Neptun (Mythologie)

[397] Neptun (Mythologie), griechisch Poseidon, war gleich seinen Brüdern Zeus (Jupiter) und Aides (Pluto) ein Sohn Saturns und der Rhea. Als die Brüder sich vereint gegen ihren grausamen und unnatürlichen Vater empört und ihn überwältigt hatten, theilten sie die Herrschaft der Welt unter sich, und Neptun erhielt zu seinem Antheile das Meer. Sein Palast, unvergänglich, glänzend von Gold und allen geheimen Schätzen der Meerestiefe, liegt im Schooße der Gewässer bei Aegä (Euböa), von dort fährt er auf prächtigem Wagen, gezogen von goldgemähnten Seerossen, über die Fluthen, umgeben von dem wundersamen Gefolge der Tritonen, Delphinen und Nereïden. Er ist der Wogenerreger und Wogenbesänftiger, dem Winke seines Tridents (Dreizacks) gehorcht Welle und Fluth, von seinem Stoße erschüttert die Erde. Er ist weniger weise und[397] weniger kräftig als Zeus, sein älterer Bruder, doch zornig wie jener, und Beleidigungen streng, oft grausam rächend. Neptun erschuf das Roß, als er mit Minerva um den Namen der Hauptstadt Attika's bei deren Gründung stritt, wer den Menschen das beste Geschenk verleihen werde. Pallas Athene aber schuf den Oelbaum, siegte, und Athen hieß fortan nach ihr. Ost stritt er um Länder und deren Besitz mit den übrigen Göttern. Seine Gemahlin war Amphitrite, mit der er den Triton, den Vater der Tritonen, zeugte. Er hatte außerdem der Geliebten viele, und eine zahlreiche Nachkommenschaft, darunter viele Rosse und Ungeheuer, soz. B. Arion, ein Roß von der Demeter (Ceres), den Pegasus, von der Medusa, den goldvließigen Widder der Argonautensage von Theophane u. a. Seefahrer, Insel- und Küstenbewohner weihten dem mächtigen Gotte der Meere die meiste Verehrung, man opferte ihm Stiere und Pferde, Eber und Widder, stellte ihm zu Ehren Wettkämpfe zu Roß und Wagen an, so die isthmischen Spiele und ähnliche. Heilig ist ihm die Fichte; seine Attribute sind gemeiniglich Seerosse, Delphine, und der Dreizack. Darstellungen von ihm sind häufig, meist sieht man ihn das Meer mit oder ohne seine Gemahlin durchfahren, umgeben von jenem wunderlichen Gefolge, das so viel Anlaß gegeben hat, spätere Bauwerke des italischen Styls mit abenteuerlichen Gruppen von Delphinen, Seegöttern, Muscheln u. dergl. in überladener Fülle zu verunzieren.

–ch–

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 397-398.
Lizenz:
Faksimiles:
397 | 398
Kategorien: