Thee

[459] Thee (ein chinesisches Wort aus der Fokien-Mundart), die getrockneten Blätter des Theestrauches (Thea sinensis), einer zur Familie der Camellieae gehörigen Pflanze, welche in China, Japan, Cochinchina u. einigen Gegenden des östlichen u. südlichen Asiens wächst. Man unterschied früher die beiden Abarten Thea bohea u. T. viridis u. glaubte, daß von der ersteren der Schwarze, von der letzteren der Grüne T. komme. Jetzt weiß man, daß es viele Abarten gibt, welche aber alle von einer einzigen Art abstammen u. nur durch Cultur, Klima u. Boden in ihrer äußeren Erscheinung theilweis verändert sind u. daß der Unterschied der grünen u. schwarzen Farbe nur von der Bereitungsart od. von künstlichen Färbungen herrührt. T. bohea ist die kleinere Art, sie liefert die geringen grünen u. schwarzen Theesorten; T. viridis ist größer, von ihr kommen die feineren grünen u. schwarzen Sorten. Der Theestrauch hat viel Ähnlichkeit mit der Camellie (Camellia japonica); er erreicht in der Wildniß eine Höhe von 10–12 Fuß, wird aber in der Cultur nur 5–6 Fuß hoch. Man läßt ihn absichtlich nicht höher wachsen, damit er mehr Zweige treibe u. das Einsammeln der Blätter leichter erfolgen kann. Er hat immergrüne, wechselständige, kurzgestielte, länglich lanzettförmige, gezähnte, 2–3 Zoll lange u. 1 Zoll breite, lederartige, glänzende, an den jungen Trieben etwas behaarte Blätter; die Blumen sind weiß, stehen in den Blattwinkeln zu drei od. vier, haben einen drei- bis sechsblättrigen Kelch, sechs- bis neunblättrige Blumenkrone u. viele Staubfäden; die Frucht ist eine dreifächerige Kapsel, welche in jedem Fach einen in harter Schale eingeschlossenen Samen trägt. Der Anbau des T-s ist über ein großes Ländergebiet Asiens, bes. in China u. Japan, ausgedehnt; am besten gedeiht der T. in den gemäßigten Theilen der heißen Himmelsstriche, geräth aber noch in dem 40. Grad nördl Breite. Die Bezirke Chinas, welche den T. zur Ausfuhr nach Europa u. Amerika liefern, liegen zwischen dem 26.° u. 31.° nördl. Br., u. die besten Theegegenden sind die zwischen 27° u. 31°; in Japan wird er zwischen dem 30.° u. 35.° angebaut. Die Versuche T. in Amerika u. Australien zu cultiviren sind nicht fortgesetzt worden, weil hier der Arbeitslohn im Verhältniß zu dem in China zu bedeutend u. daher eine Concurrenz unmöglich ist. Dagegen hat die indische Regierung am Himalaya u. die holländische Regierung in Java große Strecken Landes mit T. anbauen lassen; auch in Bengalen wird viel T. cultivirt. In den nördlichen Gegenden von China liegen die Theeplantagen immer an den unteren Abhängen der Hügel, in den Boheabergen auch in der Ebene, aber nie im Tiefland. Immer muß der Boden fruchtbar sein, weil auf schlechtem Boden die Pflanze das Abnehmen der Blätter nicht würde vertragen können. Der im October gesammelte Same wird in einem Korb mit feuchter Erde u. Sand gemischt u. so bis zum Frühling aufbewahrt. Im März wird er gesäet u. im nächsten Frühjahre beim Beginn der warmen Regen setzt man die jungen Pflanzen um; man pflanzt sie in Reihen von etwa 4 Fuß Abstand. Im kalten Winter werden sie durch Umwinden mit Stroh vor dem Erfrieren geschützt. Die Theesträucher werden 10–12 Jahre alt, aber erst im zweiten od. dritten Jahre liefern sie brauchbare Blätter. Das Einsammeln geschieht jährlich dreimal; die Blätter werden mit der Hand, meist von Weibern, abgestreift u. in Körbe von Rohr od. Bambus geworfen. Bei der ersten Ernte, welche schon gegen Mitte April vorgenommen wird, sammelt man die jungen Blätterknospen, welche sich eben zu entwickeln beginnen; diese liefern den feinsten u. wohlschmeckendsten T., welcher von den Chinesen sehr geschätzt u. meist nur zu Geschenken an gute Freunde verwendet wird. Im Mai od. Juni erfolgt die zweite Ernte, die Haupternte im ganzen Jahre; u., sobald die Sträucher wieder neue Blätter getrieben haben, die dritte[459] u. letzte Ernte, diese liefert einen geringen T., welcher gar nicht zur Versendung ins Ausland kommt.

Je nachdem man nun Grünen od. Schwarzen T. herstellen will, werden die Blätter einer verschiedenen Behandlung unterworfen. Bei der Bereitung von Grünem T. werden die eingesammelten Blätter auf Horden von Bambusstäben 1 od. 2 Stunden lang der Luft ausgesetzt, dann werden sie in die vorher erhitzten Röstpfannen geworfen u. mit beiden Häden sehr schnell umgerührt; nach 4–5 Minuten werden die welken u. feuchten Blätter auf Rolltische gebracht u. mit den Händen zusammengerollt; hierauf werden sie wieder in die erhitzte Pfanne geworfen u. fortwährend mit den Händen umgerührt; zuweilen bringt man sie dann nochmals auf die Rolltische, worauf sie nach wenigen Stunden ganz trocken werden; ihre nun dunkelgrüne Farbe wird mit der Zeit heller. Nachdem man auf diese Weise ein ziemliches Quantum T. getrocknet hat, wird derselbe durch verschiedene Siebe von Staub u. Unreinigkeiten befreit u. dann sortirt. Während dieser Sortirung wird der T. nochmals erhitzt, die geringeren Arten einmal, die besseren drei- bis viermal. Häufig gibt man dem Grünen T. eine künstliche Färbung durch eine aus drei Theilen Berliner Blau, vier Theilen Gyps u. einem gelben Pflanzenpigment gemischte Farbe, welche dem T. während des letzten Röstens zugesetzt wird. Auf sieben Pfund T. kommt etwa ein Loth Farbe. Die Chinesen verwerfen solchen gefärbten T. für den eigenen Gebrauch, im Handel ist er aber wegen seiner gleichmäßigeren u. lebhafteren Färbung gesuchter als der nicht gefärbte. Zuweilen wendet man auch statt des Berlinerblaues Indigo an. Soll Schwarzer T. bereitet werden, so läßt man die eingesammelten Blätter auf den Horden längere Zeit an der Luft liegen, bearbeitet sie dann mit beiden Händen, indem man sie zusammendrückt, reibt u. in die Höhe wirst, damit sie sich auseinandertheilen, u. setzt dies so lange fort, bis sie ganz welk u. weich geworden sind; dann werden sie in Haufen geschüttet, eine Stunde od. auch länger der Luft ausgesetzt u. auf die Rolltische gebracht, hierauf in eisernen Pfannen geröstet u. nochmals zusammengerollt, dann aber, auf Siebe möglichst dünn geschüttet, etwa drei Stunden lang der Luft ausgesetzt, während welcher Zeit die Siebe beständig umgedreht werden müssen, um das Aneinanderhaften der Blätter zu vermeiden. Sie werden nun zum zweiten- u. drittenmal geröstet u. gerollt u. dann langsam über Holzkohlenfeuer getrocknet; endlich wird der fertige T. gesiebt u. sortirt. Kommt der T. an Ort u. Stelle zum Verbrauch, so trocknet man ihn weniger stark als den zum Versandt bestimmten.

