[300] Gasmesser (Gasuhr), Apparate zur Messung der in bestimmter Zeit durch das Gaszuleitungsrohr strömenden Gasmenge, von denen ein großes Exemplar in der Gasanstalt direkt vor der Hauptleitung zum Gasbehälter angebracht wird (Hauptgasmesser oder Stationsgasmesser) und die ganze Gaserzeugung der Gasanstalt mißt, während die kleineren Gasmesser oder Gasuhren an den Verbrauchsstellen, in den Häusern, Etagen, Fabriken, vor Gasmotoren u.s.w. aufgestellt sind.
Nach der Art der Abdichtung unterscheidet man zwei Hauptsysteme, nasse und trockene Gasmesser. Die ersteren sind weitaus am meisten in Gebrauch und sind mit Wasser, Glyzerin oder Chlormagnesium als Dichtungs- oder Absperrflüssigkeit gefüllt.
Nasse Gasmesser. Die Konstruktion eines der gebräuchlichsten Systeme ist aus den Fig. 13 zu ersehen. Die älteste Form desselben flammt aus dem Jahre 1816 von S. Clegg und Ist noch heute in saß unveränderter Form im Gebrauch. Croßley ist der Erfinder der vierkammerigen Trommel, die sich im Innern des Gasmessers dreht. Dieselbe ist in Fig. 2 mit 7 bezeichnet und in Fig. 3 mit abgenommenem Mantel dargestellt. Sie enthält vier schraubenförmig gebildete. Flügel, deren radiale, schrägstehende Wände allmählich in die Abdichtungsflüssigkeit eintauchen und dadurch das auf der einen (linken) Seite (Fig. 2) einströmende Gas nach der andern (rechten) Seite verdrängen, von wo es durch das Rohr K zur Verbrauchsstelle strömt. Die Einströmung in die Trommel erfolgt durch den Rohrkrümmer H. Durch ihre Umdrehung setzt die Trommel vermittelst der Schraube C und des Schraubenrads D das Zählwerk Q in Bewegung, dessen stehende Antriebswelle E in der Hülfe F gelagert ist. Der Inhalt der Trommel ist je nach der Größe der Gasuhr und der Anzahl der Flammen, für die derselbe bestimmt ist, verschieden und entspricht jeder Umdrehung eine bestimmte, vom Zählwerk angegebene Gasmenge. Eine Hauptfehlerquelle für die Richtigkeit dieser Angaben liegt in der allmählichen Verdunstung des in der Gasuhr enthaltenen Wassers. Da infolge der Verdunstung der Wasserspiegel im Gehäuse, also auch in der Trommel sinkt, so wird der vom Gas erfüllte Trommelinhalt dadurch größer, während die Uhr nur die der Anzahl der Umdrehungen entsprechende Gasmenge anzeigt, also zuungunsten der Gasanstalt eine geringere Gasmenge erkennen läßt, als tatsächlich durch die Gasuhr gegangen ist. Um diese Ungenauigkeit einigermaßen zu beseitigen, dient folgende Vorrichtung: In der vor der Trommel befindlichen Kammer, in die das Gas aus der Zuleitung durch das Ventil einströmt, ist ein Schwimmer A angebracht, der mittels einer Ventilstange das Drosselventil B trägt. Sinkt nun der Wasserstand im Gehäuse, so bewirkt das damit Hand in Hand gehende Sinken des Schwimmers und Ventils B eine Verengerung der Eintrittsöffnung in den Gasmesser, wodurch bei sonst gleichbleibendem Gasdruck in der Rohrleitung die in der Zeiteinheit durchströmende Gasmenge verringert wird. Außerdem wird seitens der Gasanstalten in bestimmten Zeitabschnitten (alle 46 Wochen) das Wasser in den Gasuhren nachgefüllt. Die Verluste durch den vorerwähnten Uebelstand betragen:
bei Gasmessern für weniger als | 5 Flammen bis zu | 10%, |
bei Gasmessern für weniger als | 510 Flammen bis zu | 9%, |
bei Gasmessern für mehr als | 10 Flammen bis zu | 8%. |
Ein zweiter Uebelstand, der den nassen Gasmessern anhaftet, ist die Gefahr des Einfrierens bei großer Kälte. Um dies zu verhindern, wird 1. der Gasmesser möglichst frostfrei[300] aufgestellt, auch wohl im Winter mit schlechten Wärmeleitern eingepackt oder in der Nähe der Heizkammern bei Zentralheizungsanlagen angebracht, jedoch in solchem Abstand, daß keine Vermehrung der Verdünnung des in der Uhr befindlichen Wassers stattfindet; 2. wird derselbe statt mit Wasser mit Glyzerin oder Chlormagnesiumlösung angefüllt. Die Glyzerinfüllung hat jedoch wieder den Nachteil, daß durch das Glyzerin nach und nach das Metall der Trommel und des Gehäuses angefressen- wird, weshalb die Trommeln aus Britanniametall hergestellt werden, wodurch ihr Preis bedeutend erhöht wird. Am besten haben sich Chlormagnesiumlösungen sowohl gegen Einfrieren als auch gegen Verdunsten bewährt; doch finden einfache Wasserfüllungen noch immer der größeren Einfachheit und Billigkeit halber die meiste Anwendung. Die Größe der Gasmesser, die zur Anwendung kommen, ist abhängig von der Flammenzahl oder dem entsprechenden stündlichen Gasverbrauch, wobei für einen gewöhnlichen Zweilochbrenner ein stündlicher Gasverbrauch von 0,15 cbm meistens zugrunde gelegt wird. § 78 der Eichordnung gibt als Mindestwert 0,142 cbm für eine Gasflamme an.
