Karfunkel [1]

[550] Karfunkel, Karbunkel wird ein bösartiger Blutschwär genannt, der sich durch Größe und durch die Neigung, in Brand überzugehen, auszeichnet und nicht blos den Menschen, sondern noch weit öfter die Hausthiere heimsucht. Von letztern wird er nicht selten auf erstern übertragen, entsteht aber bei diesem auch ohne Ansteckung und zeigt sich dann am häufigsten im Nacken und zwischen den Schulterblättern. Abgesehen von der Übertragung des Milzbrandkarfunkels (s. Milzbrand), sowie von dem Pestkarfunkel (s. Pest), entsteht der einfache Karfunkel am gewöhnlichsten während großer Sonnenhitze und befällt vorzugsweise arme Leute auf dem Lande, welche, den brennenden Sonnenstrahlen ausgesetzt, arbeiten. Nachdem Fieberbewegungen, ein ungewöhnliches Mattigkeitsgefühl, Unruhe, Angst, Ohnmachten, Erbrechen u.s.w. vorausgegangen, bildet sich eine weder sehr hervorspringende, noch sehr in die Tiefe gehende, harte und schmerzhafte Geschwulst, während in der Umgebung derselben, welche ebenfalls anschwillt und sich entzündet, ein Gefühl von Spannung, Ziehen und Brennen sich einstellt. Diese Geschwulst, welche zuweilen die Größe eines Tellers erreicht, erscheint zuerst dunkelroth, dann violett, darauf schmuzigblau, endlich grau und zuletzt schwarz und wird im weitern Umkreise von einem entzündeten, glänzenden [550] Ringe umgeben, der sich rasch über die benachbarten Theile ausbreitet. Hierauf kommen am Gipfel der Geschwulst plötzlich eine oder mehre Pusteln oder Blasen von verschiedener Größe zum Vorschein, welche bald platzen und zur Entstehung von Löchern Veranlassung geben, aus denen eine stinkende, fressende, mit schwarzen Blutklumpen und brandigen Zellgewebeflocken vermischte Brandjauche hervordringt. Nach und nach werden die Schmerzen immer unerträglicher und die Zerstörung ergreift nicht nur die Haut, sondern auch das unter ihr gelegene Zellgewebe, sodaß endlich Muskeln, Sehnen, Gefäße und Nerven bloßzuliegen kommen. Nach Auflösung des harten Kerns und nach Zerstörung der etwa noch vorhandenen Hautbrücken wird der Karfunkel zu einem einzigen großen Geschwür, das von ungleichen, schroffen, hart anzufühlenden Rändern umgeben ist, bei zweckmäßiger Behandlung jedoch endlich ein gesundes Ansehen bekommt. Im Allgemeinen gehört der Karfunkel zu den gefährlichen Krankheiten, insofern er stets die Theile, in denen er sich entwickelt, zerstört und meist von allgemeinen Erscheinungen bedenklicher Art begleitet wird. So führt namentlich ein Karfunkel, der im Gesicht, am Halse oder am obern Theile der Brust seinen Sitz hat, leicht und bald die gefährlichsten und furchtbarsten Zufälle herbei, wie z.B. Erstickungsnoth, Schluchzen, Irrereden, Convulsionen und Schlafsucht. Indessen vermag grade bei diesem Übel ein. zeitiges und angemessenes Eingreifen der Kunst viel, sodaß gelindere Fälle leicht zur Heilung gebracht und selbst heftigere nur durch Vernachlässigung und bei sehr geschwächten alten Personen tödtlich werden. Eine vorwaltende Geneigtheit, von Karfunkeln befallen zu werden, will man bei schwammigen, fetten, an Hämorrhoidalbeschwerden leidenden Personen beobachtet haben, zumal wenn sie dabei noch hitzige Getränke, namentlich den Branntwein, lieben, ferner bei solchen, die gichtisch, skrophulös sind oder sich durch Venerie und Quecksilbercuren schlechte Säfte zugezogen haben; bei dem weiblichen Geschlechte mehr als bei dem männlichen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 550-551.
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