehenden Oeffnungen versehen ist, nicht schwerer als ein gewöhnlicher 4/4 Vollstein des Normalformates von 25 × 12 × 6,5 cm. Dabei haben aber diese großen Steine noch den Vorteil, daß sie die Wärme weniger gut leiten, als ein gleich großer Vollstein, und daß sie auch die Schallschwingungen weniger von einem Raum nach dem andern leiten als Vollsteine, namentlich dann, wenn die Steine für Innenwandungen oder zur inneren Bekleidung von Außenwandungen porös gemacht worden sind.

In der Herstellung der Ziegelsteine sind in den letzten Jahren verschiedene neue Apparate zur Einführung gelangt, die für den regelrechten Betrieb sich von großem Vorteil erwiesen haben. Hierzu gehören in erster Linie die sogenannten Beschickungsapparate. Dieselben haben den Zweck, den weiteren Zerkleinerungsapparaten das Material in regelmäßiger Weise zuzuführen. Man unterscheidet dabei zwei Arten von Beschickern, nämlich sogenannte Rundbeschicker und Kastenbeschicker. Die Rundbeschicker bestehen aus einem Teller, auf dem ein schneckenförmig gebildeter Greiser das Material von innen nach außen schiebt, von wo es in den Rumpf der weiteren Vorbereitungsmaschine fällt. Ein derartiger Beschicker, von O. Erfurth konstruiert (D.R.P. Nr. 196233), ist in Fig. 2 und 3 in Grundriß und Querschnitt dargestellt. Der Schüttrumpf a wird durch ein lose über die Welle b geschobenes, auf dem Bund d ruhendes Armkreuz g schwebend über dem umlaufenden Abstreichteller h gehalten, von wo das Arbeitsgut durch einen feststehenden Abstreicher k über den Rand des Tellers gestrichen wird. Da das Armkreuz nur von dem Bund d gestützt wird, aber lose über die Welle b geschoben ist, kann der Schüttrumpf a bei auftretenden Hindernissen stillgehalten werden, ohne daß ein Stillstand der ganzen Maschine nötig ist.

Die Kastenbeschicker bestehen aus einem oder mehreren Kästen, in welche je ein Material gegeben wird, das durch Fortleiten eines Bandes oder dergleichen, welches gleichzeitig den Boden des Gefäßes bildet, das darüber liegende Material den weiteren Vorbereitungsmaschinen zuführt.

Bei Verwendung von mehreren Materialien werden die Kästen nebeneinander angeordnet; je nach der Menge, die von jedem Material jeweilig genommen werden soll, wird der Austritt des betreffenden Kastens entsprechend geöffnet oder geschlossen, was entweder durch Erniedrigung der Austrittsöffnung mit Hilfe von Schiebern oder durch die Breite des Kastens selbst geschehen kann. Von besonderem Wert ist die richtige Anordnung des unteren Transportbandes, damit von demselben das meist doch klebrige Material gut gefaßt und andrerseits wieder gut abgegeben wird. Eine sehr zweckmäßige Anordnung hat Aug. Hunecke erfunden (D.R.P. Nr. 249769). Diese Kette ist in Fig. 4 im Querschnitt in Verbindung mit der Austrittsöffnung eines Kastenbeschickers dargestellt. Dieses Transportband besteht aus Rohren, von denen solche größeren Durchmessers b mit solchen kleineren Durchmessers a abwechseln. Die Differenz der Durchmesser beträgt soviel wie die Sehnenhöhe des zwischen zwei Rohren b[866] liegenden Kreisbogens der Scheibe c, über die das Band geleitet wird. Die Rohre b sind dabei länger gehalten als die Rohre a und werden durch Kettenglieder d zusammengehalten Diese Rohre gleiten an den Enden über Kettenzahnräder, wobei die weiten Rohre b sich in die Zahnlücken h legen, während die kleinen Rohre a auf den Zähnen gleiten. Hierdurch wird einerseits durch das Zahnrad die Kette zwangsweise fortgeführt und andrerseits werden die kleinen Rohre nach außen geschoben. Zur Unterstützung des Förderbandes, solange sich dasselbe unter dem Kasten befindet, sind Gleitrollen j angeordnet. Während nun das Transportband unter den Materialien in den Schüttrümpfen hingleitet, ruhen die Rohre mit dem kleineren Durchmesser auf den unteren Kettengliedern auf und vergrößern so den Zwischenraum zwischen den Rohren mit dem größeren Durchmesser, wodurch das Material in die Zwischenräume hineintreten muß und sicher fortgeführt wird. Sobald das Transportband außerhalb des Schüttrumpfes gelangt, werden die Rohre hochgehoben und schieben das Material mit nach außen, so daß dasselbe leicht herabfällt.

Eine andre Art der Kastenbeschicker besteht darin, daß die verschiedenen Materialien in Kästen gelagert werden, die hintereinander liegen, die verschiedenen Materialien gleiten dann übereinander hin, wobei die Menge der einzelnen Materialien durch Schieber geregelt wird, die mehr oder minder tief in die Massen eintauchen.

Weitere Fortschritte hat die Fabrikation in der Art des Zerschneidens des Tonstranges der Strangpressen gemacht. Man hat sich bemüht, es den amerikanischen Konstrukteuren gleichzutun und hat daher die automatischen Abschneider einzuführen gesucht. Die größte Neuheit weist dabei die Kellersche Anordnung vor, die den Strang nicht nur automatisch abschneidet, sondern dabei auch gleichzeitig die abgeschnittenen Steine mechanisch auf Trockenbretter schiebt und letztere ebenso auf die Transportwagen (D.R.P. Nr. 245749).

Die Notwendigkeit, sich unabhängiger von der Witterung zu machen, hat dazu geführt, daß die sogenannten künstlichen Trockenanlagen in den letzten Jahren weitere Anwendung gefunden haben, wobei man die Wichtigkeit der Zuführung frischer Luft mehr und mehr anerkannt hat. Es werden daher die Trockenanlagen so gebaut, daß außer Wärme, die teils direkt in den Trockenanlagen erzeugt wird, teils letzteren von andern Wärmequellen zugeführt wird, wobei außerdem Abgangsdampf der Betriebsmaschine, namentlich auch die Abwärme der Brennöfen und der Dampfkesselanlagen benutzt wird. Die Ueberführung dieser letzten Wärmemengen geschieht durch Luft, welche mit Hilfe von Ventilatoren aus den Räumen um die Brennöfen und den Kesselhäusern nach den Trockenkammern hingeleitet wird. Hierfür sind die verschiedensten Konstruktionen zur Anwendung gekommen, da fast jeder Ziegelei-Ingenieur seine besondere Konstruktion hat; eine bestimmte allgemein eingeführte Konstruktion hat sich noch nicht herausgebildet.

Dümmler.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 865-867.
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