Für die eichamtlich geprüften, normalen Gasmesser gelten folgende Zahlen:
Anzahl der Flammen:
Stündlicher Gasverbrauch, Kubikmeter:
Umdrehungszahl der Trommel ca.:
Für Stationsmesser gelten folgende Normen:
Die Preise der Gasuhren sind aus folgender Tabelle zu ersehen:
Außer dem in den Fig. 13 abgebildeten Gasmesser gibt es noch verschiedene Systeme nasser Gasmesser, von denen diejenigen von Heise, Warner & Cowann, Siry, Lizars & Co., Elster u.s.w. Erwähnung finden mögen.
Trockene Gasmesser. Dieselben bestehen aus einem Gehäuse und meistens zwei (selten mehr) Kammern mit beweglicher Wand, deren Füllungen und Entleerungen durch das unter dem Druck der Gasbehälter stehende Gas selbsttätig geschieht, wobei die hin und her gehende bezw. pendelnde Bewegung der Wände zum Antrieb des Zählwerkes und der Steuerung des Ein- und Auslasses des Gases dient. Ein trockener Gasmesser (System III der Systematisierung des Eichamtes) ist in den Fig. 46 abgebildet. Das Gas tritt durch das Eintrittsrohr A und ein an dasselbe anschließendes horizontales Verbindungsrohr B in eine Verteilungskammer C, in der zwei schrägliegende Schieber D auf Schieberspiegeln E hin und her gleiten. Je nach der Stellung dieser Schieber strömt das Gas entweder in einen der beiden Bälge F1 und F2 oder aus einem derselben durch die im Schieber befindliche Höhlung und einen Verbindungskanal G nach dem Ausströmungsrohr H. Durch das ein- und ausströmende Gas werden die Außenwände der Bälge hin und her bewegt und hierdurch vermittelst der stehenden Achse J, der Hebel K1 und K2 und kleiner Kurbeln L die Schieber D und das Zählwerk Z in Bewegung gesetzt. Die trockenen Gasmesser haben gegenüber den nassen den Vorzug der Unveränderlichkeit der Angaben, des Fortfalls der Möglichkeit des Einfrierens und des Erfordernisses des Nachfüllens sowie eines geringeren Gewichtes. Auch sie sind in drei Ausführungsformen (System III, IV und V) als Normalgasmesser eichamtlich zugelassen. Ihre Preise sind nahezu dieselben wie diejenigen der nassen Gasmesser, während die Eichungsgebühren etwas höher sind. Eine sehr eingehende Beschreibung der eichfähigen Gasmesser findet sich unter dem Titel »Beschreibung und Erläuterung zu den bildlichen Darstellungen der eichfähigen Gasmesserkonstruktionen« in den »Beilagen zum 8. Teil des 2. Abschnitts der Instruktion vom 1. Mai 1885, herausgegeben von der Kais. Normaleichungskommission Berlin«.
