Afrika (Frauen)

[97] Afrika (Frauen). Die Bewohner dieses Landes theilen sich im Allgemeinen in zwei Hauptklassen, von denen diejenige, welche den nördlichen Theil bewohnt, völlig weiß ist, wie wir an den schönen afrikanischen Frauen in Tunis, Algier, Tripolis und Aegypten sehen. Im südlichen Theile, in der heißen Zone, welche den größten Theil von Afrika umschließt, wohnen Neger, bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung hinab. Sie sind von einander äußerlich nur wenig unterschieden, doch durch Sitten, Gebräuche, Religion und Lebensart mehr oder minder getrennt. Die Frauen sind im Allgemeinen auch hier, wie bei allen rohen Nationen, die Untergeordneten, Unterdrückten. Die ritterliche Galanterie der Mauren welche Spanien zum Sitze der Musen und der romantischen Tapferkeit machte, ist verschwunden. Schön und muthig, ja verwegen und tollkühn im Kampfe sind die Männer im Norden von Afrika noch, wie vor 500 Jahren; wie zur Zeit des Khalifats die Araber oder Sarazenen es jemals gewesen; aber die Poesie ist aus ihrem[97] Leben gewichen, seitdem sie dem edlen Weibe die Freiheit genommen, die ritterliche Galanterie verschwunden, seitdem sie das idealere Geschlecht sich untergeordnet haben. Wie in der Türkei, wie in Aegypten sind die Frauen in Harems eingesperrt und zu einer einförmigen Lebensweise verdammt. Auf den Straßen sieht man nur die schönen Jüdinnen; sonst aber kein Weib. In den Häusern der Muhamedaner bekommt man selbst als langjähriger Gastfreund eben so wenig eine Frau oder ein Mädchen zu sehen; ja nur die bloße Frage nach ihnen gilt für eine Beleidigung. Die Thürme, von denen die Stunden abgerufen werden, (denn sie haben weder Uhren noch Glocken) sind meistens mit blinden Wärtern besetzt, damit die Frauen, wenn sie etwa zwischen Tag und Dunkel auf dem flachen Dache des Hauses lustwandeln, selbst nicht von diesen erblickt werden können. Minder beschränkt sind die Frauen unter den muhamedanischen Negern und den Christen: den Kopten und Abessiniern. Bei den Letztern ist die Vielweiberei durch das Christenthum aufgehoben worden. Bei den Negern muhamedanischen Glaubens, besonders im Lande Dahomey findet beinahe das umgekehrte Verhältniß, wie bei den Mauren Statt. Nicht nur daß die Frauen nicht in Harems eingesperrt werden, bilden sie sogar die Wache der Männer. Der König dieses kriegerischen Negervolks hält 6000 Jungfrauen, welche alle in den Waffen wohlgeübt und beritten sind. Sie bilden als echte Amazonen seine Leibgarde. – Je weiter man nach Süden geht, um desto mehr verwischt sich der Islamismus, so daß er unter den Kaffern und Hottentotten gänzlich aufhört, und mit ihm auch die Vielweiberei, welche ohnedieß unter Nomaden nicht wohl bestehen kann. Die Negerfrauen zeichnen sich durch eine übermäßige Fülle, welche oft an's Fratzenhafte gränzt, aus, sobald sie das dreißigste Jahr erreichen. So lange sie in der ersten Blüthe stehen, ist ihr Wuchs von seltenem Ebenmaße und auch das Antlitz reizend geformt; denn nicht alle Negerstämme haben aufgeworfene Lippen und breite Backenknochen; es gibt im Gegentheile viele wie[98] z. B. die Aschantis, deren edle Gesichtsbildung mit jeder europäischen wetteifern kann. So sieht man in Brasilien schwarze Sklavinnen, die bis auf die Farbe mit jedem weißen Weibe um den Preis der Schönheit ringen können. – Besonders anmuthig kleidet sie der blendend weiße Kopfputz, und die gleichfalls weißen Gewänder heben das Colorit der Schultern, des Gesichtes und der Arme. Ebenso wie die europäische Frau auf die edle Form ihres Marmornackens stolz ist, kann es die Negerin sein; nur daß ihr Nacken dem blendend schwarzen Marmor gleicht. Noch viel schönere Formen haben die Frauen bei den Kaffern.