[552] Unendlich ist, was kein Ende hat, was endlos ist, d.h. was Über jede Grenze, die gegeben ist oder vom Denken sich selbst gesteckt werden kann, hinausliegt. Das Unendlich-Große ist die über jede denkbare, bestimmbare Große hinausliegende zu denkende Größe, das Unendlich-Kleine das unter jeder denkbaren, bestimmbaren Größe (Kleinheit) Liegende, zu Denkende. Das (mathematisch) Unendliche ist also nichts Gegebenes, nichts Concretes, Abgeschlossenes, sondern wird nur im grenzenlosen Fortgang (Progreß, Regreß, s. d.) des Denkens, in unvollendbarer Synthese gesetzt, postuliert, zur Aufgabe gemacht (aufgegeben). Subjectiv beruht das Unendliche auf der Fähigkeit der Phantasie und des Denkens, zu jeder möglichen Größe eine weitere hinzuzutun, anderseits jede mögliche Größe auch nach unten hin auf weitere Größen zurückzuführen (s. Teilbarkeit), also auf der Constanz der größesetzenden Function des Bewußtseins. Die Unendlichkeit der Zeit (s. d.) bedeutet zunächst nur, daß wir diese Anschauungsform (s. d.) consequent anwenden müssen, so auch die Unendlichkeit des Raumes. beide sind uns nicht als unendlich gegeben, sondern werden in Gedanken auf jeden möglichen Erfahrungs-Inhalt angewandt. Teilweise verhält es sich auch so mit der Unendlichkeit der Materie und der Kraft. Das metaphysisch Unendliche ist das über alles Endliche Erhabene, das Unbedingte, Absolute, Schrankenlose, das All in sich Befassende, für das Erkennen (direct) Transcendente, aber als Absolutes zu Postulierendes, der Inbegriff alles Seins nicht als Quantum, sondern als unerschöpfliche Kraft gedacht.
Während im Altertum, bei den Griechen, infolge der hohen Wertung alles Maßes, das Unbegrenzte, Unendliche meist weniger gilt als das Begrenzte, wird seit PHILO und (seit der christlichen Philosophie) das Unendliche zunächst in Gottes Wirken, später (seit der Renaissance) auch der Welt hoch gewertet (vgl J. COHN, Gesch. d. Unendl. S. 33).[552]
Als »Aditi« tritt die Idee der Unendlichkeit in der indischen Philosophie auf. Das »Unbegrenzte« (apeiron) macht ANAXIMANDER zum Weltprincip. Dieses muß unbegrenzt sein, weil ein endliches Princip sich in seinen Productionen erschöpfen würde (Plut., Plac. I, 3). Das Apeiron scheidet unendliche Welten aus (tous hapantas apeirous ontas kosmous, Dox. D. 579). Es gibt immer noch ein Kleineres als das Kleinste, ein Größeres als das Größte (Fragm. 5). Einen unbegrenzten Urstoff nehmen ANAXIMANDER und DIOGENES von APOLLONIA an (s. Principien). ANAXAGORAS lehrt die Existenz einer Unendlichkeit von »Homöomerien« (s. d.) Den Pythagoreern gilt die gerade Zahl (s. d.) als apeiron, als ein Princip des Seienden (Aristot., Met. I 5, 987 a 16 B. Peras). einai to exô tou ouranou apeiron – die Welt ist unbegrenzt (Arist., Phys. III 4, 203a 7). so auch ARCHELAUS (to pan apeiron, Diog. L. II 4, 17). HERAKLIT betrachtet das Werden (s. d.) als unendlich. Die Eleaten setzen die Unendlichkeit in das Sein (s. d.). Dieses ist nach MELISSUS aphtharton, apeiron (Simpl. ad Phys. 22. Diog. L. IX 4, 24). doch hat, nach PARMENIDES, das Seiende die Form einer Kugel, eines sich selbst Begrenzenden (to holon peperanthai messothen isopales, Aristot., Phys. III 6, 207 a 11 squ.. vgl. über ZENO: Antinomien). Die Existenz unendlicher Welten und unendlich vieler Atome lehrt DEMOKRIT (apeirous t' einai kosmous ... kai tas atomous d' apeirous einai kata megethos kai plêthos, Diog. L. IX 7, 44. apeira einai ta panta ... to men pan apeiron phêsin, l. c. IV 7, 30 squ.). Das Leere (kenon) ist unbegrenzt (Stob. Ecl. I 18, 380). Nach PLATO ist die Welt begrenzt (Arist., Phys. III 4, 203 a. vgl. Peras). Das apeiron ist das mallon te kai hêtton Fähige (Phileb. 466 squ.). Die Materie (s. d.) ist unbegrenzt, bestimmungslos. Nach HERAKLIDES VON PONTUS ist die Ausdehnung der Welt unendlich (Stob. Ecl. I, 440). – Nach ARISTOTELES gibt es kein vollendetes Unendliches, kein Unendliches energeia, sondern nur dynamei, der Möglichkeit nach, nur als Progreß ins Unendliche, durch prosthesis und diairesis. Malista de physikou esti skepsasthai ei esti megethos aisthêton apeiron ... hena men dê tropon to adynaton dielthein tô mê pephykenai diienai, hôsper hê phônê aoratos. allôs de to diexodon echon ateleutêton, ê ho molis, ê ho pephykos echein ê amphoterôs (Phys. III 4, 204 a 1 squ. . Met. XI 10, 1066 a 35 squ.). chôriston men oun einai to apeiron tôn aisthêtôn, auto ti on apeiron, ouch hoion te. ei gar mête megethos esti mête plêthos, all' ousia auto esti to apeiron kai mê symbebêkos, adiaireton estai. to gar diaireton ê megethos estai ê plêthos. ei de adiaireton, ouk apeiron, ei mê hôs hê phônê aoratos. all' ouch houtôs oute phasin einai hoi phaskontes einai to apeiron oute hêmeis zêtoumen, all' hôs adiexodon. eti ei kata symbebêkos esti to apeiron, ouk an eiê stoicheion tôn ontôn, hê apeiron, hôsper oude to aoraton tês dialektou, kaitoi hê phônê estin aoratos. eti pôs endechetai einai ti auto apeiron, eiper mê kai arithmon kai megethos, hôn esti kath' hauto pathos ti to apeiron. eti gar hêtton anankê ê ton arithmon ê to megethos. phaneron de kai hoti ouk endechetai einai to apeiron hôs energeia on kai hôs ousian kai archên ... polla d' apeira to auto einai adynaton ... adynaton to entelecheia on apeiron (Phys. III 5, 204 a 8 squ.). to apeiron esti men prosthesei esti de kai aphairesei. to de megethos hoti men kat' energeian ouk estin apeiron, eirêtai, diairesei d' estin. ou gar chalepon anelein tas atomous grammas. leipetai oun dynamei einai to apeiron (Phys. III 6, 206 a 14 squ.). holôs men gar houtôs esti to apeiron, tô aei allo kai allo lambanesthai, kai to lambanomenon men aei einai peperasmenon, all' aei ge heteron kai heteron. hôste to apeiron ou dei lambanein hôs tode ti, hoion anthrôpon ê oikian, all' [553] hôs hêmera legetai kai ho agôn, hois to einai ouch hôs ousia tis gegonen, all' aei en genesei kai phthora, ei kai peperasmenon, all' aei ge heteron kai heteron (Phys. III 6, 206 a 27 squ.). – Nach den Stoikern ist der Raum unendlich, die Welt hingegen begrenzt ((hena ton kosmon einai kai touton peperasmenon – to kenon apeiron, Diog. L. VII 1, 140). Auf eine subjective Erscheinung, auf das Ermüden der Seele im Progreß führt den Unendlichkeitsbegriff SENECA zurück: »Ubi aliquid animus diu protulit et magnitudinem eius sequendo lassatus est, infinitum coepit vocari... eodem modo aliquid difficulter secari cogitavimus. novissime crescente hac difficultate insecabile inventum est« (Ep. 118, 17). Nach EPIKUR ist (gegen die Stoa) die Unendlichkeit des Raumes mit der Endlichkeit der Dinge (der Welt) nicht vereinbar, da diese letzteren auseinandergestreut würden. wäre aber der Raum endlich, so hätten die unendlichen Dinge keinen Ort. Unendlich ist das All der Dinge, unendlich der Raum, unendliche Welten gibt es: alla mên kai to pan apeiron esti. to gar peperasmenon akron