Die Güte des T-s ist in den verschiedenen Theebezirken sehr abhängig von dem Klima, dem Boden, der Jahreszeit, in welcher die Blätter gesammelt werden, u. dem Verfahren bei der Zubereitung. Man unterscheidet in den Theebezirken bes. folgende Sorten: A) Grüner T.: a) Hyson (He-chun), wächst bes. in der Provinz Songho; besteht aus den bei der ersten Ernte gesammelten jungen Blättern, welche jedes einzeln mit der Hand gerollt werden; er ist sehr stark, hat einen angenehmen Geruch u. gibt einen citrongelblich gefärbten Aufguß; b) Gunpovder (Schießpulverthee, bei den Chinesen Chucha, Perlthee), ist der ausgesuchte Hysonthee u. besteht aus den zu kleinen festen Kugeln am besten zusammengerollten Blättern; der Aufguß ist goldgrünlich; c) Hyson-Skin, besteht aus den Abfällen bei der Bereitung des Hyson, ist fast geruchlos, der Aufguß dunkelgelb u. leicht getrübt; d) Young-Hyson (Hyson junior, von dem Chinesischen Yu-tsein, d.i. vor dem Regen), ursprünglich ein seiner Thee von veilchenähnlichem Geruch, aus jungen, zarten Blättern bestehend; kommt jetzt fast nur gefälscht in den Handel, zumeist besteht er aus grün gefärbten Blättern von grobem schwarzem T.; e) Imperial, ein seiner grüner T., welcher bes. zur Versendung nach Europa kommt; die Blätter sind stark zusammengerollt, f) echter Kaiserthee (Blumenthee), gelangt sehr selten nach Europa; der als Blumenthee (Blömenthee) in dem Handel vorkommende T. ist ein mit den Blüthen des Ölbaums versetzter Chusanthee; g) Twankay, bildet den größten Theil des nach England versendeten T-s; das Blatt ist älter u. weniger zusammengerollt als das der übrigen Sorten. B) Schwarzer T.: a) Bohea (Woo-e, Boui, Bou), wächst bes. in den Provinzen Fokien u. Canton, der Aufguß ist röthlich u. schmeckt schwach; das Blatt ist grob u. enthält einen großen Theil holziger Fasern; b) Congu (Congo, von den Chinesischen Kunghu, d.i. Fleiß), Aufguß klar u. von angenehmem Geschmack; wurde früher bes. von der Ostindischen Gesellschaft verkauft, verschlechterte sich aber u. mußte dem Boheathee weichen; c) Suchong (Seau-chung), der stärkste schwarze T., ist von den Chinesen sehr geschätzt, das Blatt ist sein u. in der Regel ganz zusammengerollt. Der sogenannte Padre-Suchong, in Papierpacketen zu 1/2 Pfund verpackt, wird fast nur zu Geschenken verbraucht. Die feinsten Sorten des Suchong werden oft, um das Aroma zu erhöhen, mit den Blüthen des Chloranthus inconspicuus u. der Gardenia florida vermischt; d) Caperthee, harte Körner, welche aus dem mittelst Gummi zusammengeleimten Staub u. Abfällen anderer Sorten bestehen; e) Pekoe (Pekko, Pak-ho, Pekar, Pekin, d.i. weißer Flaum), besteht aus den zarten Sprossen der Blattknospen dreijähriger Pflanzen, welche im Frühjahr gepflückt werden, ist daher sehr theuer u. selten; er wird nur bei mäßiger Hitze getrocknet, um den seinen Geruch zu erhalten, verdirbt aber deshalb leicht auf dem Lager; zuweilen mischt man ihn mit den Blüthen des Ölbaums, um den Geruch zu verstärken; der Aufguß ist schön goldgelb, im Geschmack dem der frischen Haselnüsse ähnlich. Ein bes. ausgezeichneter T. dieser Sorte ist der T. von den Drachenbrunnen; er wird blos von Personen höchsten Ranges in China verbraucht u. kommt niemals od. nur selten nach Europa. Die seltenste u. theuerste