Malta

Malta

[36] Malta, die südlichste von drei, zwischen Sicilien und der afrik. Küste beisammenliegenden, Großbritannien unterworfenen Inseln, hieß im Alterthume Melite und später Maltache, woraus sein heutiger Name entstanden ist. M. bildet im mittelländ. Meere den Mittelpunkt der brit. Seemacht, für deren Bedarf hier beständig die größten Vorräthe unterhalten werden, und zählt auf 8 ! M. gegen 100,000 Einw.; die beiden andern Inseln, Gozzo und Comino, haben nur 21/2 ! M. und 12,000 Einw.

Der Boden der Inseln besteht aus dürren Kalkfelsen, in denen sich viele Höhlen befinden, erhebt sich aber nicht über die Höhe von Hügeln und ist an den oft mit großer Mühe und Kunst urbar gemachten Stellen selten mit einer über 1 F. tiefen Schicht Erde bedeckt. Diese ist zum Theil von Sicilien geholt worden und auf die Erhaltung und Vermehrung derselben, z.B. durch Mischungen von zerstampftem Tuffstein und Dünger, wird die größte Aufmerksamkeit verwendet. Das Klima ist heiß, wird aber durch Seewinde gemildert; Thau fällt zwar reichlich, Regen aber nur selten; gleichwol hat der Fleiß der Einwohner durch meisterhafte Benutzung der wenigen Quellen und des in vielen Cisternen gesammelten Wassers zur Bewässerung der Gärten und Felder, dem ursprünglich undankbaren Boden einen hohen Ertrag abgewonnen. Eis und Schnee sind unbekannt und der letztere wird zur Abkühlung der Getränke aus Sicilien geholt. Der Haupterwerbszweig der Bevölkerung ist der Anbau der Baumwolle, außerdem werden Obst, Gemüse, etwas Wein, Öl und Getreide und edle Südfrüchte von einer selbst in Italien seltenen Vortrefflichkeit gezogen, wohin man sie auch zum Theil ausführt. Überhaupt erreichen hier die meisten Gewächse eine ungewöhnliche Vollkommenheit, die Blumen werden üppiger und duftreicher, und schon im Alterthume waren die Rosen von M. deshalb berühmt. Bei der geringen Tiefe des Bodens gehören aber hohe, schattige Bäume zu den Seltenheiten, und die Insel gewährt daher mit ihren kahlen Höhen, den weißen Mauern an Feldern und Gärten und dem seinen Kalkstaub, welchen jeder starke Regen in weißen Schlamm verwandelt, ungeachtet sie zu den am meisten bevölkerten und fruchtbarsten Ländern der Erde gehört, keinen sehr erfreulichen Anblick. Von den gewöhnlichen Hausthieren sind Ziegen, Schafe und Geflügel am zahlreichsten; Fische liefert das Meer reichlich und außer Scorpionen soll es keine giftigen Thiere auf M. geben. Die stattliche Bevölkerung ist meist von arab. Herkunft, indem M. von 818–1090 den Arabern gehörte, aber mit Griechen und Italienern gemischt, und bekennt sich zur katholischen Religion; auf dem Lande wird eine aus den arab., ital., griech. und andern europ. Sprachen entstandene Mundart, in den Städten aber meist Italienisch geredet. Die Malteser gelten mit für die besten Seeleute im mittelländ. Meere, sind äußerst mäßig, reinlich, immer thätig und in der Bestellung des Bodens unübertrefflich, aber freilich auch abergläubisch und noch sehr unwissend; die Betreibung der Künste und Gewerbe überlassen sie meist den eingewanderten Fremden, treiben aber einen lebhaften Handel und gelten in Geschäften zwar für verschlagen, allein im Ganzen für rechtschaffen und zuverlässig. Die Hauptstadt M.'s, La Valette mit 60,000 Einw., liegt an der nordöstl. Küste auf einer felsigen Landzunge zwischen zwei Meerbusen, ist außerordentlich befestigt und besteht aus den fünf Stadttheilen: Citta nuova, vom Großmeister der Malteser La Valette seit 1565 erbaut, mit dem in Felsen gehauenen Kastell St.-Elmo, [36] welches nebst dem von La Vittoriosa die schmale Einfahrt des für die Kriegs- und Handelsschiffe bestimmten, südl. außerordentlich geräumigen Hafens mit Docks und Werften vertheidigt; Citta vittoriosa oder il Borgo, der älteste schon im 9. Jahrh. von den Sarazenen angelegte Stadttheil und die später entstandenen Bormola, Senglea, Cottonera. Im nördl. Hafen liegt auf einer Felseninsel das Lazareth und die Quarantaineanstalt für die aus der Levante kommenden Reisenden und Waaren. Am schönsten gebaut ist Citta nuova mit schnurgeraden, aber des unebenen Bodens wegen zum Theil treppenartig angelegten Straßen, und prangt besonders an der den Hintergrund der vorstehenden Ansicht bildenden, dem Hafen zugewendeten Seite mit zahlreichen Palästen. Hauptgebäude sind: der Palast der ehemaligen Großmeister, wo jetzt der engl. Gouverneur residirt und die prächtige St.-Johanniskirche mit vielen Grabmälern von Ordensmeistern und Rittern. Es befinden sich hier eine Universität, ein botanischer Garten, zwei öffentliche Bibliotheken, ein Museum der auf der Insel gefundenen Alterthümer und eine Sternwarte; zwei Banken, sowie mehre Assecuranzanstalten erleichtern Handel und Verkehr. Das Trinkwasser wird der Stadt von der entgegengesetzten Seite der Insel durch eine unterirdische Wasserleitung zugeführt; außerdem hat jedes Haus seine Cisterne. In der Mitte der Insel liegt auf einer Höhe die alte, jetzt etwas herabgekommene feste Hauptstadt Citta vecchia oder Malta mit 5000 Einw.; sie ist der Sitz eines katholischen Bischofs und in ihrer Nähe befinden sich merkwürdige Katakomben, ähnlich denen von Syracus. M. ganz ähnlich beschaffen ist Gozzo, das ebenfalls befestigte nördlichste der drei Eilande mit 15,000 Einw., die viel Baumwolle und etwas Zuckerrohr bauen; sowie das zwischen beiden liegende Comino, welches nur 5000 Schritt im Umfange, allein 900 Einw. hat. Schon um 1400 v. Chr. waren diese Inseln Colonien der Phönizier und wurden später, 400 v. Chr., von den Karthagern, 216 v. Chr. von den Römern erobert, nach dem Untergange der röm. Herrschaft aber die Beute der Gothen und Araber, bis sich 1090 die Normannen derselben bemächtigten und sie mit Sicilien vereinigten. Als Lehn dieses Königreichs vergab 1530 Kaiser Karl V. die Insel M. an den aus Rhodus vertriebenen Johanniterorden (s.d.), dem sie Napoleon 1798, als er nach Ägypten segelte, durch Verrath ohne Gegenwehr entriß. Im J. 1801 wurde sie von der ausgehungerten franz. Besatzung den Engländern übergeben, die deren Zurückgabe an den Orden zwar im Frieden von Amiens 1802 versprachen, später jedoch ablehnten und auch im pariser Frieden 1814 als rechtmäßige Besitzer anerkannt wurden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 36-37.
Lizenz:
Faksimiles:
36 | 37
Kategorien: