Stichometrie

[818] Stichometrie (v. gr.), 1) das Zählen der Zeilen in den Handschriften, um den ungefähren Umfang einer Schrift zu beurtheilen; vgl. Ritschl, De stichometria veterum, Bonn 1840; 2) eine zum Verständniß einer Schrift, in Ermangelung der Interpunction, gemachte Abtheilung nach Zeilen (Stichen), d.h. daß man von einer Rede od. einem Satz so viel auf eine Zeile schreibt, als für sich einen Sinn ausmacht. So gab es zur Zeit des Hieronymus Handschriften des Cicero u. Demosthenes, welche in dieser Weise (στιχηδόν) abgetheilt waren u. theilte der Diakonus Euthalios im 5. Jahrh. den Text der neutestamentlichen Briefe u. der Apostelgeschichte ab, indem er diejenigen Worte auf eine Zeile setzte, welche man beim öffentlichen Vorlesen ohne Absatz hersagen mußte (Stichometrische Abtheilung). Die Evangelien wurden darnach von einem Unbekannten ebenso abgetheilt. Codices des N. T. mit solchen Abtheilungen (Stichometrische Handschriften) geschrieben sind der Cantabrigiensis, Claromontanus, Sangermanensis u. Laudianus; dergleichen von klassischen Schriftstellern haben sich nicht erhalten; 3) biblisches Bücherverzeichniß mit angegebener Zahl der Stichen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 818.
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