Art ist der Hyson-Pekoe, welcher niemals nach Europa kommt, weil er unterwegs verderben würde. Pekoe von Assam hat einen weit weniger angenehmen Geruch u. Geschmack, als der chinesische Pekoe. Orangefarbener Pekoe ist schwarz u. orangefarben gemischt, mit Congu vermischt bildet er den in London als Howquamixture verkäuflichen T. Liethee (Falscher T.) ist ein in China in großen Massen fabricirter T.; derselbe besteht aus dem mit Reiswasser zusammengeleimten u. in Körnern gerollten Staub u. Kehricht der Theefabriken; man färbt ihn schwarz od. grün u. verfälscht damit die bessern Sorten. Der zum Export bestimmte T. wird in gefirnißten Kisten[460] verpackt, welche mit Stanniol, trockenen Blättern od. Papier ausgeklebt sind. Der über Rußland bezogene sogenannte Karavanenthee wurde sonst in, mit Bleifolie ausgelegten Kisten verpackt u. diese noch in Bambusmatten od. Thierfelle eingenäht. Wegen dieser sorgfältigen Verpackung behielt dieser T. seinen seinen Duft u. war daher vorzüglicher als der englische; da die russischen Kaufleute aber die Fracht für die schweren Bleikisten ersparen wollten u. sich daher die Verpackung in hölzernen, nur mit Papier ausgeklebten Kisten ausbaten, so hat jener Vorzug des Karavanenthees vor dem über England bezogenen T. aufgehört. In den Kleinhandel gelangt der T. in mit Papier überzogenen Stannioldosen von je einem halben Pfund. Ein eigenthümlicher T., der sogenannte Ziegelthee, ist im nördlichen China bei den nomadischen Völkern Sibiriens, bei den Tataren u. Kalmüken allgemein in. Gebrauch. Verwelkte, zurückgesetzte u. verdorben Blätter, kleine Sprossen u. Zweige werden in hölzerne Formen mit Leim, Blutwasser von Ochsen od. Schafen, od. einem andern Bindemittel stark zusammengepreßt u. die 1/2 Zoll dicken, 4–41/2 Zoll breiten u. 8 Zoll langen Ziegel getrocknet; diese Theeziegel sind so fest, daß sie sich nur mit Mühe zerbrechen lassen, haben eine dunkelgraue, zuweilen grünliche Farbe u. geben einen dunklen Aufguß.

In China mag der Gebrauch des T-s schon in sehr früher Zeit allgemein gewesen sein, denn bereits gegen Ende des 8. Jahrh. wurde der Theebau besteuert; in Japan ist der T. ebenfalls vor dem 9. Jahrh. eingeführt gewesen. Die Japanesen erzählen von der Entstehung des T-s, daß ein frommer Priester Darma (s.d. 2) das Gelübde gethan habe Tag u. Nacht in Andachtsübungen zuzubringen, dabei aber oft vom Schlaf befallen worden sei u. im heiligen Zorn darüber sich die Augenlider abgeschnitten u. auf die Erde geworfen habe. Aber Gott ließ aus ihnen einen Strauch emporwachsen, dessen Blätter die Form der Augenlider u. die Eigenschaft besitzen den Schlaf zu vertreiben. Eine ganz ähnliche Sage wird auch von der Einführung des Kaffees in Arabien erzählt. In Europa wurde der T. im 17. Jahrh. durch die Holländer eingeführt. Eine russische Gesandtschaft brachte den ersten Grünen T. nach Moskau u. 1664 machte die Ostindische Gesellschaft dem Könige von England ein Geschenk von zwei Pfund T. als eine große Seltenheit. Erst 1763 kamen durch den schwedischen Schiffscapitän Gustav Eckeberg auch einige Pflanzen von China nach Europa, welche im Botanischen Garten von Upsala unter Linnées Aufsicht herrlich gediehen. Jetzt findet man sie in allen Botanischen Gärten. In den europäischen