Jever

[810] Jever, 1) Kreis im Großherzogthum Oldenburg, grenzt an die Jahdemündung u. Nordsee, an den oldenburgischen Kreis Neuenburg u. das hannöversche Ostfriesland; 6,47 QM., 20,300 Ew.; an den Küsten eine Menge Schleußen (Siele), welche zur Ebbezeit das überflüssige Wasser seewärts führen. Das Land ist theils Geest, theils Marsch u. sehr fruchtbar, auf der Geest kleinere Seen (Meere) wie das Barkeler Meer; das Klima ist ziemlich rauh, nebelig u. stürmisch; Ackerbau, Rinder-, Pferde- u. Schweinezucht. Der Kreis ist eingetheilt in die Ämter J., Tettens u. Minsen u. wird gewöhnlich genannt 2) Herrschaft J., aus den Landschaften Ostringen, Rustringen u. Wangerland bestehend. Jede von diesen Herrschaften hatte eigene Häuptlinge, alle drei wurden aber 1355 in der Familie Edo Wimmeke, aus dem Geschlecht Popinga, vereinigt. 1532 nahm die Erbtochter Maria die Herrschaft vom Kaiser Karl V. als dem Herzog von Brabant u. Burgund in Lehn, u. I. wurde daher 1548 dem Burgundischen Kreise zugetheilt. Maria setzte Johann XVI. von Oldenburg zum Erben ein, u. dieser trat die Erbschaft 1573 an. Als dessen Sohn Anton Günther 1667 starb, vermachte er die Herrschaft seinem Neffen, dem Fürsten Johann III. von Anhalt-Zerbst, während Oldenburg an Dänemark fiel. Zur Zeit Ludwigs XIV. von Frankreich erhoben die Reunionskammern, weil I. einst zu Burgund gehört habe, Ansprüche auf die Herrschaft für Frankreich; da ihnen aber nachgewiesen worden war, daß sie den Deutsch-Burgundischen Kreis mit Burgund verwechselt hatten, traten sie mit einer gewissen Naivetät ihre vermeintlichen Ansprüche auf I. an Dänemark ab. Als 1793 das Haus Anhalt-Zerbst mit dem Fürsten Friedrich August ausstarb, fiel I. als Kunkellehn an dessen Schwester, die Kaiserin Katharina von Rußland, als einzige Prinzessin von Zerbst. Rußland wurde hierdurch deutscher Reichsfürst; Alexander I. trat im Tilsiter Frieden 1807 I. an das Königreich Holland ab. u. Napoleon verleibte es 1810 nebst Oldenburg dem französischen Kaiserreiche ein; 1813 nahm es Rußland wieder, überließ aber die Verwaltung 1814 an Oldenburg u. cedirte es 1818 vollständig an den Herzog von Oldenburg, welcher 1823 Besitz davon ergriff. 4) Amt von 7500 Ew. u. 5) Kreisstadt hier am Sieltief, einem schiffbaren Kanal, der zu dem Dorf Hocksiel am Jahdebusen (2 Schiffswerfte, Handel, Freimaurerloge zu den silbernen Schlüsseln, 500 Ew.) führt, welches den Seehafen von I. bildet. I. hat ein altes Schloß, Wälle u. Gräben, Sitz der Kreisbehörden, mehrere Kirchen, Gymnasium, Waisenhaus, Tabakfabriken u. bedeutenden Handel; 4250 Ew.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 810.
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