[24] Ventīl (mittellat. ventĭle, v. lat. ventus, Wind), Vorrichtung zum Verschließen von Durchgangsöffnungen für flüssige und gasförmige Stoffe. Der Durchgang wird freigegeben, indem der die Öffnung verschließende Körper, das eigentliche V., sich von dem die Öffnung enthaltenden Teile (Ventilsitz) abhebt, im Gegensatz zum Schieber, der auf der Fläche der Durchgangsöffnung gleitet. V. und Ventilsitz berühren einander dicht in schmalen Flächen (Dichtungsflächen, Sitzflächen), die eben, kegelförmig oder kugelförmig gestaltet sind. Die Bewegung der Ventile erfolgt von Hand wie bei den sogen. Absperrventilen, oder selbsttätig unter Einwirkung einer Flüssigkeits- oder Gaspressung, der eignen Schwere oder einer Federkraft, wie z. B. bei den meisten Pumpen (selbsttätige Ventile). Die Ventilbewegung kann ferner durch besondere Vorrichtungen mehr oder minder vollkommen gezwungen (zwangläufig) bewirkt werden, wie z. B. bei den Ventilsteuerungen der Dampfmaschinen (gesteuerte Ventile).
Fig. 1 zeigt ein Absperrventil, das zum Einbau in eine gerade Rohrleitung geeignet ist (Durchgangsventil). Das im Ventilgehäuse ab befindliche V. c ist mit der gegen den Ventilgehäusedeckel durch Stopfbüchse d abgedichteten Spindel e drehbar verbunden.
Oberhalb des Ventilsitzes f ist das V. durch Rippen g in dem Halse des Gehäuses geführt. Durch das Schraubengewinde hin der durch zwei Säulen gehaltenen Traverse i wird bei Drehung der Spindel am Handrade k die Bewegung des Ventils bewirkt. Gewöhnlich ist das Gehäuse aus Gußeisen (oder Rotguß), Ventilsitz und V. aus Rotguß. Häufig ist der Ventilkörper mit einer besondern Dichtung aus einem für den jeweiligen Verwendungszweck des Ventils geeigneten Material (Leder, Gummi, Asbestpappe, Vulkanfiber, Metallkompositionen etc.) versehen. Bei Heißdampf hat sich Nickeldichtung bewährt. Bei dem Absperrventil (Fig. 2) sind die Richtungen der Ein- und Austrittsöffnungen a und b um 90° gegeneinander versetzt (Eckventil).
Absperrventile baut man in der Regel so ein, daß sie in der Pfeilrichtung von a nach b durchströmt werden. Das Dreiweg- oder Wechselventil gestattet, wie der Dreiweghahn, den an einer Stelle in das Gehäuse eintretenden Strom beliebig nach zwei verschiedenen Austrittsöffnungen zu lenken.
Selbsttätige Ventile sind entweder Klappenventile (Klappen) oder Hubventile (kurzweg Ventile), je nachdem sie beim Öffnen aufgeklappt oder gehoben werden. In Fig. 3 ist ein einseitig aufschlagendes Klappenventil (bei Pumpen verwendbar) dargestellt, dessen abdichtender Teil a aus Leder besteht, das zugleich auch das Gelenk bildet. Beiderseitig auf das Leder aufgenietete Platten b und c geben der Klappe die nötige Steifigkeit und Schwere. Durch [24] Anschlag d am Klappengehäusedeckel wird das Aufklappen begrenzt. Einseitig aufschlagende Klappen werden auch aus Metall, mit Scharnier versehen, ausgeführt.
Bei der Konstruktion Fig. 4 (bei den Naßluftpumpen der Kondensatoren gebräuchlich) ist eine kreisförmige Scheibe a aus Gummi durch Bolzen b und Klappensänger c auf dem gitterförmigen Klappensitz d festgehalten. Beim Öffnen hebt sich die Klappe am ganzen Umfang bis zur Berührung mit c. Eine einfache Ausführung eines Hubventils (für kleinere Pumpen, als Rückschlagventil etc. geeignet) veranschaulicht Fig. 5.