Staaten ist der Theeverbrauch in Rußland, Großbritannien u. Holland am größten, wogegen im Süden der Kaffee u. die Chocolade die bevorzugten Getränke sind; ebenso wird im nördlichen Deutschland weit mehr T. getrunken als im südlichen. In China ist der T. das allgemeinste u. beliebteste Getränk, welches zu allen Tageszeiten genossen wird; selten trinken die Chinesen kaltes Wasser, sondern löschen mit T. ihren Durst; ebenso verbreitet ist der Genuß des T-s in Japan. Man bereitet das Getränk in der Weise, daß man auf die Blätter heißes Wasser gießt u. verdeckt einige Zeit stehen läßt; man trinkt diesen Aufguß ohne Zuthat, das Landvolk setzt zuweilen Ingwer u. Salz zu. In Deutschland genießt man Zucker u. Milch od. Rahm dazu u. verdirbt häufig den natürlichen Geschmack durch Rum, Cognak, Arrak od. rothen Wein, Zimmt od. Vanille. In Rußland ist eine Citronenscheibe eine gebräuchliche Zuthat. Eigenthümlich ist die Bereitung des Ziegelthees bei den Tataren; derselbe wird zu seinem Pulver gestoßen u. dieses mit Wasser so lange gekocht, bis die Flüssigkeit sich kaffeebraun gefärbt hat; dann nimmt man das Gefäß vom Feuer u. gießt den T. ab. Hierauf erhitzt man in einer Pfanne Rahm, Fett u. Mehl, gießt dazu dick zusammengekochte Milch u. endlich den schon etwas erkalteten T.; zuletzt setzt man dem Getränk noch Salz zu. Man genießt davon täglich 20–40 Tassen. Der Theeaufguß wirkt, mäßig genossen, erheiternd, ohne zu berauschen, er erregt die Thätigkeit des Gehirns u. der Nerven u. erzeugt Aufgewecktheit, er steigert die Urtheilskraft u. verursacht Wohlbehagen u. Munterkeit, gleichzeitig besänftigt u. beruhigt er das Gefäßsystem. Zu stark od. im Übermaß genossen, verhält er sich ganz wie ein narkotisches Gift, bringt nervöses Zittern, allgemeine Unruhe u. Schlaflosigkeit, selbstkrampfhafte Zufälle hervor. Der Grüne T. wirkt weit narkotischer als der Schwarze, u. ebenso soll frischer T. diese nachtheiligen Wirkungen in viel höherem Grade besitzen als alter; daher trinken die Chinesen den T. selten, ehe er ein Jahr alt ist. Die Bestandtheile der getrockneten Theeblätter sind ein ätherisches, narkotisch wirkendes Öl, das Theeöl (s.d.), Theïn (s.d.), Gerbsäure, Boheasäure, etwas Harz, Wachs u. Chlorophyll, Gummi, Caseïn u. Aschenbestandtheile. In verschiedenen Theesorten ist die Menge dieser Bestandtheile verschieden u. wechselt ebenso mit der Art der Zubereitung. Guter Schwarzer T. enthält 2,13 Procent, Gunpovder 4,13 Procent Theïn. Warrington fand in Schießpulverthee aus Java 5 Proc. Asche, in Assam Hayson 6, in Kemaon Hayson 5, in Liethee 45,5, in andern falschen Theesorten über 10 Proc. Asche. In den Aufguß gehen das ätherische Öl, die Gerb- u. Boheasäure, Gummi, das Theïn u. eine geringe Menge mineralischer Bestandtheile über. Der Verbrauch an T. in den europäischen Staaten ist seit der Einführung desselben mit jedem Jahre bedeutend gestiegen u. ist jetzt noch im Wachsen. Im Jahre 1711 belief sich der Theeverbrauch in Großbritannien auf 142,000 Pfund; 1785, nach Aufhebung des Zolls, schon 13 Millionen Pfund u. gegenwärtig mögen dort über 60 Millionen Pfund T. jährlich consumirt werden; eingeführt wurden 1861 in England 92 Millionen Pfund, wovon aus China allein 771/2 Million. Nach Rußland gelangt der T. hauptsächlich