Ehrenhandel In der Münchener Ortsgruppe des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller hatte es Krach gegeben, in dessen Verlauf Carl Rößler dem Verhandlungsleiter Reinhold Ortmann zurief: »Sie sind ein unanständiger Mensch!« Die Folge war eine Beleidigungsklage. Rößler wohnte damals in derselben Pension wie ...
Verschiedene Liebe. Ich hoffe, ich will mich mit der Erfahrung schützen, wenn ich behaupte, daß viele aus Neigung lieben, aber aus Eigennutz heiraten. Wenigstens haben diejenigen kein Recht, mir zu widersprechen, welche sich mit einem Frauenzimmer verbinden, die nach dem ...
Ein altes Blatt Es ist, als wäre viel vernachlässigt worden in der Verteidigung unseres Vaterlandes. Wir haben uns bisher nicht darum gekümmert und sind unserer Arbeit nachgegangen; die Ereignisse der letzten Zeit machen uns aber Sorgen. Ich habe eine Schusterwerkstatt ...
Ein Bericht für eine Akademie Hohe Herren von der Akademie! Sie erweisen mir die Ehre, mich aufzufordern, der Akademie einen Bericht über mein äffisches Vorleben einzureichen. In diesem Sinne kann ich leider der Aufforderung nicht nachkommen. Nahezu fünf Jahre trennen ...
Ein Besuch im Bergwerk Heute waren die obersten Ingenieure bei uns unten. Es ist irgendein Auftrag der Direktion ergangen, neue Stollen zu legen, und da kamen die Ingenieure, um die allerersten Ausmessungen vorzunehmen. Wie jung diese Leute sind und dabei ...
Ein Brief Ich schrieb einer süßen Gefallenen einen begeisterten Brief, schilderte ihr darin alle ihre Vollkommenheiten, vom Kopf bis zu den Zehen – – –. Sie ließ mich nachts im Café L. an ihren Tisch bitten durch den Kellner. »Sö haben mir an ...
Ein Brief an den Mond No. 1 Stille glänzende Freundin, Ich habe Sie lange heimlich geliebt; als ich noch Knabe war pflegt ich schon in den Wald zu laufen und halbverstohlen hinter 'n Bäumen nach Ihnen umzublicken, wenn Sie mit ...
Ein Brudermord Es ist erwiesen, daß der Mord auf folgende Weise erfolgte: Schmar, der Mörder, stellte sich gegen neun Uhr abends in der mondklaren Nacht an jener Straßenecke auf, wo Wese, das Opfer, aus der Gasse, in welcher sein Büro ...
Ein Bürger, der reich und vernünftig ist, wirbt um ein adeliges Fräulein. Gnädiges Fräulein, Die Gelegenheit, die ich seit zwei Jahren gehabt, Sie kennen zu lernen und durch einen täglichen Umgang Ihre Vorzüge und Tugenden einzusehen, macht mich so dreist ...
Ein einfältiges Bürgermädchen nimmt den Vorschlag mit demütigem Danke an. Hochwohlgeborner Herr, Gnädiger Herr! Dem Himmel sei tausendmal Dank, der Sie auf den glücklichen Einfall gebracht hat, mich zu einer gnädigen Frau zu machen. Das ist alles, was ich mir ...
Ein gutes Rezept In Wien der Kaiser Joseph war ein weiser und wohltätiger Monarch, wie jedermann weiß, aber nicht alle Leute wissen, wie er einmal der Doktor gewesen ist, und eine arme Frau kuriert hat. Eine arme kranke Frau sagte ...
Ein heikles Thema, das aber recht diskret behandelt ist Ich habe wieder neulich in einer Lokalnotiz gelesen von »Zuhälterliebe« und »der Schandlohn seiner Geliebten«. In den allermeisten Fällen aber ist es das Mädchen, das den Geliebten in diese Position geradezu ...
Ein Hungerkünstler In den letzten Jahrzehnten ist das Interesse an Hungerkünstlern sehr zurückgegangen. Während es sich früher gut lohnte, große derartige Vorführungen in eigener Regie zu veranstalten, ist dies heute völlig unmöglich. Es waren andere Zeiten. Damals beschäftigte sich die ...
Ein Landarzt Ich war in großer Verlegenheit: eine dringende Reise stand mir bevor; ein Schwerkranker wartete auf mich in einem zehn Meilen entfernten Dorfe; starkes Schneegestöber füllte den weiten Raum zwischen mir und ihm; einen Wagen hatte ich, leicht, großräderig ...
Ein Liebesgedicht Rosig will ich, muss ich dein geliebtes Antlitz sehen – – – Und wenn ich es mit meinem Herzblut rosig färben müsste! Rosig muss ich dein geliebtes Antlitz sehen, Rosig und mit dem süssen kindlichen Ausdruck des Wohlergehens! Aber bleich bist ...
Ein Roman von einem Fräulein, die der Großvater und Enkel zugleich liebt. Die große Hälfte des menschlichen Geschlechts liebt gemeiniglich in jungen Jahren von ganzem Herzen und närrisch, in reisen Jahren eigennützig und im Alter lächerlich. Es gehört keine große ...
Ein schweres Herz Es steht mitten zwischen Wiesen und Obstgärten ein riesiges gelbes Haus. Es ist ein Mädchen-Institut der »Englischen Fräulein«. Es giebt viele »heilige Schwestern« darin und viel Heimweh. Manchesmal kommen die Väter an, besuchen ihre Töchterchen. »Papa ...
Ein sonderlicher Kasus von harten Talern und Waldhorn Musik! O ja, Musik ist eine herrliche Sach; auch die heiligen Engel im Himmel sind Freunde davon, ich habe sie mehr als einmal auf Schildereien blasen sehen. Und die Musik ist lieblich ...
Ein strotzender Landjunker will seine Liebe an ein reiches Bürgermädchen verkaufen. Mademoiselle, Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu thun, der Ihnen Ehre macht. Mein Vater heiratete ein blutarmes Fräulein aus einem uralten Hause. Mein Großvater vermählte sich mit der Baronesse ...
Ein teurer Kopf und ein wohlfeiler Als der letzte König von Polen noch regierte, entstand gegen ihn eine Empörung, was nichts Seltenes war. Einer von den Rebellen, und zwar ein polnischer Fürst, vergaß sich so sehr, daß er einen Preis ...
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E.T.A. Hoffmanns zweiter Erzählzyklus versucht 1817 durch den Hinweis auf den »Verfasser der Fantasiestücke in Callots Manier« an den großen Erfolg des ersten anzuknüpfen. Die Nachtstücke thematisieren vor allem die dunkle Seite der Seele, das Unheimliche und das Grauenvolle. Diese acht Erzählungen sind enthalten: Der Sandmann, Ignaz Denner, Die Jesuiterkirche in G., Das Sanctus, Das öde Haus, Das Majorat, Das Gelübde, Das steinerne Herz
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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
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