echei. to d' akron par' heteron ti theôreitai. hôste ouk echon akron peras ouk echei, peras d' ouk echon apeiron an eiê kai ou peperasmenon. kai mên kai tô plêthei tôn sômatôn apeiron esti to pan kai tô megethei tou kenou. eite gar ên to kenon apeiron, ta de sômata hôrismena, oudamou an emene ta sômata, all' ephereto kata to apeiron kenon diesparmena, ouk echonta ta hypereidonta kai stellonta kata tas anakopas. eite to kenon ên hôrismenon, ouk an eiche ta apeira sômata hopou an esti ... kai kath' hekastên de schêmatôsin haplôs apeiroi eisin atomoi, tais de diaphorais ouch haplôs apeiron, alla monon anerilêptoi (Diog. L. X, 41 squ.). alla mên kai kosmoi apeiroi eisin, eith' homoioi toutô eit' anomoioi. hai te gar atomoi apeiroi ousai, hôs arti apedeichthê, pherontai kai porrhôtatô. ou gar katênalôntai hai toiautai atomoi ex hôn an genoito kosmos ê hyph' hô an poiêtheiê, out' eis hena out' eis peperasmenous, outh' hosoi toioutoi, outh' hosoi diaphoroi toutô. hôst' ouden to empodizon. esti pros tên apeirian tôn kosmôn (Diog. L. X, 45). pan de megethos hyparchon oute chrêsimon esti pros tas tôn poiotêtôn diaphoras. aphichthai te mellei kai pros hêmas horatê atomos. ho ou theôreitai ginomenon outh' hopôs an ginoito horatê atomos estin epinoêsai. pros de toutois ou dei nomizein en tô horismenô sômati apeirous onkous einai oud' hopêlikousoun. hôst' ou monon tên eis apeiron tomên epi toulatton anaireteon, hina mê pant' asthenê poiômen kai hôs en tais perilêpsesi tôn athroôn eis to mê on anankazômetha ta onta thlibontes katanaliskein. alla kai tên metabasin mê nomisteon ginesthai en tois hôrismenois eis apeiron epi toulatton (Diog. L. X, 56 squ.). LUCREZ erklärt: »Omne quod est igitur nulla regione viarum finitumst.« »Praeterea si iam finitum constituatur omne quod est spatium, si quis procurrat ad oras ultimus extremas iaciatque volatile telum, id validis utrum contortum viribus ire quo fuerit missum mavis longeque volare, an prohibere aliquid censes obstareque posse...« (De rer. nat. I, 958 squ.). »Praeterea spatium summai totius omne undique si inclusum certis consisteret oris finitumque foret, iam copia materiai undique ponderibus solidis confluxet ad imum, nec res ulla geri sub caeli tegmine posset, nec foret omnino caelum neque lumina solis. quippe ubi materies omnis cumulata iaceret ex infinito iam tempore subsidendo« (l. c. I, 984 squ.. vgl. I, 990 squ.. 1035 squ.. II, 80 squ.). Der Raum ist ohne Grenze (l. c. II, 92 squ.). Betreffs der Neupythagoreer s. Dyas. PHILO bestimmt Gott (s. d.) als unendlich, vollkommen (vgl. auch von den Psalmen: 90, 102). PLOTIN das göttliche »Eine« (hen), welches an Kraft unbegreiflich ist (Enn. VI 9, 6. vgl. VI, 6, 2 squ.). Zum Begriffe des Unendlichen gehört die Abwesenheit[554] jedes Mangels. das Intelligible (s. d.) ist (dynamisch) unendlich, weil es nichts von sich aufbraucht (l. c. III, 7, 5. s. Emanation). Der Körper ist ins unendliche hin teilbar (l. c. II, 4, 7). Die Materie (s. d.) ist apeiron (l. c. II, 4, 15).
Nach ORIGENES hat Gott die Welt begrenzt geschaffen (De princ. II, 9). er schafft immer neue Welten (l. c. III, 5). Nach AUGUSTINUS ist die Zeit erst mit der Welt erschaffen worden (Conf. XI, 11 ff.. vgl. Ewigkeit). »Mentem divinam omnino immutabilem cuiuslibet infinitatis capacem et innumera omnia sine cogitationis alternatione numerantem« (De civ. Dei XII, 17). Die Unendlichkeit Gottes (s. d.) betonen JOH. DAMASCENUS (De orth. fide I), SCOTUS ERIUGENIA, ANSELM, PETRUS LOMBARDUS (Lib. sent. I, d. 42, 2), IBN GEBIROL, MAIMONIDES u. a. Die Motakallimûn lehren die Begrenztheit der Welt, der Zeit, des Geschehens. Raum und Zeit sind endlich nach SAADJA (vgl. Lasswitz, G. d. At. I, 152). – Nach PETRUS HISPANUS ist »unendlich« 1) »quod non potest pertransiri«, 2) »quod habet transitum imperfectum«, 3) »secundum appositionem, ut numerus«, 4) »secundum divisionem«, 5) »utroque modo« (Zeit) (vgl. Prantl, G. d. L. III, 67). ALBERTUS MAGNUS bemerkt: »Infinitum triplex, sc. potentia tantum, sicut quantum: potentia et actu, sicut quantum divisum: et actu tantum, sicut causa prima« (Sum. th. I, 14, 1). THOMAS betont: »Intellectus humanus nec actu, nec habitu potest intelligere infinita, sed in potentia tantum« (Sum. th. I, 86, 2). »In rebus materialibus non inventur infinitum in actu, sed solum in potentia« (ib.). »Magnitudo non est actu infinita« (3 phys. 10 b). »In rebus materialibus aliquid dicitur infinitum per privationem formalis terminationis.« »Deus dicitur infinitus, sicut forma quae non est terminata per aliquam materiam« (vgl. Sum. th. I, 7, l). DUNS SCOTUS bestimmt Gott als in jeder Beziehung unendlich. so auch RAYMUND VON SABUNDE (vgl. Stöckl II, 944). Nach WILH. VON OCCAM ist die Unendlichkeit Gottes nicht logisch beweisbar (Quodlib. theol. II, 2). – Über Stetigkeit, Teilbarkeit handelt THOMAS DE BRADWARDINA (vgl. M. Curtze, Zeitschr. f. Mathem. u. Phys. XIII, Supplem. 1868, S. 86 ff.). – Nach GOCLEN gibt es »infinitum per se« (Gott) und »per accidens« (Lex. philos. p. 237). MICRAELIUS bemerkt: »In physicis infinitum corpus actu non datur. interim infinitum est aliquid potentia« (Lex. philos. p. 543). »Infinitum theologiae sumitur pro eo, quod terminos essentiae non habet adeoque aeternum est nec potest desinere« (l. c. p. 544).
Nach NICOLAUS CUSANUS ist Gott, das Maximum und Minimum, das Centrum und die Peripherie, das alles Umfassende, in allem Seiende, unendlich (De doct. ignor. I, 2, 12 ff.). »Infinitas materiae est primitiva, Dei negativa« (l. c. II, l, 4: 11). Die Welt ist nicht unendlich, sondern nur grenzenlos. der absoluten Unendlichkeit Gottes steht die contrahierte Unendlichkeit, die Unbegrenztheit gegenüber (L c. II, 8). Ähnlich lehrt G. BRUNO. »Dico l'universo tutto infinito, perchè non a margine, termine, nè superficie« (Dell infin. p. 25. vgl. De la causa, V). Das Unendliche kann nicht sinnlich wahrgenommen werden (l. c. p. 2). Nach KEPLER muß das Universum endlich sein (Opp. ed. Fritsch II, 687 ff.). GALILEI läßt die Frage unentschieden (vgl. Cohn, Gesch. d. Unendl. S. 110). Unendliche Welten gibt es (l. c. p. 7 j De immenso I, 9 f.. VIII, 3). Nach PATRITIUS ist die Welt unendlich und endlich zugleich (Pancosm. VIII, p. 82 f.). Das Endliche ist ein Teil des Unendlichen (ib.). Ihrer Masse nach ist die Welt unendlich, so auch der Raum (l. c. p. 83). Nach F. M. VAN HELMONT ist für uns die Menge der Dinge unendlich, unzählbar,[555] aber Gott kennt ihre Zahl (vgl. Ritter XII, 21). Nach CAMPANELLA ist das Unendliche immateriell (Univ. philos. I, 1, 9). die Materie ist nicht unendlich (l. c. I, 2, 5. II, 7, 5). L. DA VINCI bemerkt: »Ogni quantità continua intelettuamente è divisibile in infinito« (Scritti publ. da J. P. Richter, 1883, II, 308. Cohn, Gesch. d. Unendl. S. 127). Gegen die unendliche Teilbarkeit ist P. RAMUS (Phys. III, 5. IV, 1. V, 1).
