Vanille

[358] Vanille, die vor der vollkommenen Reise abgenommenen, einige Tage einer Gährung unterworfenen, dann im Schatten getrockneten, zur Abhaltung der Insecten mehrmals mit Cacaoöl bestrichnen Samenkapseln von Vanilla aromatica. Die feinste, fast allein im Handel vorkommende Sorte (V. de ley) von Vanilla planifolia bildet ungefähr 6 Zoll lange, schwärzliche, biegsame, doch zerbrechliche, der Länge Nach feingerunzelte, an beiden Enden stumpfzugespitzte, am Stielende etwas gekrümmte, ein öliges schwarzes, mit vielen kleinen, schwarzen Samenkörnern erfülltes Mark enthaltende, etwas zusammengedrückte Schoten, von überaus angenehmem, dem Perubalsam ähnlichem, lange an den Fingern haftendem Geruch u. ähnlichem, lieblichem, süßlicharomatischem Geschmack. Sie kommen in Paketen zu 50, seltener zu 100 Stück, in Rohrblätter u. über diesen in dünne Blei- od. Zinnplatten eingeschlagen aus Westindien, u. 50 Stück dürfen, wenn sie gut sind, nicht unter 5 Unzen wiegen; wenn sie 7–8 Unzen wiegen, heißt sie Sobrebuena. Die V. als Zusatz zur seinen Chocolade, zu süßen Cremen, Liqueurs, zu Eis u. dgl. benutzt, wirkt, auf den Organismus ziemlich aufregend u. bei reizbaren Individuen selbst als Aphrodisiacum. Man hat die V. in Krankheiten von örtlicher od. allgemeiner Schwäche benutzt; gegen Magenkrampf, Nervenfieber, Meteorismus, Faulfieber, Melancholie u. Manie; bei Atonie der Geschlechtstheile, bei männlichem Unvermögen, unterdrückten Katamenien, hysterischen u. krampfhaften Zufällen, welche aus derartigen Leiden entspringen. Man gibt sie in Pulverform, Aufguß, Abkochung, od. in Vanillentinctur (Tinctura vanillae), aus einer Unze feingeschnittener V. mit 8 Unzen Alkohol durch Digestion bereitet; zu 30–40 Tropfen gereicht. Eine zweite Sorte, aufgeblasene V. (Vanillon, Pombova, Bova), ist dicker, kürzer, platter, mit senfgroßen Samen u. einer fast flüssigen Substanz angefüllt, von sehr durchdringendem, aber minder angenehmem Geruch, oft Kopfweh u. Erbrechen verursachend. Eine vierte Sorte, bes. aus S. Domingo kommend, heißt Bastardvanille (Simarona), ist klein, gelblich bräunlich, enthält ein sehr trocknes Mark, kleine schwarze Samen u. besitzt einen schwächern Geruch. Eine fünfte aus Ostindien kommende, aus kurzen dicken, den gebackenen Pflaumen ähnlich riechende Sorte, ist am unkräftigsten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 358.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: