Käse

[356] Käse (lat. Caseus), 1) nächst der Butter der zweite vorherrschende Bestandtheil in der Milch der Thiere (s. Caseïn); 2) die geronnene Milch, welche bes. behandelt wird, um sie in ein länger dauerndes Nahrungsmittel umzuwandeln. Jede Thiermilch enthält Käsestoff; aus jeder läßt sich auch K. bereiten, doch wird nur die an Butterstoff reiche Kuh-, Schaf- u. Ziegenmilch dazu benutzt. Obgleich sich in jeder sich selbst überlassenen Milch, wie der Rahm, so auch der käsige Theil von der Molke abscheidet, so geschieht dies doch nur unvollkommen. Man bedient sich daher, um K. gesondert zu erhalten, solcher Zusätze zur Milch, welche die Gerinnung derselben befördern. Dies thun alle Säuren, Weingeist, Eiweiß Zucker, bes. aber das Lab vom Kälbermagen. Eine Hauptverschiedenheit der K. beruht darauf, daß entweder die frischgemolkene Milch nach dem Erkalten, od. die bereits abgerahmte noch süße od. sauere für dieselben benutzt wird. Hiernach unterscheidet man Rahmkäse, der aus dem abgenommenen Rahm, Süßmilchkäse, der aus der frischen süßen Milch, u. Sauerkäse, der aus der sauer gewordenen Milch dargestellt wird. Von dem Süßmilchkäse kommen wieder zwei Sorten vor: halbfetter u. magerer, je nachdem die Milch noch mit etwas Rahm od. ganz rahmfrei zum Verkäsen kommt. a) Umsüßen Labkäse zu erhalten, wird die Hälfte der noch süßen Milch od. des süßen Rahms nach dem Erkalten in einen Kessel über gelindes Feuer gebracht u., bis sie lauwarm wird, fleißig umgerührt; hierauf wird die heißgemachte Milch zu der kalten gegossen, umgerührt u. durch Zusatz von Lab, das man durch Quirlen in die ganze Masse vertheilt, die Absonderung der käsigen Theile bewirkt. Nun wird die Masse mit einer langen Kelle durchgerührt, wenn die Milch geronnen ist, mit einem breiten Bret einigemal durchgearbeitet, die Molke abgelassen, das Käsebret auf die Käsemasse gelegt u. beschwert, damit sich die Masse vollständig ausscheidet. Ist die Masse so weit trocken, daß sie sich mit den Händen krümeln läßt, so wird sie gesalzt, mit Kümmel od. anderem Gewürz eingeknetet u. in thönerne Formen od. hölzerne Näpfe (Käseformen) gedrückt, die in der Mitte ein wenig erhöht u. mit kleinen Löchern versehen sind. Die Käsenäpfe werden in ein eignes Behältniß (Käsekasten) gethan, welches ein vierbeiniger Kasten mit Deckel u. auf dem Boden mit Abzügen versehen ist, in dem die K. einige Tage stehen bleiben, damit die Feuchtigkeit abläuft. Von da werden sie in den Käsekorb (einen viereckigen Kasten, an den Seiten von hölzernem od. Drahtgitterwerk, vorn mit einer Thür), auf Stroh zum völligen Abtrocknen an die Luft gebracht u. fleißig gewendet. Wenn die K. nun (unter einem hier eintretenden leichten Gäbrungsproceß) den gehörigen [356] Grad von Gelbe u. Schärfe erlangt haben, bringt man sie auf Breter od. eine Horde von Flecht- od. Gitterwerk (Käsehorde) an einen Ort, wo sie weder zu viel, noch zu wenig austrocknen. Das Trocknen geschieht entweder in einem besondern Gebäude (Käsehaus), in einer Kammer (Käsekammer), deren Fenster mit Gaze od. seinem Drahtgitter verwahrt sind, damit die Luft durchstreichen, aber keine Insecten eindringen können. b) Die sauren (Quark-) Käse werden aus abgerahmter Milch bereitet, deren Gerinnen man meist dadurch bewirkt, daß man die Milch durch Stehen in der Wärme säuren läßt od. die sauer gewordene Milch in einem Kessel über Feuer bringt, umrührt u., sobald die Masse in die Höhe steigt, mit einer Kelle aus dem Kessel nimmt. Man bringt dann die Masse in Fässer od. Ständer mit einem Zapfen am Boden an einen warmen Ort, wo dann die Scheidung des käsigen Theils (als Quark) von dem Milchwasser erfolgt. Nachdem man dieses abgelassen, wird der Quark in einen leinenen Sack (Käsebeutel) gethan, den man auf ein, mit Leisten an den Seiten u. mit einem Abzug versehenes Bret legt u. mit Steinen beschwert, um die rückständige Feuchtigkeit auszupressen. Nach ein Paar Tagen wird der K. mit Salz u. Kümmel vermischt, durchgeknetet u. mit den Händen (als Handkäse) beliebig geformt; zuletzt kommt er zum Abtrocknen in den Käsekorb. Sofern er nicht geformt, sondern frisch auf Brod gegessen wird, heißt er Schmier od. Streichkäse. Man muß die K. täglich umwenden, bis sie trocken genug sind; dann werden sie in ein hölzernes od. steinernes Gefäß eingelegt u. gut zugedeckt, damit sie schwitzen u. durch u. durch gelb u. weich werden, ohne zu fließen. Man kann auch jede Schicht der einzulegenden K. mit gutem Bier od. Rothwein benetzen od. die Gefäße, in welche die K. eingelegt sind, in den noch ungedroschenen Hafer einbansen. Zum Färben der Käsemasse bedient man sich Orlean od. Safran. Durch Zusatz von allerhand schmackhaften Pflanzenstoffen, wird der Kräuterkäse erhalten, auf Art des Grünen K-s, s. unten. Die Form der K. ist willkürlich; die gewöhnlichste der Handelskäse ist die von großen runden Broden; die Holländischen K. werden von der Größe von 20 Pfund u. darüber, die Schweizerkäse aber bis zu 60, ja 100 Pfund verfertigt.

