Kiß

[74] Kiß, August, Bildhauer, geb. 11. Okt. 1802 in Paprotzan bei Pleß in Oberschlesien, gest. 24. März 1865 in Berlin, ging 1822 nach Berlin, wo er an[74] der Akademie und in Rauchs Atelier lernte und nach Schinkels Kompositionen die Reliefs für das Giebelfeld an der Nikolaikirche in Potsdam ausführte. 1839 modellierte er die mit einem Tiger kämpfende Amazone, die seinen Namen bekannt machte. Er führte sie 1842 für König Ludwig I. in Marmor aus, und später wurde sie in Bronzeguß von Fischer vor dem Museum in Berlin aufgestellt (s. Tafel »Bildhauerkunst XIV«, Fig. 9). Die höchste menschliche Kraftäußerung gegenüber der brutalen Gewalt des Angriffs eines wilden Tieres hat der Künstler in ergreifender Weise zur Anschauung gebracht. 1847 ward in Breslau die von K. modellierte und von Klagemann in Bronze gegossene Reiterstatue Friedrichs d. Gr. enthüllt. Den König Friedrich Wilhelm III. bildete K. zweimal für den Bronzeguß, einmal für Potsdam zu Fuß in Generalsuniform mit Mantel und unbedecktem Haupte, dann zu Pferde mit dem Lorbeerkranz für Königsberg (1851). Sechs weibliche allegorische Figuren zieren das Postament des Denkmals an den Ecken, während die Felder mit Reliefs aus der preußischen Geschichte geschmückt sind. Ferner schuf K. einen heil. Michael, der den Drachen besiegt, in Bronze, ein Geschenk König Friedrich Wilhelms IV. an seinen Bruder, den spätern Kaiser Wilhelm, zur Erinnerung an den von ihm gedämpften Aufstand in Baden (Schloß Babelsberg), eine kolossale Reiterstatue des heil. Georg als Drachentöter in Bronze (im Schloßhof zu Berlin), ein Standbild Beuths vor der Berliner Bauakademie sowie die Bronzefiguren für den Wilhelmsplatz in Berlin, die sechs ältere Marmorstatuen ersetzten. Vier von ihnen, Keith, Zieten, Seidlitz und der Alte Dessauer, blieben unverändert; Winterfeld und Schwerin modellierte K. neu. Das einzige größere Marmorwerk, das K. vollendete, ein Grabmonument für die Gräfin Henckel von Donnersmark, lehnt sich an Rauchs Denkmal der Königin Luise an. Ein andres, die Gruppe Glaube, Liebe, Hoffnung mit lebensgroßen Figuren (Berliner Nationalgalerie), wurde nach seinem Tod in der Werkstatt Bläsers vollendet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 74-75.
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