Glutīn

[422] Glutīn (Chem.), 1) (Phytocolla, Pflanzenleim, Gliadin), findet sich vorzugsweise in den Samen der Getreidearten u. bildet den in Wasser unlöslichen, in kochendem Alkohol löslichen Bestandtheil des Klebers. Es ist eine geschmacklose klebrige Substanz u. die Ursache der Teigbildung aus Mehl; im getrockneten Zustande ist es durchscheinend u. sehr hart; es ist in kaltem Wasser unlöslich, wenig in heißem; aus der alkoholischen Lösung scheidet es sich beim Erkalten in Flocken aus. Quecksilberchlorid u. Bleizucker fällen es aus seinen Lösungen. 2) (Colla, Knochenleim), entsteht beim Kochen vieler thierischen Gewebe (sogenanntes Collagen, Glutingebende Gewebe), zu denen bes. die Knochenknorpel, Sehnen, Lederhaut, Bindegewebe, Hausenblase etc. gehören. Diese Substanzen quellen in Essigsäure auf, ohne sich vollständig zu lösen; dagegen werden sie vom Kali aufgelöst. Im reinen Zustand ist der thierische Leim farblos, ohne Geschmack u. Geruch; getrocknet bildet er eine durchsichtige, hornartige, spröde Masse. Heißes Wasser löst ihn vollständig auf, beim Erkalten erstarrt die Lösung zu einer Gallerte; durch wiederholtes Auflösen in heißem Wasser verliert er diese Eigenschaft. In Alkohol u. Äther ist das G. unlöslich; mit Ätzkali od. Schwefelsäure behandelt, bildet sich daraus Glykokoll u. Leucin; mit Gerbsäuren gibt es unlösliche Verbindungen, welche nicht mehr in Fäulniß übergehen; durch Alaun, essigsaures Bleioxyd u. Quecksilberoxydullösungen wird es nicht gefällt; Quecksilberchlorid u. Platinchlorid geben Niederschläge, basisch schwefelsaures Eisenoxyd gibt einen Niederschlag, welcher sich beim Trocknen schön roth färbt; mit Schwefelsäure u. Braunstein behandelt, liefert es flüchtige Fettsäuren, Valeronitril, Blausäure, Benzoësäure, flüchtiges Bittermandelöl u.a. flüchtige Producte. Nach Mulder besteht es aus C13H10N2O5, nach Liebig aus C52H40N8O20; außerdem enthält es noch Schwefel. Vgl. Leim.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 422.
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