Süße K. sind die gewöhnlich in den Handel kommenden ausländischen K.: a) Holländischer K.; die besten kommen aus Westfriesland als Edamer Käse, von fast kugelrunder Form; sie werden in Amsterdam als roth- u. weißrindige unterschieden; Süßmilchkäse, Texelsche od. Texler Grüner K., Kanterkaas, große platte; Sauermilchkäse, von Leyden, grüne u. weiße; kommt in letztern Kümmel, so heißt er Komynkaas; b) England verbraucht seinen guten K. meist selbst; die ins Ausland kommenden Arten sind: der Gloucesterkäse, hart u. röthlich; der Chesterkäse, der größte, oft an 100 Pfund wiegend, gelblich u. weicher; Stiltonkäse, weich, grünlich; Pineapplekäse, von der Gestalt einer Ananas, ganz hart, sehr sein u. nicht über 10–12 Pfund schwer; c) Frankreich liefert aus Languedoc, Auvergne u. der Dauphine, bes. ober aus Rochefort gute K.; Sassenagekäse, von Grenoble; Jurakäse, dem Gryers aus der Schweiz sehr ähnlich; d) Schweizerkäse; der größere Theil kommt aus dem Emmenthale, fette u. magere Sorten; K. von Gryers (Canton Freiburg); aus der Landvoigtei Sarnen im Canton Bern; vom Urserenthale im Canton Uri; der Vaschrein- (Fletscher-) käse ist aus dem reinsten Rahm verfertigt, läßt sich aber nicht gut versenden; der Grüne K. (Schabzieger), aus dem Canton Glarus, wird durch Zusatz der feingepulverten Blüthen des Melilottenklees bereitet, indem man die geronnene Käsemasse u. das Pulver auf einer Ziegermühle durcheinander arbeitet; Zieger, geringer K., aus den zurückgebliebenen Molken bereitet, er zeigt sich als ein weißer Brei, wird ausgeschöpft u. frisch verspeist; e) Österreich, bes. die salzburger Alpenthäler, nament (ich im Oberpinzgau, liefern guten K.; Sperr- od. Trockenkäse, von saurer Milch; Schnitting, von süßer Milch; Halbgutkäse, von der Abendmilch; Süß- od. Ganzgutkäse, von guter Milch u. Rahm; Geißmilchkäse, die im Ganzgut allein von Ziegenmilch u. in Halbgut von Ziegen- u. Kuhmilch verfertigt werden. Auch Steyermark, Böhmen u. Ungarn liefern viele K.; f) Italien liefert vorzüglich die Parmesankäse, meist aus der Gegend von Lodi, 60–100 Pfund an Gewicht; der Parsemankäse ist entweder Formkäse, von der Gestalt eines runden Schleifsteins, 1/2 Centner an Gewicht, od. Robiole (Robiolini), mit Safran gefärbt; Strachino ist weiß u. fett; Sardinien liefert Ziegenkäse von Hassari, Iglesias, Sinai, Goceano u. Monteacuto. g) Aus Belgien kommt der Limburger K., bes. in der Gegend von Herve, in Form von Backsteinen bereitet. h) In Deutschland liefert Ostfriesland Emdner Käse, Holstein Eyderstädter- u. Tystrupharnerkäse, der Harz, Westfalen, die Rheinprovinz sehr guten K. für den Handel. i) In Schweden verfertigt man zweierlei Arten von K., den Rennthier- u. den gewöhnlichen Schwedischen K.

In der Schweiz ist das Käsemachen ein Hauptgegenstand der Alpenwirthschaft in den Sennhütten, u. der K. als Genußmittel ist sehr wichtig, indem die Alpenhirten im Berner u. Walliser Oberlande fast nur von K., den sie statt Brod zur Milch essen, leben. Als Heilmittel wird er bei Zuckerharnruhr vielfach angewendet. K. gehört unter die kräftigern Nahrungsstoffe, bes. frischer u. süßer K., fordert aber eine gute Verdauungskraft, obgleich etwas alter u. durch Gährung scharf gewordener K. die Verdauung anderer Speisen fördert. Sonst wird K. auch zu mancherlei Speisebereitungen benutzt, bes. ist der geriebene Parmesankäse als Zusatz zu Suppen, Maccaronis u. m. in Gebrauch. Schon früh wird der K. bei allen von Viehzucht lebenden od. überhaupt Viehzucht treibenden Völkern erwähnt. Man aß den K. gewöhnlich frisch. Harter K. kommt in Griechenland, wo die Erfindung des K-s dem Aristäos zugeschrieben wird, schon früh vor, u. zwar wurde er gerieben od. geschabt u. mit Mehl zum Wein gemischt genossen. Auch den Römern war der K. zeitig bekannt, u. ihre ökonomischen Schriftsteller geben Regeln zur Verfertigung u. Aufbewahrung des K-s. Die Alpenkäse der Celtischen Völker von Kuh- u. Schafmilch waren schon im 2. Jahrh. berühmt; in Deutschland wurde auch schon früh K. gemacht u. im 10. Jahrh. die Melkereien (Lacticinia) vorzüglich zu Fertigung von K. von bedeutender Größe benutzt 3) (Chem.). so v.w. Käsestoff; 4) der eßbare Boden der Artischocklit; 5) (Käsetute), einige Kegelschnecken, z.B. [357] Conus capitaneus (Grüner K.); C. lividus u. m. a.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 356-358.
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