Rauch [1]

[628] Rauch (der), welcher sich von brennenden Körpern sichtbar erhebt, besteht aus sehr kleinen Theilchen fester Stoffe, welche der heiße Luftstrom mehr und weniger unverbrannt mit fortreißt, z.B. aus Kohlenstoff, der nie luftförmig werden kann, aus brandigem Öl und Harz und aus Essigsäure, was sich aber je nach der Beschaffenheit der verbrennenden Körper ändert. Die öligen und harzigen Theile verdichten sich an der Kälte und hängen sich als Ruß an die nächsten kalten Körper an. Je vollständiger die Verbrennung des Körpers vor sich geht, desto weniger Rauch entweicht, der, von Nässe und andern Hindernissen abgesehen, immer mit eine Folge davon ist, daß nicht atmosphärische Luft genug an den brennenden Körper gelangt. Uneigentlich werden im gemeinen Leben auch die sichtbar aus erwärmten Flüssigkeiten aufsteigenden Dämpfe Rauch genannt, und sagt man daher z.B. von heißen Speisen, daß sie rauchen. – Rauchfang, Schorn stein und Feueresse werden die zur Abführung des Rauches [628] von einem oder mehren Feuern in einem Wohnhause oder anderm Gehände von Mauerwerk angelegten und meist zum Dache hinausgeführten Kanäle oder Röhren genannt. Sonst wurde auch in Deutschland nach ihrer Anzahl eine Steuer erhoben, welche deshalb Rauchfangsteuer hieß und hin und wieder, z.B. in Polen, noch besteht. – Benutzt wird der Holzrauch, um Fleisch, Fleischwaaren und Fischen eine große Haltbarkeit zum Behuf ihrer Aufbewahrung dadurch zu geben, daß sie demselben einige Zeit ausgesetzt oder, wie man sagt, geräuchert werden. Das Fleisch wird dazu durch Einsalzen oder Pökeln vorbereitet, an dessen Statt man auch sorgfältiges Einreiben mit auf dem Ofen getrocknetem Kochsalz, etwas Salpeter und Zucker, als hinreichend empfiehlt, und hierauf zum Räuchern in die Feueresse oder in dazu eigens eingerichtete Räucherkammern gehangen. Einige Bestandtheile des Rauches und namentlich das fäulnißwidrige Kreosot (s.d.) verbinden sich hier mit dem Fleische in der Art, daß es vor Verderbniß geschützt ist, während andere sich nur äußerlich anhängen und zugleich ein großer Theil von der im Fleisch enthaltenen Feuchtigkeit verdunstet. Wie lange es im Rauche zu hängen hat, muß nach den Umständen beurtheilt werden, je länger dies aber geschieht, desto trockener, schwerverdaulicher, allein auch haltbarer wird es. Der Rauch muß das Fleisch von allen Seiten berühren und so lange das Räuchern dauert, möglichst ununterbrochen zugeleitet werden; wenigstens darf es nicht lange ohne Rauch sein, weil es dann verderben würde. Wo viel geräuchert wird, geschieht dies in Rauch- oder Räucherkammern, welches meist auf dem Boden angelegte, von feuersichern Wänden umschlossene Räume sind, welche Fußboden von Ziegelplatten oder mit dickem Lehm oder Gyps überzogen sind, was auch von der Decke gilt, und am besten eiserne, oder doch wenigstens nach innen mit starkem Blech bekleidete Thüren haben. In der Mitte der Rauchkammer oder an einer Seite derselben steigt die Esse empor, aus welcher durch eine fast am Boden der Kammer angebrachte Öffnung der Rauch hineingeleitet wird. Um dies mehr oder weniger zu bewirken, ist im Rauchfange bei jener Öffnung eine Art Fallthür nöthig, durch welche derselbe beliebig für den Abzug des Rauches verschlossen werden kann. Aus der Rauchkammer entfernt sich der Rauch wieder durch eine zweite, dicht unter der Decke im Rauchfang dazu vorhandene Öffnung; auch müssen noch einander gegenüberliegende und beliebig verschließbare Zuglöcher dazu angebracht sein. Die zu räuchernden Gegenstände werden an hölzerne oder besser noch an eiserne Stangen gehängt, welche an den Wänden mittels einiger Kettenglieder von Haken gehalten werden. Durch Erforschung des eigentlichen Vorgangs beim Räuchern von Fleisch ist man auf ein Verfahren gekommen, welches ohne Anwendung von Rauch dieselben Erfolge hat. Das kurze Zeit eingesalzene oder mit Salz nur eingeriebene Fleisch wird mittels eines Pinsels mit gereinigtem Holzessig, auch Holzsäure genannt, ringsum sorgfältig bestrichen und dann an einen möglichst lustigen Ort gehängt. Nach vier Tagen erfolgt dieses Bestreichen zum zweiten und bei sehr großen Fleischstücken nach abermaligen vier Tagen auch wol zum dritten und vierten Male, worauf dieselben so haltbar und schmackhaft wie anderes Geräucherte sind. Ausführlicher unterrichten darüber Sanson's »Anweisung zu einer neuen Schnellräuchermethode« (Münch. 1824), und Marschall, »Das Einpökeln, Räuchern u.s.w. des Fleisches« (Leipz. 1823).

