Hollunder

[482] Hollunder, 1) die ganze Pflanzengattung Sambucus, vorzüglich: a) Gemeiner H. (Sambucus nigra), einheimischer, fast durch ganz Europa, auch in Nordasien wachsender Baum, mit weißen, in Afterdolden stehenden, stark u. eigenthümlich riechenden Blüthen, u. schwarzrothen, süßsäuerlich schmeckenden Beeren (Schiebeken). Junge Stämme haben weiches Mark u. deren Äste geben ausgeholt kleine Röhrchen (Hollunderröhrchen), die zu allerlei Spielwerk, mit Pulver gefüllt zum Sprengen des Gesteins dienen, alte geben ein festes, von Drechslern u. Tischlern gesuchtes Holz; 20 Fuß hoch u. in 20 Jahren ausgewachsen. Die geschabte innere grüne Rinde u. die jungen Blätter dienen, äußerlich aufgelegt, als Hausmittel gegen Kopfweh u. Rothlauf, so wie der Saft derselben sonst gegen die Wassersucht; sie bewirken Erbrechen u. Purgiren; Hollunderblüthen (Flores sambuci) dienen im Theeaufguß als schweißtreibendes Mittel in Krankheiten von unterdrückter Ausdünstung u. sind als Ingrediens zu erweichenden Umschlägen u. Dämpfen bewährt. Daraus Hollunderblüthenwasser (Aqua florum sambuci), durch Destillation der Blüthen mit Wasser gewonnen, von gleicher Wirkung; häufig als Constituens wässriger Mixturen u. als Augenwasser benutzt; Hollunderblüthenessig, durch Digestion von zwei Drachmen derselben mit zwei Pfund Essig bereitet; Hollundermuß (Roob sambuci), aus dem ausgepreßten, eingedickten Safte der reisen Beeren, mit od. ohne Zusatz von Zucker, als Zusatz von schweißtreibenden eröffnenden Mixturen u. als Hausmittel häufig angewendet. Hollunderöl (Oleum sambuci) aus den Kernen der Beeren durch Auspressen gewonnen, grünlich, unangenehm riechend u. schmeckend, sonst als Laxirmittel gebraucht. Für die Küche werden auch frische Hollunderblüthen, in Eierkuchenteig od. in Käse gebacken, benutzt; aus frischen Beeren werden Suppen u. Kaltschalen bereitet, die aber, bes. mit Gewürz, erhitzen. Der Saft der Beeren dient zum Rothfärben von Weinen. Mit Zucker in Gährung gesetzt, mit Zusatz von gehackten Rosinen, Wasser, Citronen u. weißem Wein geben die Beeren auch ein Surrogat von Wein, Hollunderwein. b) Zwerghollunder (Sambucus Ebulus), staudenartig, feucht u. schattig stehend, in Südeuropa, doch auch in Deutschland; vermehrt sich in Gärten durch seine Wurzeln so, daß er kaum wieder auszurotten ist. Blüthen blaßroth mit purpurbraunen Staubbeuteln, Beeren scharlachroth. Die Pflanze, bes. die Blätter, riechen widrig; alle Theile scharf; sonst officinell, bes. gegen Wassersucht, purgirend, Brechen erregend u. harntreibend. c) Traubenhollunder (Sambucus racemosa), in Europa in Bergwäldern, 5–8 Fuß hoch; die grünlich gelben Blüthen erscheinen im Mai an den Spitzen der Zweige in dichten Sträußern u. hinterlassen scharlachrothe Beerentrauben, die im August reisen u. von Drosseln u. andern Vögeln geliebt werden; in Parkanlagen aufgenommen. 2) Mehrere Arten aus der Gattung Syringa: a) Spanischer (Türtischer) H. (Syringa vulgaris), fast überall leicht fortkommender Strauch, wird zu Hecken benutzt, auch zu Bäumen gezogen, wegen seiner weißen od. violetten, wohlriechenden Blüthenbüschel im Mai sehr beliebt. Das weißgelbliche, an alten Stämmen röthlich geflammte, ziemlich harte Holz läßt sich zu allerlei Kleinigkeiten glatt verarbeiten u. nimmt durch Beize mit Scheidewasser eine schöne rothe Farbe an. b) Persischer H. (Syringa persica), 4–5 Fuß hoch; Blüthen wie beim vorigen, doch kleiner u. zarter; der Geruch schwächer, doch lieblich; in Gärten cultivirt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 482.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: