Consensus

[371] Consensus (lat.), 1) Übereinstimmung, Vereinigung; bes. 2) bei entstandenen Streitigkeiten od. Trennungen innerhalb einer Confession, dogmatischer Formeln od. Schriften, zur Herbeiführung einer Vereinigung; so a) zwischen lutherischen u. reformirten Glaubensgenossen: aa) C. Poloniae s. sendomiriensis, Vereinigung der augsburgischen, böhmischen u. helvetischen Confessionsverwandten aus den polnischen Provinzen zu Sendomir, am 14. April 1570 über die Lehre von Gott, die Menschwerdung Christi, das Abendmahl; man verpflichtete sich zu gegenseitiger Unterstützung u. zur Abfassung eines gemeinschaftlichen Lehrbuchs. Er wurde 1570 bestätigt zu Posen, zu Krakau 1573, zu Petrikau 1578, zu Wladislaw 1583 u.a. O. Im 17. Jahrh. erhoben sich Streitigkeiten dagegen; 1603 hörten die Lutheraner auf, an ihm zu halten, u. alle Versuche, den C. zu erneuern, bes. von Jablonski, sind mißlungen; bb) überhaupt bei der Union der Lutherischen u. Reformirten Kirchen in mehreren deutschen Landen seit 1817, die in beiden Kirchen übereinstimmenden Lehren im Gegensatz zu dem Dissensus, den Lehren, worin die beiden Kirchen auseinander gehen, z.B. über Abendmahl u. Prädestination, s. Union; b) innerhalb der Reformirten Kirche: aa) C. tigurinus, vom Jahre 1549, wegen der Abendmahlslehre von Calvin in 26 Artikeln aufgesetzt u. von Bullinger gebilligt u. von den anderen Cantonen der Schweiz, mit Ausnahme Berns, angenommen; er vermittelt, zwischen dem Zwinglischen u. Calvinschen Lehrbegriff, hat aber nie großes Ansehn erworben; u. bb) C. genevensis (C. pastorum), von demselben, vom Jahre 1551, wegen der Prädestinationslehre, die hier im Calvinschen Sinne streng formulirt ist, herausgeg. Genf 1552 u. ö.; den anderen Schweizerkirchen überschickt, hat sie von denselben keine officielle Annahme gefunden, s. Reformirte Kirche; cc) C. helveticus (Consensformel, Formula consensus helvetica), Glaubensbekenntniß der reformirten Schweizercantone, verfaßt von J. H. Heidegger, Professor in Zürich, bes. gegen Mos. Amyraids Lehre von der allgemeinen Gnade, gegen L. Cappel u. Jos. de la Place, in 26 Artikeln, eingeführt 1675, zu Genf 1676; mußte von allen Kirchen- u. Schullehrern jener Cantone unterschrieben werden. Aber der Widerspruch in der Schweiz, in Kurbrandenburg u. England minderte das symbolische Ansehn desselben so sehr, daß er schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. als aufgehoben gelten konnte. Gedruckt erschien er 1714 u. ö.; c) innerhalb der Lutherischen Kirche: aa) C. dresdensis, vom Jahre 1571, Glaubensbekenntniß der kurfürstl. sächsischen Theologen in den Krypto-Kalvinistischen Streitigkeiten gegen die herzogl. sächsischen, s. u. Krypto-Kalvinisten; bb) C. repetitus fidei vere lutheranae, Vereinigungsformel in den Synkretistischen Streitigkeiten gegen die helmstädtischen Theologen, bes. G. Calixt, von den kursächsischen Theologen 1664 (schon 1655 von Calov aufgesetzt), vom Oberconsistorium in Dresden gebilligt u. von den Professoren unterschrieben, ohne symbolisches Ansehn zu erhalten; s. u. Synkretismus 2); 3) so v. w. Consens; 4) (Med.), so v. w. Sympathie u. Mitwirkung.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 371.
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