über Klachtha u. Semipalatinsk, zum Theil auch über Odessa. Die Einfuhr betrug in Rußland 1792: 11,552 Pud Ziegelthee u. 6861 Pud guter T.; 1847: 130,000 Pud Ziegelthee u. 226,410 Pud guter T. Auf den Kopf berechnet ist der Theeverbrauch in England 21 Pfd., in Nordamerika etwas über 2/3 Pfd., im Deutschen Zollverein 0,02 Pfd., im Steuerverein 0,21 Pfd., in Frankreich 0,008 Pfd. Der meiste T. wird in China u. den angrenzenden Ländern selbst consumirt; man schätzt die jährliche Production an T. in China auf 2240 Mill. Pfund; hierzu kommt noch der T. von Japan, Korea, Assam u. Java, von den Anpflanzungen in Ostindien u. Malacca; Schanghai allein producirt an 500 Mill. Pfd. T., wovon das Meiste im Lande selbst verbraucht wird. Die Verfälschung des T-s geschieht schon in China selbst,[461] wo die getrockneten Blätter u. Blüthen von Chloranthus inconspicuus, Olea fragrans, Gardenia florida, Jasminum sambac unter die Theeblätter gemischt werden; auch die Ostindische Compagnie bedient sich solcher u. ähnlicher Mittel, u. man fand in den Theesorten der britischen Fabrikation sowohl Buchen- u. Ahorn-, als Roßkastanien-, Platanen-, Eichen-, Pappel- u. Schlehenblätter. Man trocknet dieselben, bricht sie in kleine Stücke, versieht sie mit einem Gemisch von Catechu u. Gummi u. fügt sie alsdann dem T. bei. Nicht minder zahlreich sind die Mittel, deren man sich in Europa zur Verfälschung des T-s bedient. In England gibt es Fabriken, welche die durch Aufgießen schon erschöpften Blätter aus Gast- u. Kaffeehäusern aufkaufen u. in der Weise behandeln, daß sie vom echten T. nicht mehr unterschieden werden können; man taucht die Blätter in Gummiwasser, trocknet u. färbt sie mit verschiedenen Pigmenten, je nachdem man Grünen od. Schwarzen T. herstellen will. Im Jahre 1843 befanden sich in London allein acht solche Fabriken; jetzt scheint der Betrug etwas nachgelassen zu haben, aber doch noch heimlich fortgetrieben zu werden.

Man hat vielfach versucht den T. durch Surrogate zu ersetzen, ist darin aber weniger glücklich gewesen, als inder Wahl der Ersatzmittel für den Kaffee; Erdbeer-, Salbei-, Schlehen- u. eine Menge anderer Blätter sind dazu benutzt worden, aber keins dieser Surrogate hat sich bis jetzt wirklich eingebürgert. Ein dem chinesischen T. sehr nahe kommendes Getränk bereitet man aus den hellbraun gerösteten u. zu Pulver gestoßenen Körnern des gewöhnlichen Mais, denen man eine genügende Menge getrockneten Waldmeister zusetzt u. mit heißem Wasser übergießt; sehr wohlschmeckend u. dem chinesischen T. ähnlich ist auch eine Abkochung der Samenkörner der wilden Rose (Hagebuttenkörner). Am meisten Beachtung verdienen die in neuerer Zeit als Surrogat des chinesischen T-s empfohlenen gerösteten Blätter des Kaffeebaums, weil diese den wesentlichen Bestandtheil des T-s, das Theïn, u. daneben ein narkotisch wirkendes ätherisches Öl enthalten, während den übrigen Ersatzmitteln, mit Ausnahme des Paraguaythees, dieser Bestandtheil fehlt. Der Gebrauch der Kaffeeblätter zu Kaffeethee ist schon seit langer Zeit in dem ganzen Indischen Archipel einheimisch, u. die erfrischende, kräftigende u. den Schlaf vertreibende Wirkung dieses T-s versprechen ihm auch eine nicht unbedeutende Zukunft für den europäischen Handel. Für die