Nach DESCARTES hat die Idee des Unendlichen das Prius vor der des Endlichen. letztere entsteht durch Einschränkung jener (Ep. I, 119. »priorem quoddammodo in me esse perceptionem infiniti quam finiti, hoc est Dei, quam mei ipsius« (Medit. III, p. 21). Infinites und Indefinites sind zu unterscheiden: »Distinguo inter indefinitum et infinitum illudque tantum proprie infinitum appello, in quo nulla et parte limites inveniuntur, quo sensu solus Deus est infinitus. illa autem, in quibus sub aliqua tantum ratione finem non agnosco, ut extensio spatii imaginarii, multitudo numerorum, divisibilitas partium, quantitatis et similia, indefinita quidem appello, non autem finita, quia non omni ex parte fine carent« (Resp. ad I. obiect. p. 59). »Nullis unquam fatigabimur disputationibus de infinito: Nam sane cum simus finiti, absurdum esset nos aliquid de ipso determinare, atque sic illud quasi finire ac comprehendere conari. Non igitur respondere curabimus iis, qui quaerunt, an si daretur linea infinita, eius media pars esset etiam infinita. vel an numerus infinitus sit par anve impar, et talia: quia de iis nulli videntur debere cogitare, nisi qui mentem suam infinitam esse arbitrantur. Nos autem illa omnia, in quibus sub aliqua consideratione nullum finem poterimus invenire, non quidem affirmabimus esse infinita, sed ut indefinita spectabimus. Ita quia non possumus imaginari extensionem tam magnam, quin intelligamus adhuc maiorem esse posse, dicemus magnitudinem rerum possibilium esse indefinitam. Et quia non potest dividi aliquod corpus in tot partes, quin singulare adhuc ex his partibus divisibiles intelligantur, putabimus quantitatem esse indefinite divisibilem. Et quia non potest fingi tantus stellarum numerus, quin plures adhuc a Deo creari potuisse credamus, illarum etiam numerum indefinitum supponemus. atque ita de reliquis« (Princ. philos. I, 26). »Cognoscimus praeterea hunc mundum, sive substantiae corporeae universitatem, nullos extensionis suae fines habere. Ubicunque enim fines illos esse fingamus, semper ultra ipsos aliqua spatia indefinite extensa non modo imaginamur, sed etiam vere imaginabilia, realia esse percipimus. ac proinde etiam substantiam corpoream indefinite extensam in iis contineri. Quia... idea eius extensionis, quam in spatio qualicunque concipimus, eadem plane est cum idea substantiae corporeae« (l. c. II, 26). »Haecque indefinita dicemus potius quam infinita. tum ut nomen infiniti soli Deo reservemus, quia in eo solo omni ex parte, non modo nullos limites agnoscimus, sed etiam positive nullos esse intelligimus. tum etiam, quia non eodem modo positive intelligimus, alias res aliqua ex parte limitibus carere, sed negative tantum eorum limites, si quos habeant, inveniri a nobis non posse confitemur« (l. c. I, 27). Das Unendliche (Gott) kann nicht comprehendiert, nur intelligiert werden (Resp. I). Nach GASSENDI sind Raum und Zeit unendlich, aber nicht die Welt (Phil. Epic. synt. II, sct. I, 2). Nach D. SENNERT ist ein Unendliches »actu« unmöglich (Epit. natur. scient. I, 5). Nach SPINOZA ist das Unendliche in verschiedener Weise zu nehmen. Es ist: 1) »Quod sua natura sive vi suae definitionis sequitur esse infinitum.« 2) »Quod nullus habet fines.« 3) »Cuius partes, quamvis eius maximas et minimas habeamus, nullo tamen numero adaequare et explicare possumus.« 4)»Quod solum modo intelligere,[556] non vero imaginari – quod etiam imaginari possumus« (Ep. 29). Die Substanz (s. d.) ist ihrem Wesen nach unendlich, mit ihr ihre Attribute (s. d.). Zahl, Maß, Zeit sind indefinit (ib.). Die göttliche Substanz ist »ens absolute infinitum«, bestehend »infinitis attributis«, sie involviert keinerlei Negation (Eth. I, prop. VI). Die Unendlichkeit liegt im Wesen der Substanz, kommt ihr notwendig zu (l. c. I, prop. VIII). Die absolut unendliche Substanz ist unteilbar (l. c. I, prop. XIII). Nur in der Imagination (s. d.), unschaulich, nicht begrifflich ist die Größe teilbar. »Si quis tamen iam quaerat, cur nos ex natura ita propensi sumus ad dividendam quantitatem, ei respondebo, quod quantitas duobus modis a nobis concipitur, abstracte scilicet sive superficialiter, prout nempe ipsam imaginamur, vel ut substantia, quod a solo intellectu fit. Si itaque ad quantitatem attendimus, prout in imaginatione est, quod saepe et facilius a nobis fit, reperietur finita divisibilis et ex partibus conflata. si autem ad ipsam, prout in intellectu est, attendimus, et eam, quatenus substantia est. concipmus, quod difficillime fit, tum... infinita, unica et indivisibilis reperietur.« Nur »modaliter«, nicht »realiter« sind Teile zu unterscheiden (l. c. I, prop. XV, schol.). Aus dem Wesen der göttlichen Natur folgt Unendliches auf unendliche Weise: »Ex necessitate divinae naturae infinita infinitis modis... sequi debent« (l. c. I, prop. XVI). – Die Unbegreiflichkeit der unendlichen Teilbarkeit betont die Logik von PORT-ROYAL (l. c. IV, 1). So auch MALEBRANCHE, welcher lehrt: »L'esprit n'aperçoit aucune chose que dans l'idée qu'il a de l'infini« (Rech. II, 6. III, 1, 2). Die Ideen (s. d.) sind im Unendlichen eingeschlossen, sind Teile desselben. Ähnlich bemerkt FÉNÉLON: »C'est dans l'infini que je vois le fini. en donnant a l'infini diverses bornes, je fais, pour ainsi dire, du créateur diverses natures créés et bornées« (De l'exist. de Dieu p. 143 f.). Die Idee des Unendlichen ist weder verworren noch negativ, sondern durchaus positiv (l. c. p. 123 ff.). Nach O. VON GUERICKE ist die Welt begrenzt (vgl. Cohn, Gesch d. Unendl. S. 152).
Den Unendlichkeitsbegriff erörtert kurz F. BACON (Nov. organ. I, 48). HOBBES betont, daß wir vom Unendlichen kein »phantasma« haben, das Unendliche bedeutet nur, daß wir bei einem Dinge keine Grenzen erreichen können. »Quicquid imaginamur, finitum est. Nulla ergo est idea neque conceptus, qui oriri potest a voce hac, infinitum. Animus humanus imaginem infinitae magnitudinis capere non potest... Quando dicimus rem aliquam esse infinitam, hoc tantum significamus, non posse nos illius rei terminos et limites concipere, neque aliud concipere praeter nostram impotentiam propriam« (Leviath. I, 3. De corp. C. 7, 11). Eine unendliche Zahl ist jene, die alles Gegebene überschreitet (De corp. C. 7, 12). Nach LOCKE werden die Prädicate endlich und unendlich zunächst nur den Dingen beigelegt, welche aus Teilen bestehen und welche der Verminderung oder Vergrößerung fähig sind (Ess. II, ch. 17, § 1). Da die empirischen Objecte endlich, begrenzt sind, so fragt es sich, wie wir zur Idee des Unendlichen kommen (l. c. § 2). Sie beruht auf der Constanz unseres hinzuzählenden Vermögens. Wir haben bei unserem Vervielfachen von Größen nirgends einen Grund, damit anzuhalten. »Indem so die Kraft, den Raum in Gedanken noch größer zu machen, immer bleibt, bildet sich daraus die Idee des unendlichen Raumes« (l. c. § 3). Nichts hält uns ab, den Raum in Gedanken immer weiter auszudehnen (l. c. § 4). So hat auch die Idee der Dauer keine Grenzen (l. c. § 5), wir können Vorstellungen ohne Grenze aneinander fügen (l. c. § 6). Aber das Unendliche ist nichts Abgeschlossenes,[557] keine positive Vorstellung, sondern besteht im Fortgange des Denkens. »Wenngleich die Idee der Unendlichkeit aus dem Begriff der Größe und aus der endlosen Vermehrung entspringt, welche die Seele mit der Größe vornehmen kann, indem sie sie so oft wiederholt, als es ihr beliebt, s würde es doch in unserem Denken große Verwirrung anrichten, wenn man die Unendlichkeit mit irgend einer von der Seele vorgestellten Größe verbinden wollte... Denn unsere Idee der Unendlichkeit ist eine endlos wachsende Vorstellung. wenn man daher ist einer Größe, welche die Seele sich zu einer Zeit bestimmt vorstellt (die, mag sie so groß sein, als sie will, nicht größer werden kann als sie ist), die Unendlichkeit hinzufügt, so ist dies so, als wenn man einer zunehmenden Masse ein Maß anfügen wollte. Es ist deshalb keine nutzlose Spitzfindigkeit, wenn ich verlange, daß man genau zwischen der Unendlichkeit des Raumes und einem unendlichen Raume unterscheide. erstere ist nur ein angenommener endloser Fortgang der Seele über irgend welche wiederholten Vorstellungen vom Raum. sollte aber die Seele wirklich die Vorstellung des unendlichen Raumes haben, so müßte sie wirklich schon alle jene wiederholten Vorstellungen des Raumes durchgegangen sein und übersehen, obgleich bei einer endlosen Wiederholung diese sich ihr niemals bieten kann, da dies einen klaren Widerspruch enthält« (l. c. § 7). »Sobald man die Vorstellung von einer auch noch so großen Ausdehnung oder Dauer bildet, so wird offenbar die Seele damit fertig und komm zum Abschluß. allein dies widerspricht der Idee des Unendlichen, in welcher das Denken kein Ende finden kann« (ib.). Die klarste Idee der Unendlichkeit gewährt die Zahl (l. c. § 9). Die Ewigkeit (s. d.) erscheint nach allen Seiten als unendlich, »weil man das unendliche Ende der Zahl, d.h. das Vermögen, ohne Ende zu vermehren, dabei nach beiden Richtungen wendet« (l. c. § 10). Ähnliches gilt vom Raum: Man betrachtet sich selbst als im Mittelpunkte befindlich und verfolgt nach allen Richtungen die endlosen Zahlenreihen (l. c. § 11 ff.. gl. § 22). Nach J. TOLAND ist das All an Ausdehnung und Kraft unendlich (Pantheistic. p. 6 ff.). COLLIER findet im Begriffe des Unendlichen Widersprüche ( Clav. univ. II, 3. vgl. II, 4. vgl. BAYLE, Dict., Art. Zénon). Gegen das Unendlichkleine ist BERKELEY (The Analyst, Works 1871, III, 259 ff.).