– weniger bei den Hottentotten. Wären die hervorstehenden Backenknochen nicht, so würde man versucht, ein solches Mädchen ruhig auf einem Piedestal stehend, für die Statue einer Venus aus Bronze zu halten. Die Hottentottinnen werden dadurch entstellt, daß man ihnen gleich nach der Geburt den Nasenknorpel eindrückt. Beide letztgenannte Völker gehören auch nicht zu den rundgeformten, herkulisch-zusammengedrängten Negern; das beweist schon ihre mehr olivenbraune als schwarze Farbe, ihr gestreckter langer Bau, ihr langes Haar. Die Hottentottinnen salben sich mit Kuhmist und Butter, und pudern sich mit Buchupulver. Als Kleidung tragen sie nur ein Thierfell mit einer Kapuze, worin das Kind sitzt. Arme und Beine sind mit Ringen aus Glaskorallen, Elfenbein, Zinn und anderen Metallen geschmückt; ihre Tänze sind lebhaft und mimisch, oft sogar dramatisch. Bei ihnen, noch mehr aber bei den Kaffern ist das Tätowiren üblich. Die mannbaren Mädchen werden bei den letzteren feierlich in die Zahl der Frauen aufgenommen. Ihre Kleidung besteht auch aus Thierfellen, doch tragen die Weiber einen sauber gearbeiteten Turban aus seinem Leder auf dem Kopfe. Bei den Koranas. der gebildetsten Hottentottennation, ist zwar Vielweiberei erlaubt, findet aber selten Statt. Gefällt einem Jüngling ein Mädchen; so führt er einen Ochsen vor ihr Haus, und erlaubt sie, daß dieser geschlachtet werde, so ist die Ehe geschlossen. Die Weiber der Betjuanen sind von zartem, [99] gefälligem Gliederbau, brauner Farbe, weicher, sanfter Haut, hohem Nasenrücken und europäisch geformten Lippen. Sie durchsingen und tanzen ganze Nächte, schlafen aber nie während des Tages. Sie schmücken sich mit Glaskorallen und seinen Halsschnüren, welche sie zierlich aus Binsen flechten. – Die Congoneger, welche mit den Europäern viel Sklavenhandel treiben, bieten diesen oft ihre eigenen Frauen und Töchter zum Kaufe an. – Der König des Reiches Dahomey hat das Monopol der Weiber, die alle sein Eigentbum sind. Wünscht Jemand eine Frau, so bringt er 20,000 Kauri vor die Thüre des königl. Palastes, wirft sich in den Staub, und der König läßt ihm darauf eine Frau geben. In den dortigen Götzentempeln wohnen Priesterinnen, welche Orakel ertheilen. Sie werden als Jungfrauen geraubt, und förmlich mit Schlangen vermählt, welche in den Tempeln unterhalten und verehrt werden. Die Kleidung der Weiber ist hier sehr kostspielig. Sie tragen um Hals, Arme, Knöchel und Finger Korallen und Ringe, bunte Kleider aus Seide und Sammt. Der Schmuck ist von Gold und Perlen. Sie flechten ihr Haar sehr zierlich, und tätowiren sich mit Geschmack. – Der König der Aschantis muß 3333 Weiber haben, wovon er aber wieder viele an seine Lieblinge verschenkt. – In der Capstadt herrscht europäische Kultur. Die Damen sind schön, lieben Putz und Tanz, und trachten nach europäischen Moden. Ihre Manieren aber lassen es merken, daß sie von Sklavinnen erzogen werden. Tanz, Clavierspielen und Singen macht die ganze Bildung eines vornehmen Mädchens aus. Die Frauen europäischer Abkunft und in der Regel sittsam, weniger gilt dies von den Creolinnen selbst in den höhern Ständen.

V.–n.–

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 97-100.
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