südamerikanischen Staaten ist der Paraguaythee (Matéthee), die getrockneten Blätter der Stechpalme (Ilex paraguayensis), von eben solcher Wichtigkeit, wie für das nordöstliche Asien u. Europa der chinesische T.; der wässerige Aufguß dieser Blätter ist in Paraguay, La Plata, Peru u. Quito, Neugranada, Columbien u. Mexico das Lieblingsgetränk der ganzen Bevölkerung. Nach Miers gibt es acht Arten der Stechpalme, von welchen allen die Blätter behufs der Gewinnung von T. gesammelt werden; es sind Sträucher od. 30–40 Fuß hohe Bäume, welche in den Wäldern u. an den Flußufern von Paraguay u. dem Innern von Brasilien wachsen. Die abgeschnittenen Zweige werden über mäßigem Feuer getrocknet u. die Blätter dann mit Stöcken od. Stampfen abgeschlagen, wodurch sie sich zum Theil in Pulver verwandeln. Dann füllt man sie in Säcke von baumwollenem Zeug od. in Hirsch- od. Ochsenhäute. Die jungen Sträucher liefern den besten T., doch hängt die Qualität auch von der herrschenden Witterung, sodann von dem Verfahren bei der Zubereitung wesentlich ab. Man verkauft ihn in drei Sorten: Caa-Cuys, Caa-Miri u. Caa-Guaza; die erste Sorte ist die beste u. wird von den jungen Blättern bereitet. In Brasilien gewinnt man eine Art Maté, den sogenannten Gongonha, aus den Blättern von Ilex gongonha u. I. theezans, in Chile aus Psoralea glandulosa. Der Maté des Handels ist ein grünliches Pulver, untermischt mit kleinen Zweigen u. Holzstücken; er enthält, wie der chinesische T., ein ätherisches Öl, welches sich ebenfalls erst beim Rösten der Blätter entwickelt; ferner Theïn, u. zwar nach Stahlschmidt 0,44 Procent, Gerbsäure, Wachs, Eiweiß u. Gummi. Das Getränk bereitet man durch Aufgießen von heißem Wasser über dies Pulver, man trinkt es aus kelchförmigen Gefäßen mittelst einer Röhre (Bombille) von Metall, welche an dem einen Ende offen ist, am andern eine Art Brause od. siebartig durchlöcherte Kugel trägt; u. zwar sehr heiß, weil es sonst schwarz wird u. seinen gewürzhaften bittern Geschmack verliert. In seinen Wirkungen ist der Matéthee dem chinesischen T. ähnlich, aber viel aufregender; er berauscht sogar u. erzeugt bei übermäßigem Genuß Säuferwahnsinn. Im nördlichen Europa, sowie in Nordamerika, werden die Blätter des wilden Rosmarins (Ledum palustre) u. des breitblätterigen Borst's (Ledum latifolium) statt des chinesischen T-s gebraucht; in Nordamerika heißt dieser T. Labradorthee (Jakobsthee). In Nordafrika wird ein anderer T. außerordentlich stark verbraucht, welcher aus den getrockneten Blättern von Catha edulis besteht u. Khat od. Chaat genannt wird. Der Tosmanische T. kommt vonmehren Arten von Melaleuca u. Leptospermum, in Australien wachsenden Bäumen, welche dort schlechtweg Theebäume genannt werden. In Bengalen u. Wasserindien dienen die Blätter der Theemyrthe (Glaphyria nitida) zur Bereitung eines beliebten Getränks. Der Santa Fé-T. in Neugranada kommt von Alstonia theaeformis; der Capitao da Matto in Brasilien von Lantana pseudothea; der Mexicanische (Jesuiter-) T. in Mexico u. Columbien von Chenopodium ambrosioides; der Bergthee (Canadischer T.) in Nordamerika von Gaultheria procumbens; der Osvegothee (Pennsylvanischer T.) in Nordamerika von Monarda didyma u. M. purpurea; der Fahamthee auf Mauritius von Angraecum fragrans.