Nach LEIBNIZ haben wir nicht die Idee eine unendlichen Ganzen oder eines aus Teilen sich zusammensetzenden Unendlichen. Wir können denken, daß etwas keine Grenzen hat, daß es kein letztes endliches Ganzes gibt. daraus folgt aber nicht, daß wir die Vorstellung eines unendlichen Ganzen besitzen. Es gibt keine unendliche gerade Linie, aber jede Grade kann verlängert oder von einer andern größeren übertroffen werden (Gerh. VI, 579 ff.. Theod. I B, § 195. Nouv. Ess. II, ch. 27). Das wahre Unendliche ist nur im Absoluten, welches jeder Zusammensetzung vorausgeht (l. c. ch 27, §1). Einen absoluten Raum als unendliches Ganzes kann man sich aber nicht vorstellen, das ist ein in sich widersprechender Begriff. die unendlichen Ganzheiten und Kleinheiten haben nur in der mathematischen Berechnung Sinn (l. c. § 5). Weil das Stetige (s. d.) ins unendliche teilbar ist, gibt es im kleinsten Teile des Stoffes eine unendliche Menge von Geschöpfen (vgl. Monaden). Raum und Zeit sind ins unendliche teilbar (Erdm. p. 436, 449, 744. Pertz III, 7, 22). Die unendlich kleinen und großen Quantitäten sind Fictionen, aber nützlich und notwendig für die Rechnung (Differentialrechnung. vgl. auch NEWTONs Entdeckung auf diesem Gebiete) (Pertz III, 4, 218). »L'idée de l'absolu est antérieure dans la nature des choses à celles des bornes qu'on ajoute« ( Nouv. Ess. II, ch. 14, § 27).[558] Die Ausdehnung der Welt ist unendlich (Gerh. VII, 395 f.). CHR. WOLF bestimmt: »Infinitum in Mathesi dicimus, in quo nulli assignari possunt limites, ultra quos augeri amplius nequeat« (Ontolog. § 796 f.). »Infinitum parvum in Mathesi dicitur, cui nullus assignari potest limes, ultra quem imminui amplius nequit« (l. c. § 802). »Ens infinitum« ist das Wesen, »in quo sunt omnia simul, quae eidem actu inesse possunt« (l. c. § 838). BAUMGARTEN definiert das »ens infinitum« als »ens, quod actu est« (Met. § 359). CRUSIUS erklärt: »Ein Ding, das Schranken hat, heißt endlich. Unendlich aber ist ein Ding, das keine Schranken hat.« Unendlich ist das, »dessen Realität sich nicht weiter, auch nicht einmal in Gedanken, vermehren läßt« (Vernunftwahrh. § 133). Nach H. S. REIMARUS ist eine vollendete Unendlichkeit undenkbar (Nat. Relig.2, 1755, S. 4 ff.). Nach LAMBERT ist das Unendliche unerkennbar (Anl. zur Architekt. II, § 904 ff.). PLATNER betont, »daß der Mensch nicht vermögend ist, sich das Endliche zu denken, wiefern er nicht vermögend ist, etwas zu denken, was von nichts begrenzt. daß der Begriff vom Endlichen nichts anderes ist als der Begriff von Teilen und Absätzen einer unendlichen Stetigkeit. daß der Mensch fähiger und geneigter ist, sich die Fülle des göttlichen Verstandes, den Umfang der Zeit und der Ausdehnung unendlich zu denken als endlich. daß jedoch der Begriff des Menschen vom Unendlichen nichts anderes ist als der Begriff einer unerschöpflich vermehrbaren Größe« (Philos. Aphor. I, § 1209). »Das Unvermögen des menschlichen Verstandes, sich den Anfang der mit und die Schranken der Ausdehnung zu denken, ist gegründet in der Denkart der Phantasie, welche selbst das Nichts unter einem Bilde vorstellt, und folglich das Nichts, welches außer dem All der Zeit und der Ausdehnung ist, in ein etwas verwandelt« (l. c. § 1210). »Jedoch ist jener Begriff des Unendlichen, in welchem nichts gedacht wird als die unerschöpfliche Vermehrbarkeit einer Größe, der Begriff des mathematisch Unendlichen, nicht des metaphysischen« (l. c. § 1211). »Für die metaphysische Unendlichkeit des höchsten Wesens hat der menschliche Verstand keine Idee, als nur die auf Grundbegriffen beruhende Einsicht der reinen Vernunft, daß seinem Wesen und seinen Vollkommenheiten die Größe schlechterdings widerspreche« (l. c. § 1212). – Nach VOLTAIRE gibt es keine positive Idee des Unendlichen (Philos. ignor. p. 120 f.. vgl. Dict. philos., art. Infini). Der Raum ist unendlich, die Materie nicht (Élém. de la philos. de Newton ch. 2). Es gibt Atome (Dict. philos., art. Atomes). Vgl. D'ALEMBERT, Mél. V, § 14 f.. FONTNELLE, Élém. de la géom. de l'infini 1827, Préf. (Cohn, Gesch. d. Unendl. S. 225, 227).
