Bonifaz

[295] Bonifaz (der Heilige), eigentlich Winfried genannt und von Gedurt ein Engländer, erwarb sich in der ersten Hälfte des 8. Jahrh. durch eine beinahe 40jährige Wirksamkeit für die Ausbreitung des Christenthums in Deutschland den Beinamen des Apostels der Deutschen. Von gelehrten engl. Mönchen erzogen, trat er aus Neigung in den Benedictinerorden und besaß schon in seinem Vaterlande ungewöhnliches Ansehen. Als er aus innerm Berufe zur Bekehrung der Heiden Deutschland betrat, stand er in den kräftigen Jahren des angehenden Mannsalters, war im Christenthume gründlich unterrichtet, frommen, gottergebenen Sinnes, an Entbehrungen aller Art gewöhnt, muthig und unerschrocken, dabei durch seine Abkunft aus einem angelsächs. Geschlechte mit der Sprache, den Sitten und Gewohnheiten deutscher Völker nicht unbekannt. Obgleich er sonach mit vielen seinem Vorhaben günstigen Eigenschaften ausgerüstet war, hatte er dennoch mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, da die freiheitsliebenden Deutschen durch Annahme der ihnen unter fränk. Schutze verkündigten neuen Lehre unter die Herrschaft der verhaßten Franken zu gerathen befürchteten. Die Länder zwischen dem Rheine und der Saale, namentlich Hessen, Thüringen und Baiern, waren hauptsächlich der Schauplatz seiner umsichtigen Thätigkeit, durch welche das Christenthum für immer festen Fuß in Deutschland faßte. Ohne sich zu fanatischem Eifer hinreißen zu lassen, verfuhr er mit Strenge und zerstörte z.B. die dem Thor geweihte Eiche bei Geismar vor den Augen des versammelten Volkes, das erwartete, es würden Blitze aus derselben hervorzucken und ihn tödten. Allein er schonte auch mancher Meinungen und Gebräuche, die das Volk seit Jahrhunderten mit frommer Scheu zu betrachten gewohnt war. Weise überließ er die endliche Ausscheidung des Irrigen und Falschen dem Geiste des Christenthums, dessen genaueres Verständniß er durch Berufung geistlicher Gehülfen aus England und durch Stiftung von Kirchen, Klöstern und Bisthümern herbeizuführen suchte. Namentlich verdanken ihm die Bisthümer Würzburg, Erfurt, Salzburg. Regensburg, das Kloster Fulda ihre Begründung und schon 723 baute B. zu Amöneburg in Hessen, 724 aber bei dem Dorfe Altenberga unweit Gotha die erste christliche Kirche in Thüringen. Von letzterer sind noch bemooste Ruinen vorhanden und 1811 wurde dort zu seinem Andenken ein 30 F. hoher Candelaber aufgestellt, wobei ein katholischer, ein protestantischer und ein reformirter Geistlicher Festreden hielten. B. stand in genauer Verbindung mit dem päpstlichen Stuhle, war selbst dreimal in Rom und wurde nach und nach zum Bischof, zum päpstlichen Legaten, endlich zum Erzbischof von Mainz ernannt und als solcher weihte er Karl's des Großen Vater, Pipin den Kurzen, 752 zu Soissons zum König der Franken. Als er 754 sich zum zweiten Male nach Friesland begab, um das Christenthum zu predigen, wurde er bei Dockum in Westfriesland auf freiem Felde von Bewaffneten überfallen und starb mit seinen Begleitern den Märtyrertod. Der Leichnam B.'s wurde nach Utrecht, dann nach Mainz und endlich nach Fulda gebracht und in dem von ihm gestifteten Kloster begraben, er selbst aber unter die Heiligen der röm. Kirche versetzt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 295.
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