Santonin

[880] Santonin (Santonsäure, Wurmsamenbitter), C30H18O6, ist der wirksame Bestandtheil des Wurm- od. Zittwersamens, den unaufgeschlossenen Blüthenköpfchen von Artemisia santonica. Es wird dargestellt, indem man den Wurmsamen pulvert, vier Theile desselben mit 1,5 Theil trocknem Ätzkalk mengt u. wiederholt mit verdünntem Alkohol von 0,93 specifischem Gewicht auszieht. Nachdem der größte Theil des Alkohols abdestillirt worden ist, wird der Rückstand filtrirt u. das Filtrat mit Essigsäure übersättigt u. gekocht. Das S. scheidet sich beim Erkalten in farblosen Säulen aus u. wird durch Umkrystallisiren aus Alkohol u. Behandeln mit Thierkohle gereinigt. Das S. ist ohne Geruch u. Geschmack, nimmt im Sonnenlichte schon nach 10 Minuten eine gelbliche Farbe an, wird dunkler, die Krystalle zerspringen endlich mit Lebhaftigkeit. Das gelbe S. unterscheidet sich von dem weißen dadurch, daß letzteres mit Kali u. Weingeist eine carminrothe, das erstere eine gelbe Lösung gibt. Specifisches Gewicht = 1,247; es schmilzt bei 168–170° zu einer farblosen Flüssigkeit, welche beim Erkalten krystallinisch erstarrt. Unter gewissen Bedingungen erstarrt aber das S. nach dem Erkalten nicht wieder, sondern bildet eine zähe, gummiähnliche Masse, welche aber durch Alkohol- od. Ätherdampf od. durch Befeuchten mit einigen Tropfen dieser Flüssigkeiten in den krystallinischen Zustand zurückgeführt wird. Das S. löst sich in 4–5000 Theilen siedendem Wasser, in 43 Theilen kaltem u. in 2,7 Theilen siedendem Alkohol, in kaltem u. heißem Äther, fetten u. flüchtigen Ölen. Beim Erhitzen des S-s bis etwas über den Schmelzpunkt sublimirt es. Das S. verbindet sich mit Basen. Santoninkalk, C30H18O6, CaO, HO, erscheint in weißen, glänzenden Krystallen. Santonin-bleioxyd, C30H18O6, PbO, HO, bildet warzenförmige, aus perlmutterglänzen Nadeln zusammengesetzte Krystallgruppen. Durch Fällen einer Lösung von neutralem essigsaurem Bleioxyd mit S. wird ein weißer Niederschlag erhalten, welcher bei 120° getrocknet der Formel PbO, C30H18O6 entspricht. Durch die Einwirkung von Salzsäure u. chlorsaurem Kali auf S. bildet sich Chlorsantonin, C30H16Cl2O6, in Gestalt weißer, glänzender, zarter Prismen, welche schmelzbar sind.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 880.
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