KANT verbindet den Gedanken des unendlichen Progresses mit dem der Phänomenalität (s. d.) dessen, was als unendlich gedacht wird. Die »Antinomien« (s. d.) löst er so, daß er erklärt, die Welt existiere »weder als ein an sich unendliches, noch als ein an sich endliches Ganzes«, da sie nur Erscheinung (s. d.) ist. Sie ist »nur im empirischen Regressus der Reihe der Erscheinungen und für sich selbst gar nicht anzutreffen Daher, wenn diese jederzeit bedingt ist, so ist sie niemals ganz gegeben, und die Welt ist also kein unbedingtes Ganzes« (Krit. d. rein. Vern. S. 410). »Der Grundsatz der Vernunft also ist eigentlich nur eine Regel, welche in der Reihe der Bedingungen gegebener Erscheinungen einen Regressus gebietet, dem es niemals erlaubt ist, bei einem schlechthin Unbedingten stehen zu bleiben« (l. c. S. 413). »Wenn das Ganze in der empirischen Anschauung gegeben worden, so geht der Regressus in der Reihe seiner innern Bedingungen ins unendliche: ist aber nur ein Glied der Reihe[559] gegeben, von welchem der Regressus zur absoluten Totalität allererst fortgehen soll: so findet nur ein Rückgang in unbestimmte Weite (in indefinitum) statt. So muß von der Teilung einer zwischen ihren Grenzen gegebenen Materie (eines Körpers) gesagt werden: sie gehe ins unendliche« (l. c. S. 415). – »In keinem von beiden Fällen, sowohl dem Regressus in infinitum, als dem in indefinitum, wird die Reihe der Bedingungen als unendlich im Object gegeben angesehen. Es sind nicht Dinge, die an sich selbst, sondern nur Erscheinungen, die, als Bedingungen voneinander, nur im Regressus selbst gegeben werden. Also ist die Frage nicht mehr: wie groß diese Reihe der Bedingungen an sich selbst sei, ob endlich oder unendlich, denn sie ist nichts an sich selbst, sondern: wie wir den empirischen Regressus anstellen und wie weit wir ihn fortsetzen sollen. Und da ist denn ein namhafter Unterschied in Ansehung der Regel dieses Fortschritts. Wenn das Ganze empirisch gegeben worden, so ist es möglich, ins unendliche in der Reihe seiner inneren Bedingungen zurückzugehen. Ist jenes aber nicht gegeben, sondern soll durch empirischen Regressus allererst gegeben werden, so kann ich nur sagen: es ist ins unendliche möglich, zu noch höheren Bedingungen der Reihe fortzugehen. Im ersteren Falle konnte ich sagen: es sind immer mehr Glieder da und empirisch gegeben, als, ich durch den Regressus (der Decomposition) erreiche. im zweiten aber: ich kann im Regressus noch immer weiter gehen, weil kein Glied als schlechthin unbedingt empirisch gehen ist, und also noch immer ein höheres Glied als möglich und mithin die Nachfrage nach demselben als notwendig zuläßt« (l. c. S. 416 f.). – Weder anschaulich noch begrifflich ist uns die Weltgröße bestimmt gegeben. »Ich kann demnach nicht sagen: die Welt ist der vergangenen Zeit oder dem Raume nach unendlich. Denn dergleichen Begriff von Größe, als einer gegebenen Unendlichkeit, ist empirisch, mithin auch in Ansehung der Welt, als eines Gegenstandes der Sinne, schlechterdings unmöglich. Ich werde auch nicht sagen: der Regressus von einer gegebenen Wahrnehmung an, zu allem dem, was diese im Raume sowohl als der vergangenen Zeit in einer Reihe begrenzt, geht ins unendliche. denn dieses setzt die unendliche Weltgröße voraus. auch nicht: sie ist endlich. denn die absolute Grenze ist gleichfalls empirisch unmöglich. Demnach werde ich nichts von dem ganzen Gegenstande der Erfahrung (der Sinnenwelt), sondern nur von der Regel, nach welcher Erfahrung ihrem Gegenstande angemessen, angestellt und fortgesetzt werden soll, sagen können« (l. c. S. 420 f.). – Die Welt hat »keinen ersten Anfang der Zeit und keine äußerste Grenze dem Raume nach«. »Denn im entgegengesetzten Falle würde sie durch die leere Zeit einer- und durch den leeren Raum anderseits begrenzt sein. Da sie nun als Erscheinung keines von beiden an sich selbst sein kann, denn Erscheinung ist kein Ding an sich selbst, so müßte eine Wahrnehmung der Begrenzung durch schlechthin leere Zeit oder leeren Raum möglich sein, durch welchen diese Weltenden in einer möglichen Erfahrung gegeben wären. Eine solche Erfahrung aber, als völlig leer an Inhalt, ist unmöglich. Also ist eine absolute Weltgrenze empirisch, mithin auch schlechterdings unmöglich.« »Hieraus folgt denn zugleich die bejahende Antwort: der Regressus in der Reihe der Welterscheinungen, als ins Bestimmung der Weltgröße, geht in indefinitum, welches ebensoviel sagt, als: die Sinnenwelt hat keine absolute Größe, sondern der empirische Regressus... hat seine Regel, nämlich von einem jeden Gliede der Reihe, als einem Bedingten, jederzeit zu einem noch entfernteren (es sei durch eigene Erfahrung, oder den Leitfaden der Geschichte, oder die Kette der Wirkungen und ihrer Ursachen) fortzuschreiten« (l. c. S. 421).[560] »Aller Anfang ist in der Zeit, und alle Grenze des Ausgedehnten im Raume. Raum und Zeit aber sind nur in der Sinnenwelt. Mithin sind nur Erscheinungen in der Welt bedingterweise, die Welt aber selbst weder bedingt, noch auf unbegrenzte Art begrenzt« (l. c. S. 422. s. Teilbarkeit. vgl. De mund. sens. sct. V, § 28. WW. I, 293. Krit. d. Urt. § 26. vgl. Raum, Zeit). In seiner vorkritischen Periode lehrt Kant die Unendlichkeit der Welt (WW. I, 23. I, 292 ff.).
Nach SAL. MAIMON sind die Unendlichkeitsbegriffe »bloße Ideen, die keine Objecte, sondern das Entstehen der Objecte vorstellen«, »Grenzbegriffe«, entstehend durch einen Regressus (Vers. üb. d. Transcend. S. 28). Wir denken die unendliche Zahl durch Succession, der absolute Intellect aber simultan (l. c. S. 228, 237). – J. G. FICHTE betrachtet die Tätigkeit des Ich (s. d.) als ins unendliche gehend. Das absolute Ich ist »unendlich und unbeschränkt«. »Alles, was ist, setzt es, und was es nicht setzt, ist nicht (für dasselbe, und außer demselben ist nichts). Alles aber, was es setzt, setzt es als Ich, und das Ich setzt es, als alles, was es setzt. Mithin faßt in dieser Rücksicht das Ich in sich alles, d. i. eine unendliche unbeschränkte Realität.« »Insofern das Ich sich ein Nicht-Ich entgegensetzt, setzt es notwendig Schranken und sich selbst in diese Schranken. Es verteilt die Totalität des gesetzten Seins überhaupt an das Ich und an das Nicht-Ich und setzt demnach insofern sich notwendig als endlich« (Gr. d. g. Wiss. S. 232 f.). »Insofern das Ich sich als unendlich setzt, geht seine Tätigkeit (des Setzens) auf das Ich selbst, und auf nichts anderes, als das Ich. Seine ganze Tätigkeit geht auf das Ich, und diese Tätigkeit ist der Grund und der Umfang alles Seins. Unendlich ist demnach das Ich, inwiefern seine Tätigkeit in sich selbst zurückgeht, und insofern ist denn auch seine Tätigkeit unendlich, weil das Product derselben, das Ich, unendlich ist... Die reine Tätigkeit des Ich allein und das reine Ich allein ist unendlich. Die reine Tätigkeit aber ist diejenige, die gar kein Object hat, sondern in sich selbst zurückgeht.« »Endlich ist das Ich, insofern seine Tätigkeit objectiv ist« (l. c. S. 234 f.). Beim Setzen (s. d.) des Gegenstandes liegt der Grenzpunkt da, »wohin in die Unendlichkeit ihn das Ich setzt. Das Ich ist endlich, weil es begrenzt sein soll. aber es ist in dieser Endlichkeit unendlich, weil die Grenze ins unendliche immer weiter hinausgesetzt werden kann. Es ist seiner Endlichkeit nach unendlich, und seiner Unendlichkeit nach endlich« (l. c. S. 237). Das unendliche absolute Streben kommt als solches nicht zum Bewußtsein, »weil Bewußtsein nur durch Reflexion und Reflexion nur durch Bestimmung möglich ist« (l. c. S. 252). »Dennoch schwebt die Idee einer solchen zu vollendenden Unendlichkeit uns vor und ist im Innersten unseres Wesens enthalten« (l. c. S. 253). »Das Ich ist unendlich, aber bloß seinem Streben nach. es strebt unendlich zu sein« (l. c. S. 203 f.). Ähnlich bemerkt SCHELLING: »Daß die ursprünglich unendliche Tätigkeit des Ich sich selbst begrenze, d.h. in eine endliche verwandle (im Selbstbewußtsein) ist nur dann begreiflich, wenn sich beweisen läßt, daß das Ich als Ich unbegrenzt sein kann, nur insofern es begrenzt ist, und umgekehrt, daß es als Ich begrenzt, nur insofern es unbegrenzt ist.