[441] Wurzen, 1) Gerichtsamt im königlich sächsischen Kreisdirectionsbezirk Leipzig mit 23,100 Ew. in einer Stadt u. 54 Dörfern; 2) Amtsstadt darin, an der Mulde (mit zwei 1350 Fuß langen Brücken) u. der Leipzig-Dresdener Eisenbahn; altes Schloß, in welchem mehre Meißener Bischöfe zeitweilig residirten, 3 Kirchen, worunter die zu Anfang des 16. Jahrh. erbaute Domkirche, altes Capitelhaus des Stiftes Wurzen (s. unten), Superintendentur, Sonntagsschule, Freimaurerloge Friedrich August zum treuen Bunde, Buchdruckerei, Chinasilberwaaren- u. Tapetenfabrik, Tischlerei, Töpferei; 6500 Ew.; Geburtsort des Dichters Lichtwer u. des Historikers Schöttgen. W. ist sorbenwendischen Ursprungs u. kommt schon 961 urkundlich als Stadt vor. Mit anderen Gütern verkaufte es 994 der Merseburger Graf Esiko an das Bisthum Meißen, welches 1114 hier zugleich mit der Domkirche das seit der Reformation. protestantische Collegiatstift W. stiftete (s. Meißen S. 94), welches jetzt aus 1 Propst, 1 Dechant, 1 Senior, 1 Scholasticus u. 3 Domherren b. steht u. Sitz in der Ersten Kammer der sächsischen Landstände hat. Das Schloß erbaute zu Ende des 15. Jahrh. Bischof Johann VI. 1542 betraf die Umgegend von W. der sogenannte Fladenkrieg (s. Sachsen S. 682) u. 1558 der Saukrieg (s.d.). 1581 wurde W. kursächsisch. Hauptbrände 1519, 1602, 1631, 1637 (im Dreißigjährigen Kriege, wo es von den Schweden erobert, geplündert u. verheert wurde). Vgl. Schöttgen, Historie der kursächsischen Stiftsstadt W., Lpz. 1717.
Pierer-1857: Hohe Wurzen