In neuerer Zeit hat man auch angefangen, den Rauch zum Schutze der Weinstöcke gegen Nachtfröste zu benutzen und in manchen deutschen Weinländern werden die Räucherungen der Weinberge zu diesem Zwecke sogar policeilich angeordnet und beaufsichtigt. Da nämlich heiterer Himmel und ruhige Luft Nachtfröste vorzüglich begünstigen, suchte man durch Hervorbringen eines künstlichen Gewölkes dem entgegen zu wirken und fand in der reichlichen Erzeugung von Rauch während der mit Frost drohenden Nächte und Morgen ein bewährtes Schutzmittel. Die schon vorher in 30–40 Schritt weit voneinander liegenden Haufen zusammengebrachten Brennstoffe (Reisig, dürre Blätter, trockner Rasen u.s.w.) werden in Brand gesetzt, sobald das Thermometer bis auf 11/2° R. über 0 gesunken ist. Ist ein Luftzug vorhanden, so müssen hauptsächlich die Haufen vor dem Winde brennend unterhalten werden, bei ruhigem Wetter aber senkt sich der anfangs emporsteigende Rauch bald und breitet sich über den ganzen umliegenden Raum aus wo die davon umgebenen Weinstöcke, die Obstbäume und andere höher wachsende Pflanzen dann von keinem gewöhnlichen Nachtfroste leiden; dazwischen stehende niedrige werden aber mitunter dennoch davon getroffen. In Frankreich bewirkt man diese Schutzräucherungen auch durch Fackeln von Stroh oder Schilf, welche angezündet werden und mit denen man in den Weinbergen umhergeht, über jeder Rebe Rauch ausströmen läßt und damit fortfährt, bis die Sonne völlig herauf ist und den Weinberg bescheint. Ferner bedient man sich auch des Rauches von wohlriechenden Stoffen, um üble Gerüche zu beseitigen, die aber davon in der Regel nur versteckt werden, und hat dazu allerhand Räuchermittel, wie die aus gepulverter Kohle und damit gemischten sowol flüssigen als trocknen wohlriechenden Stoffen geformten Räucherkerzchen, vielerlei Räucherpulver, mit wohlriechenden Stoffen bestrichene Räucherpapiere, denen aber die flüssigen Räuchermittel (Räucheressenzen und Räucheröle) darum vorzuziehen sind, weil bei ihnen der Wohlgeruch durch keinerlei Verbrennung fester Stoffe beeinträchtigt ist, was mit allen andern der Fall ist. Endlich dienen gewisse Räucherungen auch zur Zerstörung von in der Luft vorhandenen oder an Körpern haftenden Krankheits- und Ansteckungsstoffen durch die chemische Einwirkung ihrer verflüchtigten Bestandtheile (s. Chlor und Desinficiren), daher in Krankenhäusern und in den Quarantainen (s.d.) von ihnen vielfache Anwendung gemacht wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 628-629.
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