« »Das Ich ist alles, was es ist, nur für sich selbst. Das Ich ist unendlich, heißt also, es ist unendlich für sich selbst« (Syst. d. transcendental. Ideal. S. 72). »Das Ich ist unendlich für sich selbst, heißt, es ist unendlich für seine Selbstanschauung. Aber das Ich, indem es sich anschaut, wird endlich. Dieser Widerspruch ist nur dadurch aufzulösen, daß das Ich in dieser Endlichkeit sich unendlich wird, d.h. daß es[561] sich anschaut als ein unendliches Werden« (l. c. S. 73 f.). Der Raum wird durch die Zeit, die Zeit durch den Raum endlich, d.h. bestimmt und gemessen (l. c. S. 216). »Die Endlichkeit im eigenen Sein der Dinge ist ein Abfall von Gott« (WW. I 6, 566 f.). Nach J. J. WAGNER ist die Endlichkeit »nichts als das Leben, in welchem Grenzen gesetzt werden durch es selbst« (Organ. d. menschl. Erk. S. 11). Nach ESCHENMAYER ist für Gott die Welt nicht unendlich (Gr. d. Naturphilos. S. 11). STEFFENS erklärt: »Schauen wir ein Endliches als ein solches, so hat dieses Endliche den Grund seines Daseins nicht in sich selbst. es ist bestimmt durch ein anderes Einzelnes, dieses wieder durch ein anderes, und so fort ins unendliche.« Jedes Endliche weist auf eine unendliche Möglichkeit hin. Für die Vernunft aber ist »jede endliche Wirklichkeit mit der unendlichen Möglichkeit unmittelbar verknüpft, und ein jeder Potenz bezeichnet ein wahrhaft Ewiges nur unter der bestimmten Potenz des Besondern« (Grdz. d. philos. Naturwiss. S. 5). Für die ewige Vernunft ist das Endliche ein Nicht-Reales (l. c. S. 6). In der Vernunft erkennen heißt, »ein jedes Einzelne in seinem Wesen, d.h. in der Potenz des Ewigen erkennen« (l. c. S. 6. vgl. Ewigkeit: Spinoza). Jeder Begriff ist als solcher ein Unvergängliches (l. c. S. 9. vgl. Anthropol. S. 202 f.). – HEGEL betont: »Es ist... nur Bewußtlosigkeit, nicht einzusehen, daß eben die Bezeichnung von etwas als einem Endlichen oder Beschränkten den Beweis von der wirklichen Gegenwart des Unendlichen, Unbeschränkten enthält, daß das Wissen von Grenze nur sein kann, insofern das Unbegrenzte diesseits im Bewußtsein ist« (Encykl. § 60). Zu unterscheiden sind scharf das Indefinite, die »schlechte Unendlichkeit« und die »wahrhafte Unendlichkeit«. »Etwas wird ein Anderes, aber das Andere ist selbst ein Etwas, also wird es gleichfalls ein Anderes und so fort ins unendliche« (l. c. § 93). »Diese Unendlichkeit ist die schlechte oder negative Unendlichkeit, indem sie nichts ist, als die Negation des Endlichen, welches aber ebenso wieder entsteht, somit ebensosehr nicht aufgehoben ist – oder diese Unendlichkeit direkt nur das Sollen des Aufhebens des Endlichen aus. Der Progreß ins unendliche bleibt bei dem Aussprechen des Widerspruchs stehen, den das Endliche enthält, daß es sowohl Etwas ist als sein Anderes, und ist das perennierende Fortsetzen des Wechsels dieser einander herbeiführenden Bestimmungen« (l. c. § 94). »Was in der Tat vorhanden ist, ist, daß Etwas zu Anderem, und das Andere überhaupt zu Anderem wird. Etwas ist im Verhältnis zu einem Andern selbst schon ein Anderes gegen dasselbe, somit, da das, in welches es übergeht, ganz dasselbe ist, wie das, welches übergeht – beide haben keine weitere als eine und dieselbe Bestimmung, ein Anderes zu sein - , so geht hiermit Etwas in seinem Übergehen in Anderes nur mit sich selbst zusammen, und diese Beziehung im Übergehen und im Andern auf sich selbst ist die wahrhafte Unendlichkeit. Oder negativ betrachtet: was verändert wird, ist das Andere, es wird das Andere des Andern. So ist das Sein, aber als Negation den Negation. wieder hergestellt und ist das Für-sich-sein.« Das wahrhaft Unendliche erhält sich, ist das Affirmative. Das Endliche ist das Aufgehobene, seine Wahrheit ist eine »Idealität«. »Ebensosehr ist auch das Verstandes-Unendliche, welches, neben das Endliche gestellt, selbst nur eins der beiden Endlichen ist, ein unwahres, ein ideelles. Diese Idealität des Endlichen ist der Hauptsatz der Philosophie, und jede wahrhafte Philosophie ist deswegen Idealismus« (l. c. § 95. Log. I, 263 f.). Die Philosophie ist »zeitloses Begreifen« (Naturphilos. S. 26). Die unendliche Zeit ist »nur eine Vorstellung, ein Hinausgehen, das im Negativen bleibt. ein[562] notwendiges Vorstellen, solange man in der Betrachtung des Endlichen als Endlichen bleibt« (l. c. S. 27 f.). Nach K. ROSENKRANZ ist das Etwas »durch seine unmittelbare Ursprünglichkeit wie durch sein Verhalten nach außen endlich, denn gerade, weil es diese Qualität hat, gerade, weil es sich von anderm Dasein unterscheidet, schließt es jedes andere Etwas ebenso von sich aus, als es umgekehrt von diesem ausgeschlossen wird« (Syst. d. Wissensch. S. 19). Das Dasein ist unendlich, »sofern es die noch unbestimmte Möglichkeit der Bestimmung ist«. Diese Unendlichkeit ist »nur die abstracte des Mangels der Bestimmtheit. Sie ist die leere Unendlichkeit« (l. c. S. 21 f.). Der Progreß ins unendliche ist die Endlosigkeit, die schlechte Unendlichkeit (l. c. S. 22). »Das abstract Unendliche ist nur die Abwesenheit aller Beschränkung. der ohne Ende fortlaufende Übergang von Schranke zu Schranke ist nur die negative Unendlichkeit. das sich selbst beschränkende, von seinen Schranken befreiende und in dieser Tätigkeit sich gleich bleibende Dasein ist dagegen das actu infinitum, das wirkliche, nämlich in seinem Wirken Unendliche« (l. c. S. 23). Das Endliche ist »das im Unendlichen von demselben Gesetzte« (ib.). Das wahrhaft Unendliche geht nur aus sich selbst hervor (l. c. S. 24). – Nach HILLEBRAND ist das Unendliche »die überzeitliche Verhältnismäßigkeit alles Einzelnen, das Dasein der Dinge in ihrer schlechthin ewigen Immanenz« (Philos. d. Geist. I, 31). Die Endlichkeit ist »die reine Selbstexistenz der einzelnen Dinge... ohne ihre reale Beziehung auf die absolute und höchste Substanz« (l. c. I, 30). CHR. KRAUSE erklärt: »Durch das Begrenztsein ist der Teil dem Ganzen entgegengesetzt und mit ihm, als Ganzem und gleichartig. aber innerhalb seiner Grenze ist derselbe dem Ganzen gleichartig, also ähnlich. Daher ist Endlichsein nicht Schlechtsein, sondern es ist Wesentlichsein in bestimmter Grenze« (Urb. d. Menschheit3, S.326). C. H. WEISSE bestimmt: »Dasein ist Endlichkeit, ist relatives Sein, Sein in Anderem und für Anderes.« Das Daseiende wird zum Endlichen durch die »in ihm enthaltene Verneinung des Anderen«. Was kein anderes außer sich hat, ist das Unendliche, Absolute, die »Totalität des Daseienden als Totalität betrachtet« (Grdz. d. Met. S. 145 f.). Die Unendlichkeit ist, dem Endlichen gegenüber, die »Wahrheit des Seins« (l. c. S. 147). »Sein ist nur eines und eben darum, weil es eines ist, schlechthin unendlich« (l. c. S. 152). Das Unendliche ist im Endlichen, das Endliche im Unendlichen. »Denn ein Unendliches, welches ein Endliches außer sich oder neben sich hätte, würde durch dieses Endliche eben begrenzt« (l. c. S. 154). Alles Seiende kann aber seine ihm innewohnende Unendlichkeit nur dadurch betätigen, »daß es einen unendlichen Progreß daseiender Momente aus sich herausstellt, daß es sich selbst in einen solchen Progreß hineinbildet« (l. c. S. 158).
