Calvīn

[587] Calvīn (Calvinus, eigentlich Jean Chauvin), geb. 10. Juli 1509 zu Noyon in der Picardie, studirte Theologie in Paris, dann Rechtswissenschaft zu Orleans u. Bourges. Durch seinen Oheim Olivetan u. M. Vollmar für die Kirchenverbesserung gewonnen, entsagte er 1532 seinen Pfründen. Der neuen Lehre verdächtig, entging er 1533 der Verhaftung nur durch den Schutz der Königin Margaretha von Navarra, fand Zuflucht bei Dutillet in Angoulême u. bei Margarethe zu Nerac; er wendete sich 1534 wieder nach Paris, aber in seinen Plänen gehemmt, von dort nach Basel, wo er 1536 zur Vertheidigung der Reformirten in Frankreich den Entwurf seiner Institutio christianae religionis (öfters herausgegeben, am vollständigsten Genf 1559 f., n. Ausg. von Tholuck, Berl. 1834, f., 2 Bde., deutsch von Krummacher, Elberf. 1823, n. A. 1834), herausgab u. sie dem Könige von Frankreich widmete. Die Reformirten nahmen diese Schrift als Norm ihrer Einrichtungen an, u. er wurde dadurch Gesetzgeber der Reformirten Kirche. 1536 besuchte er Ferrara u. Aosta, wurde aber wegen seiner Predigten nicht geduldet; auch der erneute Versuch Mitte 1536, sich in Paris aufzuhalten, mißglückte, u. auf der Rückkehr nach Basel blieb er in Genf, wurde Professor der Theologie u. Prediger daselbst, setzte mit Farel die Abschaffung des Papstthums u. die Annahme eines bestimmten Glaubensbekenntnisses durch u. schrieb den Catechisme de l'eglise de Genève, wurde aber wegen seines Eifers für Sittenzucht von den Libertinern seiner Partei angefeindet. u. da er den Beschlüssen einer Synode zu Lausanne gegen den Gebrauch des gewöhnlichen Brodes im Abendmahle, die Abschaffung der Festtage u. die Entfernung der Taufsteine aus den Kirchen nicht nachgab, im April 1538 verwiesen. Vergebens wartete C. in Bern, wo er sich einstweilen aufhielt, auf seine Zurückberufung nach Genf; er ging daher nach Strasburg, wo er durch Bucers Empfehlung Professor der Theologie wurde. Er vereinigte hier die Flüchtlinge aus Frankreich zu einer französischen Gemeinde, verheirathete sich 1539 mit Idelette von Bure, der Wittwe des von ihm bekehrten Lütticher Anabaptisten Storder, u. ging als Deputirter Strasburgs 1541 zu dem Reichstag in Frankfurt u. der Consultation in Regensburg. wo er sich mit Melanchthon befreundete. Im September 1541 nach Genf zurückgerufen, trat er wieder in seine Ämter daselbst, wo er nun ein aus Geistlichen u. Laien gemischtes Consistorium (Kirchen- u. Sittengericht) einsetzte. Die Unterdrückung der Libertiner gelang ihm erst 1555. Unduldsam als Theolog, behandelte er seine Gegner in Streitsachen verächtlich, schüchterte jeden Widerspruch ein, vertrieb den, Bibelübersetzer Castellio 1544 aus Genf, ließ den Libertiner Jak. Gruet 1547 u. den Antitrinitarier Mich. Servet 1553 in Genf verbrennen u. vertheidigte die Rechtmäßigkeit der Todesstrafe gegen Andersdenkende. In der kirchlichen Verfassung machte er die Regierung der Gemeinden durch Presbyterien, in der Lehre seine Ansicht von der nur geistigen Gegenwart Christi für gläubige Communicanten (s. Abendmahl), seine ganz Augustinische Theorie von der unbedingten Gnadenwahl (s. Prädestination) u. seine strenge Moral unter den Reformirten (nun Calvinisten u. seine Lehre Calvinismus) herrschend, ordnete ihre Angelegenheiten, sowie die der in Frankreich, Italien, Polen, England u. Schottland durch briefliche Rathschläge, veranlaßte 1559 die Stiftung der Universität zu Genf u. war Ursache, daß sich viele Fremde, um ihn zu hören, in Genf niederließen. Er st. den 27. Mai 1564. Sammlung seiner dogmatischen, exegetischen (bes. Commentaire sur la concordançe), Genf 1561, 4 Bde., die Commentarii in N. T., herausgeg. von Tholuck, 1833 f., 7 Bde., n. A. 1838: Comm. in libros Psalmorum, von Tholuck Berl. 1836, 2 Bde.; Comm. in librum Geneseos von Hengstenberg, ebd. 1838, 2 Bde.; Auszug des Briefes Pauli an die Römer, deutsch von Krummacher u. Bender, Fkf. 1837) u. polemischen (einzeln meist pseudonym) Schriften, Amsterd. 1667, 9 Bde., Fol. Von ihm ist auch die Verbesserung der französischen Bibel (nach Olivetans Übersetzung), Genf 1551; Lebensbeschreibung von Th. Beza, Genf 1576; Bretschneider im Reformationsalmanach 1821; Henry, Hamb. 1835–38, 2 Bde.; Herzog, Bas. 1843; Andin, Par. 1840, 2 Bde., 3. Aufl. 1845 (deutsch von Egger, Augsb. 1843); von Guizot (deutsch von Funkel, Lpz. 1847).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 587.
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