Heinicke

[90] Heinicke, Samuel, geb. 10. April 1727 in Nautschütz bei Weißenfels, gest. 30. April 1790 in Leipzig, Begründer der sogen. deutschen oder Artikulationsmethode im Taubstummenunterricht und der ersten Taubstummenanstalt in Deutschland, war erst Landmann, trat 1750 in die kurfürstliche Leibgarde zu Dresden, ward 1756 bei Pirna gefangen und nach Dresden gebracht, entkam aber und studierte seit 1757 in Jena. Im folgenden Jahr ging er als Privatlehrer nach Hamburg und ward auf Klopstocks Empfehlung 1760 Sekretär und Hauslehrer beim Grafen Schimmelmann, 1768 Kantor in Eppendorf. Schon als Soldat hatte er einen Taubstummen nach Ammans »Surdus loquens« mit Glück unterrichtet (s. Amman 2). Der gleiche Erfolg bei einem jungen Mann in Eppendorf bewirkte, daß ihm seit 1772 Taubstumme auch von auswärts anvertraut wurden und der Kurfürst von Sachsen ihn 1778 in sein Vaterland zurückrief. H. gründete in Leipzig eine Taubstummenanstalt, der er bis zu seinem Tode vorstand. Für seine Sprechmethode hatte er gegen die französische Zeichensprache (s. Epée) zu kämpfen. 1881 wurde ihm in Leipzig ein Denkmal errichtet. Hauptschriften: »Beobachtung über Stumme und die menschliche Sprache« (Hamb. 1778); »Über die Denkart der Taubstummen« (Leipz. 1783); »Wichtige Entdeckungen und Beiträge zur Seelenlehre und zur menschlichen Sprache« (das. 1786). Vgl. Stötzner, Samuel H. (Leipz. 1870); Walther, Geschichte des Taubstummenbildungswesens (Bielefeld 1882); E ck, Samuel H. als Kämpfer für die Entwickelung der Volksschule (Wien 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 90.
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