Auber

[74] Auber (spr. ōbǟr), Daniel François Esprit, franz. Opernkomponist, geb. 29. Jan. 1782 in Caen (der Heimat seiner Eltern, die aber bereits in Paris ansässig waren), gest. 13. Mai 1871 in Paris, wurde von seinem Vater, der eine Hofcharge unter Ludwig XVI. bekleidete und nach der Revolution einen Kunsthandel eröffnete, für den Handelsstand bestimmt, komponierte aber sehr früh und erhielt 1804, nach mehrjährigem Aufenthalt in London, die Erlaubnis, sich der Musik zu widmen. Von der Komposition von Romanzen und Instrumentalwerken (unter andern vier Cellokonzerte für Hurel de Lamare, die unter dessen Namen gedruckt sind) ging er 1811 zur Opernkomposition über und wurde noch 1812 Schüler Cherubinis. Von 1813 ab gelangten kleine komische Opern seiner Komposition im Théâtre Feydeau zur Ausführung, von denen besonders »La bergère châtelaine« (1820) bemerkt wurde. Doch datiert seine Anerkennung als Geisteserbe Boieldieus erst seit der Ausführung von »Maurer und Schlosser« (»Le maçon«, 1825), einer auch in das deutsche Repertoire schnell übergehenden und sich lange behauptenden Spieloper. Vorübergehend hatte sich A. der Manier Rossinis angeschlossen (»La neige«, 1823), fand aber den Weg zur nationalen Eigenart zurück und wurde einer der hervorragendsten Repräsentanten der Lustspieloper, außer dem »Maçon« besonders mit den Werken »Die Braut« (»La fiancée«, 1829), »Fra Diavolo« (1830), »Gustav III.« (»Die Ballnacht«, 1833), »Der schwarze Domino« (1837), »Die Krondiamanten« (1841) und »Des Teufels Anteil« (1843). Aber schon 1828 war A. auch in die erste Reihe der Komponisten großer Opern getreten mit der »Stummen von Portici«, einem Werk, das mit Rossinis »Tell« (1829) und Meyerbeers »Robert der Teufel« (1831) eine vollständige Umwälzung im Repertoire der Großen Oper hervorbrachte, aber Aubers einziger Versuch auf diesem Gebiete blieb. Die Stumme erlangte eine Art politischer Bedeutung dadurch, daß ihre Erstaufführung in Brüssel 1830 das Signal zum Ausbruch der Revolution gab. Die Wiederholung des Experiments, die Hauptrolle einer nicht singenden Person zu übertragen, in.»Der Gott und die Bajadere« (1830), schlug fehl. Überhaupt stehen in der Gesamtsumme der (48) Opern Aubers den aufgezählten Treffern eine große Zahl von Werken gegenüber, die nur wenig Erfolg hatten und schnell wieder verschwanden. Doch setzte A. seine Tätigkeit für die Bühne fort bis ins hohe GreisenalterLe rêve d'amour«, Ende 1869). Seine letzten Kompositionen waren einige nicht in Druck gelangte Streichquartette. A., bereits 1825 zum Ritter der Ehrenlegion ernannt, wurde 1829 Mitglied der Akademie der schönen Künste, 1842 als Nachfolger Cherubinis Direktor des Pariser Konservatoriums, 1847 Kommandeur der Ehrenlegion und erhielt 1857 den Ehrentitel eines kaiserlichen Hofkapellmeisters. Die Mehrzahl der Opern Aubers ist auf Texte Scribes komponiert, deren mehr auf Intrigenspiel und geistvoll pointiertes Wesen gerichtete Zuschnitt in A. den speziell geeigneten musikalischen Interpreten fand. Daher darf man Tiefe in seiner Musik nicht suchen; sie ist im Gegenteil oft oberflächlich und leichtfertig, aber stets angenehm unterhaltend, voll anmutiger Koketterie, geistreich und geschmackvoll, pikant, selbst fein frivol, kurz, der echteste Ausdruck des modernen französischen Lebens. In Aubers Testament fand sich ein Preis von 5000 Frank ausgesetzt, der alljährlich für die beste komische Oper verteilt werden soll. Vgl. Kohut, Biographie Aubers (in Reclams Universalbibliothek).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 74.
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