Cambacérès

[711] Cambacérès (spr. kangbaßerǟs), Jean Jacques Régis de, Herzog von Parma und Erzkanzler des französischen Reiches unter Napoleon I., geb. 18. Okt. 1753 in Montpellier, gest. 5. März 1824 in Paris, wurde 1772 Steuerrat und 1791 Präsident des Kriminalgerichts. 1792 in den Konvent gewählt, trat er hier mit Mäßigung auf. Dabei war er für Organisation der Rechtspflege tätig. Auf seinen Vorschlag vom 10. März 1793 wurde der Wohlfahrtsausschuß gebildet. Durch sein »Projet de Code civil et discours préliminaire«, das als Grundlage zum spätern Code Napoléon diente, machte er sich verdient. Als Mitglied des Wohlfahrtsausschusses beschleunigte er die Friedensschlüsse mit Preußen und Spanien. Als Mitglied des Rates der Fünfhundert widmete er sich vornehmlich gesetzgeberischen Arbeiten. Nach Sieyès' Eintritt in das Direktorium wurde er Justizminister, nach dem Staatsstreich vom 18. Brumaire von Bonaparte zum Zweiten Konsul und nach Napoleons I. Thronbesteigung zum Erzkanzler des Reiches und 1808 zum Herzog von Parma ernannt. Verdienste erwarb er sich fortwährend um die Entwickelung des französischen Rechts und die Redaktion des Code Napoléon. Den Kaiser suchte er von dem russischen Feldzug und andern gewagten Unternehmungen zurückzuhalten. 1813 ward C. Präsident des Regentschaftsrats. Während der Hundert Tage übernahm er das Justizministerium und das Präsidium der Pairskammer. Nach der zweiten Restauration kehrte er nach Paris zurück, bis er als angeblicher Königsmörder 1816 des Landes verwiesen ward. Er hielt sich in Brüssel und Amsterdam auf, bis er 13. Mai 1818 in alle bürgerlichen und politischen Rechte wieder eingesetzt ward; seitdem lebte er zurückgezogen in Paris. C. schrieb noch: »Code français, ou Collection par ordre de matières de lois de la république« (Par. 1797). – Sein Titel ging auf einen Neffen, Marie Jean Pierre Hubert de C., über, der unter dem zweiten Kaiserreich Großzeremonienmeister war.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 711.
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