Zur Prüfung der Gasmesser auf ihren Inhalt dienen die sogenannten Kubizierapparate, die aus einem stehenden zylindrischen Kübel nebst Rohrleitung, einer Glocke mit Gegengewicht und einem Gerüst mit Seilrolle und Ausgleichsspirale nebst Ausgleichsgewicht bestehen. Der aus genietetem Eisenblech hergestellte Kübel hat dicht über seinem Boden eine Ablaßschraube. Die Rohrleitung befiehl aus einem unterhalb des Kübelbodens angebrachten horizontalen Stücke[301] und zwei vertikalen, bis zur Kübeloberkante reichenden Enden. Das innere, oben offene Rohrstück steht mitten im Kübel und kommuniziert mit dem Luftraum der Glocke. Das andre Rohrstück geht außen an der Kübelwand in die Höhe und endigt in einen mit einem Manometer in Verbindung stehenden Hahn, an den sich die nach dem zu untersuchenden Gasmesser führende Luftleitung anschließt. Um auch sehr kleine durchzulassende Luftmengen genau einstellen zu können, ist der Ausgangshahn mit einem Mikrometerumgang versehen, in dem ein Hahn angebracht ist, dessen Wirbel durch Schnecke und Schraubenrad gedreht wird und mit einer Einteilung versehen ist, die genau die Durchgangsmengen erkennen läßt. Die Wirkungsweise dieses Apparates ist folgende: Nachdem der Kübel bei geöffnetem Ausgangshahn mit Wasser gefüllt ist, wird dieser Hahn geschlossen, der Lufthahn geöffnet und durch Auflegen aller Platten auf den Teller des Gegengewichts die Glocke gehoben, wobei die Glocke Luft von außen einsaugt. Ist die Glocke in der höchsten Stellung angelangt, bei der die am äußeren Glockenmantel angebrachte Skala, durch ein davor befindliches Visier gesehen, auf dem Nullpunkt fleht, so wird der Lufthahn geschlossen, dann durch Abnahme einer bestimmten Anzahl von Platten am Gegengewicht der gewünschte Druck durch Niedersenken der Glocke eingestellt (bei der Eichung 40 mm Wassersäule), der am Manometer abgelesen wird und hierauf durch langsames und vorsichtiges Oeffnen des Lufthahnes die Glocke auf Null oder eine volle Hundertliterzahl eingestellt, worauf der Apparat gebrauchsfertig ist. Beim Eichen wird nun genau so viel Luft unter Druck durch den an die Luftleitung angeschlossenen Gasmesser gelassen, als der Gradmesser in bestimmter Zeit (z.B. einer Stunde) anzeigt, also z.B. bei einem Messer von fünf Flammen 0,75 cbm. Ist diese Luftmenge aus dem Kubizierapparat ausgeflossen, so wird der Abflußhahn geschlossen, die Angabe des Zählwerks des Gasmessers mit derjenigen des Kubizierapparats verglichen und hierdurch die Abweichung der Gasuhr von der genauen Angabe des Kubizierapparats oder der Eichungsfehler ermittelt. Kubizierapparate der beschriebenen Art liefert S. Elster, Berlin NO., Neue Königsstraße 68.
Eine höchst originelle Neuerung auf dem Gebiete der Gasmesserkonstruktionen sind die Gasmesser mit Vorausbezahlung, die Gasautomaten [2], die, aus England und Amerika flammend, in den letzten Jahren in Deutschland eine sich immer mehr ausbreitende Verwendung gefunden haben. Die Eigentümlichkeit derselben beruht darin, daß nach Einwurf eines bestimmten Geldstückes sich ein Absperrorgan öffnet und genau so viel Gas durch den Messer strömen läßt als dem Werte des Geldstückes (10-Pfennig-Stück) entspricht und hierauf sich selbsttätig wieder schließt. Die Einrichtung gestattet auch, mehrere Geldstücke gleichzeitig in den Automaten zu stecken, um ununterbrochen eine größere Gasmenge zu erhalten. Die Annehmlichkeit derselben besteht hauptsächlich in der wesentlichen Erleichterung des Gasverbrauches für die ärmere Bevölkerung, indem das Gas in kleineren Mengen und mit jedesmaligen geringen Geldaufwendungen bezogen werden kann, wodurch anderseits den Gaswerken eine Vermehrung der Gasabgabe und der Einnahmen erwächst, auch das Einkassieren der Gasgelder erleichtert wird.
Literatur: [1] Homann, Die eichfähigen Gasmesserkonstruktionen, München 1894, und Journal für Gasbeleuchtung 1893, Heft 3236. [2] Gasmesser, automatisch wirkende, Journal für Gasbeleuchtung 1894, S. 154; Gasmesser mit Vorausbezahlung, ebend. 1894, S. 253; Gasuhren mit automatischer Zahlung, Revue industr. 1894, S. 365; Gasautomaten verschiedener Konstruktionen, Einführung u.s.w., Journal für Gasbeleuchtung 1898, 1899, 1900, 1901, 1903 u. ff. an verschiedenen Stellen, worüber das Register zu vergleichen.
Schaar.
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