Interpunction

[948] Interpunction (v. lat.), 1) Abtheilung durch Punkte; 2) die der Deutlichkeit wegen durch gewisse Zeichen (Interpunctionen, Interpunctionszeichen), zu bewirkende Abtheilung der Sätze einer Schrift, um dem Leser das Verständniß zu erleichtern; 3) die Kunst, diese Abtheilungszeichen richtig anzuwenden. Die Interpunctionszeichen sind: Komma, Semikolon, Kolon, Punkt, Fragezeichen, Ausrufungszeichen, auch Gedankenstriche, Parenthese, Theilungs- u. Anführungszeichen u. Apostroph (s.d. a.) rechnet man zu den I-en. Die Alten kannten keine I. (bei den Römern heißt I. die Geschicklichkeit, zu bestimmen, wo nach neuerer Sitte eine I. stehen müßte), ja sie rückten die einzelnen Wörter nicht von einander ab, od. unterschieden höchstens durch dazwischen gesetzte Punkte, od. durch neue Linienanfänge u. Absätze, die für den Vortrag u. die Declamation nöthigen Ruhepunkte (Oratorische I.). Dies waren drei Zeichen: Punkt, an die Spitze des letzten Buchstabens eines Wortes am Ende eines Satzes gesetzt (Στιγμὴ τελεία); Punkt in der Mitte od. am untersten Ende des letzten Buchstabens (Στιγμὴ μέση), Zeichen eines nur zum Theil vollendeten Satzes, der seine Vollendung erst durch ein eignes, mit einem Pronomen od. einer Conjunction anfangendes Glied der Rede erhält; Punkt am untersten Ende des letzten Buchstabens, od. ein Strich (Ὑποστιγμή), um einen noch ganz unvollständigen, abhängigen Satz anzuzeigen. Diese Interpunctionsart findet sich schon in den ältesten Handschriften. In den Handschriften des 9. u. der folgenden Jahrh. kommt hinzu das Fragzeichen. Die I. ist Erfindung der Grammatiker, angeblich des Aristophanes, zum Bedürfnisse des Lernenden, Lehrenden u. Lesenden. Zur Zeit Karls des Großen waren auch diese Interpunctionszeichen so verloren, daß er sie durch Alcuin u. Warnefried wieder herstellen ließ. Sie bestanden Anfangs nur in Einem, auf dreifache Art angebrachten Punkte (gr. Stigme; daher in der Diplomatik Stigmeologie, Interpunctionslehre) u. bisweilen noch in einem Striche, die aber beide, verschiedenartig gestellt, verschiedene Bedeutung hatten. Der großen Willkür bei dem Gebrauche dieser Interpunctionszeichen suchten zu Ende des 15 Jahrh. die venetianischen Buchdrucker Manucci zu steuern, welche neue Zeichen erfanden u. eine festere Interpunctionsmethode schufen. Vgl. Rechtslehre von der I., Berl. 1773; Pölitz, Die Theorie der I., Lpz. 1812; Richter, Die I., ebd. 1819; Weiske, Die I., ebd. 1837.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 948.
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