Nach GIOBERTI ist Gott die actuale Unendlichkeit. die kosmische Unendlichkeit existiert nur durch ihn (Protolog. II, 568 ff.). Nach CHALYBAEUS ist die Materie das räumlich-zeitlich Unendliche (Syst. d. Wissenschaftslehre, S. 106, 113). – Nach HERBART ist die Unendlichkeit »ein Prädicat für Gedankendinge, mit deren Construction wir niemals fertig werden«. Das Reale (s. d.) der Materie kann nicht unendlich sein (Lehrb. zur Einl.5, S. 179 ff., 181). Der Begriff des Unendlichen entspringt aus der Erkenntnis der Gleichartigkeit des Fortschritts in der Reihenbildung (s. d.) von Raum, Zeit, Zahl (vgl. G. SCHILLING, Lehrb. d. Psychol. S. 153 f.). Ähnlich lehrt WAITZ. Der Raum ist unendlich nur durch den unvollendbaren Versuch, ihn »trotz seiner notwendigen Unbestimmtheit und Gestaltlosigkeit zu umfassen und in Grenzen einzuschließen«[563] (Lehrb. d. Psychol. S. 611 f.). Nach VOLKMANN schließt die unendliche Zeitreihe das Bewußtsein »des fruchtlos erneuerten Messens in sich ein« (Lehrb. d. Psychol. II4, 29). »An die Umbildung der Raumreihe von der Bestimmtheit des Inhalts zur Leerheit schließt sich auch die Befreiung derselben von der Endlichkeit der Abgrenzung an Haben nämlich die leeren Raumreihen den gehörigen Grad von Regsamkeit angenommen, dann dient fast jede Setzung eines Endgliedes nur zum Anknüpfungspunkt für die Evolution einer neuen Reihe, jede Grenze nur zur Aufforderung zum Weitergehen, jedes Hier nur zur Anregung der Frage: Was daneben? Von seiner positiven Seite aus kann der unendliche Raum natürlich ebensowenig vorgestellt werden, wie die unendliche Zeit, aber der negativen Bedeutung nach bleibt das Vorstellen des unendlichen Raumes hinter dem der unendlichen Zeit zurück. Der Grund hiervon ist leicht einzusehen. die unendliche Raumreihe muß nämlich dem unendlichen Progressus noch den unendlichen Regressus beifügen. der Wendepunkt jedoch, der von dem einen zu dem andern führt, zerstört in der Regel den Eindruck des Grenzenlosen, wozu noch kommt, daß die Raumunendlichkeit eine Construction nach drei Dimensionen in Anspruch nimmt. Daher geschieht es, daß wir, um den Raum unendlich vorzustellen, gern auf das Vorstellen der unendlichen Zeit zurückgreifen, indem wir uns die unendliche Raumreihe eigentlich nur durch eine unbegrenzte Operation mit begrenzten Raumreihen vorstellen. Uns gilt auf diese Weise jener Raum als unendlich, den auszumessen nur die unendliche Zeitlänge auslangen würde« (l. c. S. 91 f.). – Nach TRENDELENBURG ist das Unendliche nichts anderes als die über ihr jeweiliges Product hinausgehende Bewegung (Log. I2, 167). CZOLBE erklärt: »Wenn freilich die Vorstellung des Raumes unmittelbar immer begrenzt ist (wie alle Vorstellungen), so habe ich daneben doch das Bewußtsein, immer noch weiter gehen zu können... Der Raum ist neben den sinnlichen Wahrnehmungen und Körpern durchaus selbständig etwas drittes Unendliches oder Unbegrenztes« (Gr. u. Urspr. d. menschl. Erk. S. 96). – Nach J. H. FICHTE bedeutet Endlichsein, »den Grund seiner Existenz in einem Andern haben, nur durch Anderes sein« (Specul. Theol. S. 61 ff.). »Wer sich... als ein Endliches fühlt und begreift, kann diesen Urteilsact nur dadurch vollziehen, daß er sich an dem ursprünglich ihm beiwohnenden Begriffe (Idee) des Unendlichen negiert« (Psychol. I, 722). Ähnlich lehrt ULRICI (Gott u. d. Nat. S. 623). Eine realiter unendliche Größe ist eine contradictio in adiecto (l. c. S. 446). Das Universum kann nicht begrenzt sein, weil es nichts außer ihm geben kann, das nicht zu ihm gehörte, aber es kann auch nicht als grenzenlos gedacht werden, weil das Ganze der Welt, als aus lauter begrenzten Teilen bestehend, selbst ein Begrenztes sein muß und weil die Unendlichkeit Gottes nur ein Grenzbegriff ist (l. c. S. 619 f.). Das Endliche (die Welt) ist ein durch das Unendliche (Gott) Gesetztes (l. c. S. 655 ff.). Das Universum ist zugleich begrenzt und unbegrenzt (l. c. S. 661). M. CARRIERE bemerkt: »Das Endliche ist das in Raum und Zeit Begrenzte. Wir aber können es nur dadurch als endlich bezeichnen, daß wir es auf den Begriff des Unendlichen bestehen und es von dem unterscheiden. Damit bestimmt sich das Unendliche als das, was nichts außer ihm hat, kein Vor oder Nach, kein Neben, und daraus ergibt sich, daß die Einheit innerhalb welcher alles Unterschiedliche besteht, das Unendliche selbst ist« (Sittl. Weltordn. S. 131). Nach M. MÜLLER ist der Keim zur Idee des Unendlichen schon in den frühesten sinnlichen Eindrücken eingeschlossen (Urspr. u. Entwickl. d. Relig. S. 36). »Dem Menschen muß alles, von dem seine [564] Sinne kein Ende sehen und keine Grenzen bestimmen können, als im vollen Sinne des Wortes endlos und grenzenlos erscheinen.« Der Mensch empfindet den »Druck des Unendlichen« (l. c. S. 41). Jede Wahrnehmung des Endlichen ist von der Fühlung des Unendlichen begleitet (l. c. S. 50). Das Unendliche ist keine bloße Idee, sondern ein Wahrnehmbares (l. c. S. 52).
HAGEMANN bestimmt: »Das mathematisch Unendliche ist eine Größe, die keine Grenzen hat, also entweder eine unendliche Zahl oder eine unendliche Ausdehnung. Eine solche Größe aber kann niemals in Wirklichkeit existieren, weil Zahl und Ausdehnung immer größer gedacht werden, also niemals unendlich groß sein können. Also ist das mathematisch Unendliche nur in unseren Gedanken real. das Wirkliche, welches ihm entspricht, ist endlich und begrenzt, aber der Möglichkeit nach unendlich, weil es ohne Ende vergrößert werden kann und durch stete Zunahme seine Grenzen immer weiter gerückt werden. Daher ist das mathematisch Unendliche nur das Unendliche der Möglichkeit nach (infinitum potentia oder infinitum, auch das synkategorematisch Unendliche genannt).« »Das metaphysisch Unendliche ist das im Sein schrankenlose Wesen, welches als solches reine Wirklichkeit, die Fülle des Seins oder schlechthin vollkommen ist« (Met.2, S. 35). Den Begriff des Unendlichen gewinnen wir »durch eine doppelte Verneinung, indem wir zunächst in dem, was wir erkennen, Schranken setzen, d.h. es als endlich auffassen, sodann die Schranken dieses Endlichen negieren« (l. c. S. 35 f.). – E. V. HARTMANN erklärt: »In der objectiv realen Sphäre gibt es weder unendliche Ausdehnung, noch unendliche Geschwindigkeit, weil es ein Widerspruch wäre, daß eine vollendete Unendlichkeit existierte. Es gibt nur die potentielle Unendlichkeit als Möglichkeit des endlosen Fortschritts und der endlosen Steigerung.« Zeit und Raum sind actuell endlich, die Atome reell unteilbar (Kategorienlehre S. 274 f.). Zum mathematisch Unendlichen treibt die »Incommensurabilität des Discreten durch das Continuierliche und umgekehrt, und die Nötigung, diese Incommensurabilität wenigstens annähernd zu überwinden« (l. c. S. 275). Das Absolute hat mit Quantität nichts zu tun, ist daher auch nicht unendlich (l. c. S. 276). Gott ist weder quantitativ noch qualitativ unendlich, »weil eine vollendete Unendlichkeit ein Widerspruch und eine qualitative Unendlichkeit ein in keinem Sinne haltbarer Begriff ist«. »Qualitative Unendlichkeit ist unmöglich als unendlicher Grad einer bestimmten Qualität, weil bei unendlicher Intensitätssteigerung jede Qualität die Bestimmtheit einbüßt, in der sie besteht« (Zur Gesch. u. Begründ. d. Pessim.2, S. 311). Nach SCHNEIDEWIN ist Unendlichkeit eine subjective Kategorie, bezieht sich auf die Möglichkeit im Denken, im Fortschreiten desselben (Die Unendl. d. Welt, so schon L. KUHLENBECK). In diesem Sinne ist der Raum unendlich (l. c. S. 91 ff.), aber er ist nicht als unendlich gegeben (l. c. S. 97). R. HAMERLING betont: »Niemals ist das Endliche aus dem Unendlichen hervorgegangen. es ist noch bis zum heutigen Tage in ihm.