Die Sitzfläche ist wie bei A eben (Tellerventil) oder wie bei B kegelförmig (Kegelventil). Am V. a befindliche Rippen b dienen zur Führung desselben im Ventilsitz c. Durch Anschlag d wird der Hub des Ventils (d. h. der beim Öffnen oder Schließen durchlaufene Weg) begrenzt. Die Ventilführung kann auch über dem Ventil angeordnet sein. V. und Ventilsitz bestehen gewöhnlich aus Rotguß. Für manche Zwecke (bei der Förderung dickflüssiger Stoffe) eignen sich Ventile, die als volle Kugel ausgebildet sind (Kugelventil).
Bei größern Ventilen, nach Fig. 5, fällt der Hub verhältnismäßig groß aus, um eine genügende Durchgangsmantelfläche am Umfang zu erhalten. Für schnell laufende Gebläse, Kompressoren und Pumpen sind Ventile mit kleinem Hub und geringer Masse erforderlich, damit das Öffnen und Schließen rechtzeitig und ohne Schlag erfolgen kann.
Anstatt eines großen Ventils wendet man deshalb häufig mehrere kleinere Ventile auf gemeinschaftlichem Sitz an (Gruppenventile). Eine Verkleinerung des Ventilhubes wird erreicht durch Vergrößerung des Ventilumfanges. In dieser Weise ist das Ringventil (Fig. 6) entstanden. Das V. besteht hier aus einem Ring a, an dessen äußerm und innerm Umfang ein Durchströmen stattfindet. Durch eine mit dem Ringe durch Rippen b verbundene Hülfe c wird das V. an dem Bolzen d geführt. Zur Beschleunigung der Schlußbewegung ist das V. durch die Schraubenfeder e (aus Stahl, Messing etc.) belastet. An Stelle der letztern wird mitunter auch eine sogen. Gummirohrfeder benutzt. Für große Verhältnisse werden Ringventile mit mehreren konzentrischen Ringen verwendet, die durch ein Rippenkreuz miteinander verbunden sind oder unabhängig voneinander spielen. Kleinen Hub gestattet auch das Etagenventil von Thometzek (Fig. 7). Es besteht aus einem im Ventilkasten angebrachten mehretagigen Sitzgerüst a a, das mehrere Durchgangsöffnungen b c d hat, die durch Ringventile e f g geschlossen werden.
Federbelastete Ventile von sehr geringer Masse werden bisweilen aus Messing- oder Stahlblech hergestellt.
Bei den gesteuerten Ventilen erfolgt entweder das Öffnen und Schließen unter dem Einfluß eines Steuerungsmechanismus oder nur eine dieser beiden Bewegungen. Die Steuerungsventile der Verbrennungsmotoren sind meist nach Art der Teller- oder Kegelventile ausgebildet, während bei Dampfmaschinen ausschließlich mehrsitzige, entlastete Ventile, und zwar meist Rohrventile (von Hornblower) verwendet werden. Beschreibung und Abbildung eines Rohr- oder Doppelsitzventils s. Tafel »Dampfmaschinen I«, S. III. Andre Formen entlasteter, zweisitziger Ventile bilden das Dockenventil (von Hornblower) und das Glockenventil (von Gros). Bei Gebläsen, Kompressoren und Pumpen werden bisweilen Ventile mit gesteuerter Schlußbewegung (Zwangsschluß) nach Riedler angewendet. Beschreibung und Abbildung solcher Ventile s. Artikel »Kompressoren«, S. 354.
Über Sicherheitsventil und Rohrbruchventil s. die betreffenden Artikel. Vgl. Bach, Die Maschinenelemente (10. Aufl., Stuttg. 1908, 2 Bde.); O. H. Müller, Das Pumpenventil (Leipz. 1900).
[Ventile bei Musikinstrumenten.] Über die Bedeutung der Ventile der Blechblasinstrumente vgl. Pistons. Die Ventile der Orgel sind zu unterscheiden in solche, die durch den Orgelwind selbst geöffnet und geschlossen werden, und solche, die wie die Pistons durch Federdruck in einer Ruhelage gehalten und durch einen Hebelmechanismus bewegt werden. Ventile der ersten Art sind die Pumpenventile des Gebläses, nämlich die Saug- oder Schöpfventile der Bälge und die Kropfventile nach den Kanälen hin. Dagegen werden die Spielventile, die dem Winde den Zugang zu den Pfeifen öffnen, durch Hebelvorrichtungen bewegt, deren letzten Glieder Tasten der Klaviatur sind.
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