[271] Fahrlässigkeit (culpa) ist Mangel an erforderlicher Sorgfalt, grobe F. Mangel an einer Sorgfalt, wie sie von jedem überhaupt zurechnungsfähigen Menschen bei der betreffenden Handlung erwartet werden darf; der groben F. am nächsten steht der Dolus (s.d.). Außerhalb eines Schuldverhältnisses hat man regelmäßig nur den Schaden zu ersetzen, den man durch grobe F. verursachte, innerhalb eines Schuldverhältnisses aber meistens auch den Schaden, den man durch irgendwelche F. sowie durch Außerachtlassung der pflichtmäßigen Sorgfalt (custodia) verursachte. Über die einzelnen Fälle der zivilrechtlichen Haftung für F. s. Haftung. Das öffentliche Strafrecht straft aus oder mit F. begangene Handlungen, die, wenn sie vorsätzlich begangene Verbrechen (s.d.) oder Vergehen (s.d.) sein würden, nur in besondern und besonders genannten Fällen, so das deutsche Strafgesetzbuch (s.d.) Befreiung eines Gefangenen (§ 121 und 347), Meineid (§ 163), Tötung (§ 322), Körperverletzung (§ 230), Brandstiftung (§ 309), Überschwemmung (§ 314), Gefährdung eines Eisenbahntransportes oder einer öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanlage (§ 316 und 318), bestimmte Arten einer Gefährdung von Wasserbauten, Brücken, Wegen und der zum Schutz der Schiffer oder Bergarbeiter bestehenden Einrichtungen (§ 326 und 321323), gemeingefährliche Vergiftung oder Verderbung eß- oder trinkbarer Dinge (§ 326 und 324), mangelhafte Erfüllung der mit einer Behörde zu Kriegs- oder Notstandszwecken abgeschlossenen Lieferungsverträge (§ 329), Vollstreckung nicht zu vollstrecken der Strafe (§ 347). Es sind jedoch außerdem in Deutschland noch strafbar einzelne fahrlässig begangene Vergehen gegen andre Gesetze, insbes. diejenigen über Personenstand, Presse, Urheberrecht und Nahrungsmittel. Der Tatbestand einer Übertretung (s.d.) pflegt dagegen meistens erfüllt zu sein, ohne Unterschied, ob die Handlung vorsätzlich oder aus F. geschah. Vgl. Bruck, Zur Lehre von der F. im heutigen deutschen Strafrecht (Bresl. 1885); Angiolini, Dei delitti colposi (Tur. 1901).