« »Das Unendliche existiert nirgends als im Endlichen« (Atomist. d. Will. I, 134). Nach P. CARUS ist es das unerreichbare Ideal des Unendlichkeitsbegriffes, die Unendlichkeit zu erfassen. er ist nicht falsch, wohl aber immer unvollkommen (Metaphys. S. 31). Nach O. LIEBMANN hieße, die Zeit fängt an, so viel wie: in diesem Zeitpunkt ist die Zeit da, während sie in dem vorangehenden noch nicht da war. Da dies sinnlos ist, so ist die Zeit a priori anfangslos und, aus analogen Gründen, auch endlos (Anal. d. Wirkl.2, S. 396). RABIER unterscheidet: »L'infini, c'est ce qui est actuellement sans limites: par exemple, l'espace. L'indéfini, c'est ce qui est actuellement limité,[565] mais dont l'accroissement possible est illimité: par exemple le nombre« (Psychol. p. 457). Nach FOUILLÉE ist das Unendliche »une grandeur sans limites« (Psychol. d. id.-forc. II, 197. vgl. JANET, Princ. de mét. II, 83 ff.). – Nach H. CORNELIUS verschwindet der Widerspruch der »Antinomien« betreffs des Unendlichen, sobald wir »uns darüber klar bleiben, daß u' in dem Begriffe der Welt nur eine Zusammenfassung unserer Erfahrungen besitzen, daß also auch das Dasein der Welt niemals weiter reicht, als die Einordnung unserer Erfahrungen unter die Kategorien unseres Denkens«. Es tritt »an die Stelle des positiven Unendlichkeitsbegriffes der rein negative Begriff der Unbegrenztheit im Fortgange unserer Erfahrungen«. »Die Welt ist zeitlich und räumlich nicht als positiv unendlich gegeben, sondern sie ist nur die zeitliche und räumliche Mannigfaltigkeit unserer Erfahrungen, innerhalb deren dem Fortschreiten unserer Erfahrung und unseres Vorstellens nirgends eine Grenze gesetzt ist.« – WUNDT unterscheidet das »Infinite« und das »Transfinite« (vgl. G. CANTOR, Grundleg. ein. allgem. Mannigfaltigkeitslehre 1883, S. 13). Ersteres bedeutet das Endlose, die unvollendbare Unendlichkeit, letzteres die vollendete Unendlichkeit, das Überendliche, »was alle Grenzen meßbarer Größen überschreitet«. Der absolute Unendlichkeitsbegriff kann »nur in der Form eines von den erzeugenden Operationen völlig abstrahierenden Postulates gedacht werden«. Die unendliche Totalität ist nie erreichbar, sie kann nur als der letzte Grund der unbegrenzten Synthesis festgehalten werden (Log. II2 1, 153, 461 f.. Ess. 3, S. 70. Syst. d. Philos.2, S. 340 ff.). Der quantitative Unendlichkeitsbegriff entspringt aus dem Denknotwendigkeit, vor jeden Anfang der Zeit noch einmal die Zeit, hinter jede Grenze des Raumes abermals den Raum zu setzen, und dies ist wieder in der Constanz der Anschauungsformen (s. d.) begründet. Wir müssen die Welt logisch als ein unendlich Werdendes denken. »Da Zeit und Raum constante Bestandteile aller Erfahrung sind, so kann auch unser Denken in der Verknüpfung der Erfahrungen niemals von ihnen abstrahieren. Wollten wir aber eine Grenze von Raum und Zeit voraussetzen, so würde darin zugleich die begriffliche Function einer Zeit- und raumlosen Erfahrung oder die Forderung eines Denkens von unvorstellbarem Inhalt gegeben sein« (Ess. 3, S. 62 ff.. Log. II2 1, 463). Die Unendlichkeit der Zeit ist ein begriffliches Postulat, keine vollziehbare Vorstellung (l. c. I2, 486 f.). Bei den Begriffen Materie und Naturcausalität liegt die Möglichkeit vor, relative Grenzpunkte zu finden, über die das Denken aber immer wieder hinaus zu gehen strebt. Wegen der (vielleicht nur vorläufigen) Schwierigkeit, diese Art von Unendlichkeit auszudenken, läßt sich annehmen, – daß »die Dichtigkeit der Materie von einem bestimmten Punkte an allmählich ins unendliche abnehme«. »Die einfachste Voraussetzung würde hier die Abnahme nach dem Verhältnis einer convergierenden unendlichen Reihe sein, so daß zwar die Ausdehnung der Materie unendlich, ihre Masse aber endlich bliebe.« Auch die causale Veränderung kann als begrenzt gedacht werden, indem die Bewegung der Materie lange Zeit hindurch in einem bloßen Oscillieren der Teilchen um die nämlichen Gleichgewichtslagen bestanden haben kann (Syst. d. Philos.2, S. 356 ff.. Log. II2 1, 466 f.. Ess. 3, S. 82. Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. I, 80 f.. Philos. Stud. II, 537). SCHUPPE erklärt: »Wenn jedes Gegebenen räumliche und zeitliche Bestimmtheit eo ipso Nachbarräume und Nachbarzeiten setzt, so liegt es schon daran, daß nirgend Halt gemacht werden, niemals eine Raum- und Zeitgrenze gedacht werden kann, hinter welcher die [566] Raum- und Zeitlosigkeit begänne. Denn die Grenze fällt eben immer in den Raum und in die Zeit, und deshalb ist Begrenztheit des Raumes und der Zeit Überhaupt ein Unding.« »Die Unendlichkeit als gegebene Größe zu denken, ist durch obiges noch nicht verlangt. Denn zur gegebenen Größe gehört die Wahrnehmbarkeit« (Log. B. 83 f.).
Nach A. RIEHL ist vollendete Unendlichkeit ein Widerspruch (Philos. Krit. II 2, 285 ff.). Der Raum kann wohl unbegrenzt und die räumlich angeschaute Welt doch begrenzt sein (l. c. S. 289 ff.). Materie und Kraft sind, weil unveränderlich, von endlicher Größe (l. c. S. 202 f.). Die Welt ist der Masse nach endlich (l. c. S. 303). – E.. DÜHRING betont: »Infinita quantitas data evidentissima contradictio in adiecto est« (De tempor., spat., causal. p. 35). Die Unendlichkeit ist nicht Eigenschaft der Zahl selbst, sondern nur der »synthetischen Function, durch welche die Zahlenreihe erzeugt wird«, sie besteht nur im unbegrenzten Zählen (Natürl. Dialekt. S. 122 f.). Es besteht das »Gesetz der bestimmten Anzahl« (s. d.). Raum und Zeit sind nur in Gedanken unendlich teilbar. Es gibt keine »wüste, sich widersprechende Unendlichkeit«. Das Geschehen, als materielle Veränderung, hat einen Anfang, zwar keinen »unbedingten«, wohl aber einen durch irgend welche Elemente ermöglichten (Log. S. 191 f.). Die bloß »subjective Schrankenlosigkeit« der Zeit hat kein objectives Gegenstück (l. c. S. 192). Unendlichkeit besteht nur im Sinne der Unmöglichkeit, jemals zu etwas abschließend Letztem zu gelangen (Wirklichkeitsphilos. S. 52). Die Natur muß »unerschöpflich sein in radicalen Veränderungen« (l. c. S. 54). Nach MAINLÄNDER besteht die Unendlichkeit nur »in der ungehinderten Tätigkeit in indefinitum eines Erkenntnisvermögens«(Philos. d. Erlös. S. 39). Die Welt ist, als Totalität endlicher Kraftsphären, endlich (l. c. S. 35 ff.). Nach NIETZSCHE: ist das Werden (s. d.) unendlich, die Kraft aber bestimmt, endlich, so daß das Gleiche immer wieder kommen muß (WW. XV, 380. s. Apokatastasis). Das Wesen der Kraft ist flüssig, aber ihr Maß ist fest (l. c. S. 382 ff.). Die Welt muß »als bestimmte Größe von Kraft und als bestimmte Zahl von Kraftcentren« gedacht werden (l. c. S. 384. vgl. XII 1, 203 ff.). Die Welt ist »ein Ungeheuer von Kraft, ohne Anfang, ohne Ende, eine feste, eherne Größe und Kraft, welche nicht größer, nicht kleiner wird, die sich nicht verbraucht, sondern nur verwandelt, als Ganzes unveränderlich groß, ein Haushalt ohne Ausgaben und Einbußen, aber ebenso ohne Zuwachs, ohne Einnahmen, vom Nichts umschlossen als von seiner Grenze, nichts Verschwimmendes, Verschwendetes, nichts Unendlich-Ausgedehntes [antike Wertung des Begrenzten!], sondern als bestimmte Kraft einem bestimmten Raum eingelegt« (l. c. XV, S. 384 f.).
Im Unendlichkleinen liegt nach FR. SCHULTZE das Problem der Causalität. »Wir müssen alle Erscheinungen aus dem Unendlichkleinen erklären, und das Unendlichkleine ist selbst keine Erscheinung«, sondern ein notwendiger Gedanke, ein Unbedingtes (Philos. d. Naturwiss. I, 52 f.). Nach H. COHEN ist das Unendlichkleine »Grund und Werkzeug des realen Gegenstandes« (Princ. d. Infinites. S. 133). Es macht, als die intensive Größe (s. Intensität: Kant), das Reale aus (ib.). »In dem Unendlichkleinen wird als in seinem natürlichen Elemente und Ursprung das Endliche gegründet« (l. c. S. 133 f.). Das Unendlichkleine stellt das Sein dar. Die Einheiten, welche das Unendlichkleine zu zählen sich erkühnt, »sind von der Empfindung nicht abzulesen und mit der Empfindung nicht zu sammeln. Sie sind aus dem Ursprung des Denkens, als des Seins, erzeugt. Und[567] sie sollen auf Grund dieses Ursprungs das Seiende selbst bedeuten« (Log. S. 113 f.). – Vgl. G. CANTOR, Zur Lehre vom Transfiniten, 1890. B. KERRY, Syst. ein. Theorie d. Grenzbegriffe, 1890. HODGSON, The conception of infinity, Mind, 1893. G. S. FULLERTON, The conception of the infinite, 1887. – Vgl. Ewigkeit, Teilbarkeit, Atom, Raum, Zeit, Werden, Sein, Substanz, Schöpfung, Welt.
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