Alp [2]

[360] Alp (Alpdrücken), beängstigender Traumzustand beim Einschlafen oder vor dem Erwachen. Der Träumende hat die Empfindung, als ob eine Last, ein Tier, ein Gespenst etc. auf ihm läge; er empfindet die entsetzlichste Angst, er versucht, sich zu bewegen oder zu schreien, aber er kann nicht. Gelingt es ihm, sich zu ermuntern, so ist der Anfall vorüber, aber er fühlt sich meist sehr matt, hat heftiges Herzklopfen, ist in Schweiß gebadet und kann sich nur allmählich beruhigen. Das Alpdrücken wird durch die unklare Empfindung einer während des Schlafes eintretenden Atmungsbehinderung hervorgerufen. Alles, was zu schweren Träumen überhaupt disponiert, kann auch den A. veranlassen, namentlich starke Mahlzeiten vor dem Einschlafen, Ausdehnung der Gedärme mit Luft, wodurch das Zwerchfell nach oben gepreßt wird, enge Kleidungsstücke, Störungen im Blutkreislauf. Die Entstehung des Alps kann oft verhütet werden, indem man beim Einschlafen die Rückenlage vermeidet, vor dem Schlafengehen den Magen nicht anfüllt und, wenn ein krankhafter Zustand in den Organen der Brust oder des Bauches die Ursache ist, sich ärztlichen Rates bedient. Der A. (Alb, Druta, Mahr, Nachtmahr) war im Mittelalter und auch noch jetzt Anlaß und Gegenstand mannigfachen Aberglaubens. Man identifizierte ihn auch mit dem Teufel; »der Teufel hat dich geritten« ist soviel wie »dich hat der Mahr geritten«. Wie Frau Holle Gespinst oder Haare verwirrt, selbst verworrene Haare trägt (Hollenzopf), so wickelt der Nachtalp das Haar der Menschen und der Pferde in Knoten (Alpzopf, Drudenzopf, Wichtelzopf, Weichselzopf). Man unterschied im Altertum den männlichen A. (Incubus) vom weiblichen (Succuba), erzählte von dem Glauben der Kelten an diese Gespenster, die Augustin Dusier nannte, und daß sie auf Verführung der Menschen ausgingen, und machte solche Wesen zu den Vätern von Helden und Zauberern (z. B. Hagen und Merlin). Der A., der die Landleute auf dem Felde während der Mittagsruhe heimsuchte, gab Anlaß zu den Erzählungen vom Mittagsdämon und der Mittagsfrau (s. d.), die schon von den Alten erwähnt werden. Vgl. Cubasch, Der A. (Berl. 1877); Laistner, Das Rätsel der Sphinx (das. 1889, 2 Bde.); Roscher, Ephialtes, über die Alpträume und Alpdämonen des klassischen Altertums (Leipz. 1900); Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart (3. Aufl., Berl. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 360.
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