Bei uns werden beim Bereiten des T-s als Getränk die Theeblätter in die Theekanne, ein der Kaffeekanne ähnliches, aber niedrigeres u. bauchigeres Gefäß, gethan, das siedende Wasser aber aus einer Theemaschine od. einem Theekessel darauf gegossen. Die Theemaschine ist ein metallenes, meist kupfernes od. silbernes Gefäß, worin das Wasser durch eine Lampe od. durch Kohlen heiß gemacht od. heiß erhalten wird. Nahe am Boden des Gefäßes ist ein Hahn, durch welchen das Wasser in die Theekanne gelassen wird. Der Theekessel ist ein niedriges, bauchiges Gefäß von Weiß-, Messing- od. Kupferblech mit Deckel u. Schnauze, worin das Wasser in das Zimmer gebracht u. daselbst auf einem Kohlenfeuer heiß erhalten wird. Damit beim Eingießen des Thees in die Tassen nicht Blätt er mit in dieselbe kommen,[462] so ist der Eingang zur Schnauze u. Röhre der Theekanne nicht ganz offen, sondern wie ein Sieb gelöchert; od. man hat auch ein besonderes, aus Silber gemachtes u. mit einem Stiel versehenes Theesieb, welches beim Einschenken über die Tassen gehalten wird. Die Theeblätter bewahrt man vor dem Gebrauch in einer blechernen, gläsernen od. porzellanen Theebüchse auf. Man trinkt den T. früh, wo er die Stelle des Kaffees ersetzt, bes. aber Abends in kleinen Vereinen u. größeren Gesellschaften. In England, Holland, Deutschland, Dänemark, auch in Rußland u. Schweden sind diese Theegesellschaften ein wesentlicher Bestandtheil der Geselligkeit geworden, u. während man in Frankreich u. Italien in Assembléen, in Spanien u. Portugal in Tertullias (s.d.) die Gesellschaft mit Conversation, Musik u. höchstens einem Glas Wasser regalirt, eint der T. im Norden um die Theestunde, in kleineren Städten gegen 5, 6 od. 7, in größeren gegen 8–10 Uhr, die Gesellschaft zum traulichen Beisammensein u. zur Conversation über Gegenstände der Zeit, Politik, Theater, Musik, Literatur. Ist hiermit Vorlesung von Literaturwerken od. Musik verknüpft, so nennt man den T. auch wohl einen Lese- u. Singethee; wird zugleich mit declamatorischer Unterhaltung, Darstellung von kleinen Stücken etc. gewechselt, so nennt man den T. einen ästhetischen; wird dabei getanzt, so wird er zum Thé dansant (s. d). 2) Auch andere geschnittene, zum wässerigen, tassenweise warm als Heilmittel zu trinkenden Aufguß bestimmte Vegetabilien (Theespecies, Species pro thea s. pro tisana), meist durch Benennung der dazu gebrauchten Substanz näher, als Kamillen-, Hollunder-, Pfeffermünz-, Lindenblüthen-, Baldrianthee etc. bezeichnet. Schweizer T. besteht aus gleichviel Wermuthspitzen u. Kraut, kriechendem Günsel, Betonien, Bergmelisse, edlem Gamander, Ysop, Gundermann, Schafgarbe, Dosten, Großem Sinngrün, Rosmarin, Sanikel, Salbei, Hirschzunge, Lachenknoblauch, Thymian, Ehrenpreis, Blumen pon Wohlverleih, Ruhrkraut, Scabiosen, Huflattig.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 459-463.
Lizenz:
Faksimiles:
459 | 460 | 461 | 462 | 463
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Fantasiestücke in Callots Manier

Fantasiestücke in Callots Manier

Als E.T.A. Hoffmann 1813 in Bamberg Arbeiten des französischen Kupferstechers Jacques Callot sieht, fühlt er sich unmittelbar hingezogen zu diesen »sonderbaren, fantastischen Blättern« und widmet ihrem Schöpfer die einleitende Hommage seiner ersten Buchveröffentlichung, mit der ihm 1814 der Durchbruch als Dichter gelingt. Enthalten sind u.a. diese Erzählungen: Ritter Gluck, Don Juan, Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza, Der Magnetiseur, Der goldne Topf, Die Abenteuer der Silvester-Nacht

282 Seiten, 13.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon