Bayreuth [2]

[514] Bayreuth (Baireuth, lat. Baruthum), unmittelbare Stadt, Hauptstadt des bayr. Regierungsbezirks Oberfranken und des ehemaligen Fürstentums B., am Roten Main, 340 m ü. M., ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Weiden-Wirsberg und B.-Schnabelwaid.[514] Unter den Straßen zeichnen sich die Friedrichsstraße (mit dem Wohnhaus Jean Pauls) und die Straße zum Bahnhof aus; unter den kirchlichen Bauwerken (5 evangelische und eine kath. Kirche und eine Synagoge) ist die protestantische Hauptkirche bemerkenswert, im spätgotischen Stil 1446 erbaut, 1605 abgebrannt, 1614 wiederhergestellt, mit zwei durch Rosetten verbundenen Türmen. Andre hervorragende Gebäude sind: das Alte Schloß (Sophienburg, 1564 bis 1588 im Renaissancestil erbaut), die ehemalige Residenz der Markgrafen, jetzt Lokal von Behörden, mit dem Bronzestandbild König Max' II. von Bayern (von Brugger) im Schloßhof; das Neue Schloß, 1753 vom Markgrafen Friedrich im Rokokostil erbaut, mit dem Hofgarten in französischem Stil und der Reiterstatue des Markgrafen Christian Ernst (gest. 1712) von Ränz auf dem Brunnen des Schloßplatzes; das Palais des Herzogs Alexander von Württemberg (gest. 1881); das alte Opernhaus im Rokokostil; das Bühnenfestspielhaus, das R. Wagner (dessen Grabstätte in seiner Villa Wahnfried) für seine Kunstzwecke daselbst ausführen ließ; das Regierungsgebäude; das Gymnasium mit dem Denkmal Jean Pauls (von Schwanthaler) auf dem Platz davor u. a.

Wappen der Stadt Bayreuth.
Wappen der Stadt Bayreuth.

Durch eine Allee von 1 km Länge ist mit B. die Vorstadt St. Georgen (im 18. Jahrh. entstanden) verbunden, mit dem ehemaligen Kapitelhaus des Ordens de la Sincérité, aus dem der preußische Rote Adlerorden hervorging. Die Zahl der Einwohner betrug 1900 mit Garnison (1 Infanterieregiment Nr. 7 und 4 Eskadrons Chevaulegers Nr. 6) 29,387 Seelen, darunter 5255 Katholiken und 386 Juden. Die Industrie erstreckt sich auf Baumwollspinnerei und Weberei, Möbel-, Ofen- und Tonwaren-, Malz-, Pianoforte-, Harmonium-, Zuckerwaren-, Maschinen- und Blechwaren-, Papier-, Porzellan-, Essigfabrikation, Zwirnerei, Granitschleiferei, Ziegelbrennerei, Bierbrauerei etc. Den Handel unterstützen die königliche Filialbank und eine Reichsbanknebenstelle. An Unterrichtsanstalten besitzt B. ein Gymnasium, eine Realschule, Landwirtschaftsschule, evang. Lehrerseminar, Taubstummenanstalt etc.; daneben besteht ein Historischer und ein Kunstverein, ein Kreisnaturalienkabinett. B. ist Sitz der Regierung von Oberfranken, eines Landgerichts (für die 10 Amtsgerichte zu B., Berneck, Hollfeld, Kulmbach, Pegnitz, Pottenstein, Stadtsteinach, Thurnau, Weidenberg, Weismain) nebst Kammer für Handelssachen, des Schwurgerichts für Oberfranken, eines Bezirksamtes, des Kommandos der 10. Infanteriebrigade, eines evangelischen Konsistoriums, der Handels- und Gewerbekammer für Oberfranken, von 2 Forstämtern, eines Hauptzoll- und eines Bergamtes, hat eine Kreisirrenanstalt, eine Gefangenenanstalt etc. – In der Umgebung von B. deuten drei Lustschlösser auf die ehemalige Residenzstadt. Das nächste ist die 3 km entfernte Eremitage, eine 1718 vom Markgrafen Georg Wilhelm gegründete Anlage, mit Schloß, Park, reichen Wasserkünsten etc. An der Allee zur Eremitage steht das durch Jean Paul berühmte Wirtshaus »Zur Rollwenzelei« (mit dem noch erhaltenen Arbeitsstübchen des Dichters). Das zweite Lustschloß, Fantasie, mit großem Park, liegt 10 km von B., an der Straße nach Bamberg, auf dem Kamm eines bewaldeten Abhanges. Es wurde 1758 erbaut und war bis 1881 Besitztum des Herzogs Alexander von Württemberg. Unfern desselben liegt die Heilanstalt St. Gilgenberg. Das dritte Lustschloß, Sanspareil, liegt am weitesten von B., jetzt im Verfall. – B. wird urkundlich zuerst 1194 genannt und kam 1248 durch Erbschaft in den Besitz Friedrichs III., Burggrafen von Nürnberg. 1430 wurde es von den Hussiten verheert, 1553 von Heinrich Reuß von Plauen fast ganz zerstört und im Dreißigjährigen Krieg wiederholt geplündert. Residenz wurde B. 1604 unter Markgraf Christian und blieb es bis zum Aussterben der Linie Brandenburg-Bayreuth (1769). Vgl. Holle, Geschichte der Stadt B. bis 1792 (2. Aufl., Bayr. 1901); Roeser, B., die Markgrafen- und Wagnerstadt (das. 1897); Sakolowski, Rollwenzelei und Eremitage (Berl. 1901); Chr. Meyer, Quellen zur Geschichte der Stadt B. (Bayr. 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 514-515.
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