Überbau

[855] Überbau liegt vor, wenn der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze baut. Ist dies weder vorsätzlich noch grob fahrlässig geschehen, so muß der Nachbar den Ü. dulden, falls er nicht vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat; dafür erhält er aber von dem Überbauer eine Entschädigung in Form einer Geldrente, die jährlich im voraus zu entrichten ist. Für die Höhe der Rente ist der Wert der überbauten Fläche, bez. der Schaden, den der Nachbar hierdurch erleidet, zur Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend. Der Rentenberechtigte kann aber jederzeit verlangen, daß der Rentenpflichtige ihm das überbaute Stück Land um den Preis, den es zur Zeit der Grenzüberschreitung hatte, abkauft. Das Recht auf die Rente wird zwar nicht im Grundbuch eingetragen, es geht aber allen Rechten an dem belasteten Grundstück vor. Dagegen ist der Verzicht auf das Rentenrecht sowie die vertragsmäßige Festsetzung der Höhe der Rente im Grundbuch einzutragen. Wird durch den U. ein Erbbaurecht (s. d.) oder eine Dienstbarkeit (s. d.) an dem Nachbargrundstück beeinträchtigt, so gilt das Vorstehende zugunsten des Berechtigten. Hat der Nachbar dagegen vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit über die Grenze gebaut, oder handelt es sich nicht um ein Gebäude, sondern um ein sonstiges Werk, wie Mauer etc., so kann der Grundstückseigentümer Abbruch des Gebäudes verlangen. Im übrigen sind die Vorschriften über die Reallast (s. d.) entsprechend anzuwenden. Vgl. Bürgerliches Gesetzbuch, § 912–916, Artikel »Eigentum«, S. 443, und M. Wolff, Der Bau auf fremdem Boden (Jena 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 855.
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