[271] Bahnhof (hierzu Tafel »Bahnhöfe I-III«), die Örtlichkeit für den öffentlichen Verkehr zwischen Eisenbahn und Publikum und zugleich für die Erledigung der Geschäfte des innern Betriebsdienstes, also eine Verbindung von Verkehrs- und Betriebsanlagen für den Personen- und für den Güterverkehr nebst Betriebsanlagen für den Rangier- (oder Verschiebe-) dienst und für den Werkstättendienst.
Die Personenbahnhöfe bestehen im wesentlichen aus Gleisanlagen mit seitlichen oder zwischenliegenden, offenen oder bedeckten Bahnsteigen nebst Empfangs- und Nebengebäuden sowie Räumen und Laderampen für Post- und Eilgut, Rampen für Kutschen, Pferde etc. Hierzu kommen an Orten, wo Personenzüge regelmäßig entspringen und endigen, noch die als Abstellbahnhof bezeichneten Betriebsanlagen, nämlich: Gleise zum Aufstellen, Reinigen und Neuordnen der Personenzüge, dazu Wagen- und Lokomotivschuppen nebst Zubehör an Gleisen, Drehscheiben, Kohlenbühnen und Wasserstationen; auch Anstalten zur Versorgung der Personenwagen mit besondern Arten von Leuchtgas.
Die Güterbahnhöfe gliedern sich weiter in Stückgut-, Rohgut-, Vieh- und Hafenbahnhöfe, endlich auch Privatbahnhöfe für Gruben, Hüttenwerke und andre große Fabrikanlagen. Die Stückgutbahnhöfe (Güterbahnhöfe), im engern Sinne für stückweise zu verwiegende[271] Sendungen, bestehen aus Güterschuppen nebst zugehörigen Gleisanlagen; die Rohgutbahnhöfe für Wagenladungsverkehr mit Feldfrüchten, Kohlen, Steinen, Erz, Holz etc. werden aus wiederholten, stumpf endigenden Gruppen von je zwei Gleisen mit zwischengelegten Ladestraßen gebildet, nebst Zubehör an Brückenwagen, Rampen, Kranen etc. Die Viehbahnhöfe enthalten an und zwischen den Gleisen größere Rampenanlagen zur bequemen Verladung des Viehes, Stallungen, Anlagen zum Füttern und Tränken der Tiere sowie zum Reinigen und Desinfizieren der Wagen mit kaltem und heißem Wasser. Die Hafenbahnhöfe bilden, namentlich bei Seehäfen, weit ausgedehnte Gleisanlagen mit Schuppen, Speichern, Hebevorrichtungen, die sich an den Schiffskais entlang ziehen. Dabei richtet man die Krane so ein, daß sie die Waren sowohl auf das zunächst am Kairand liegende Eisenbahngleis als auch darüber hinweg auf den Ladesteig der dahinter liegenden Schuppen niederlassen, bez. die Waren ebenso entnehmen können. Die Krane überspannen neuerdings sogar zwei Eisenbahngleise (z. B. in Bremen 1888).
Die Rangier- oder Verschiebebahnhöfe bestehen in der Hauptsache aus zahlreichen Gleisgruppen nebst Stellwerken zum Zerlegen und Neuordnen von Güterzügen; dazu kommen Umladerampen oder -Schuppen, Brückenwagen, Lokomotivschuppen mit Zubehör, Dienstgebäude etc. Die Werkstättenanlagen dienen zum Instandhalten und Wiederherstellen der Lokomotiven und Wagen, enthalten deshalb eine große Zahl von Gleisen und Gebäuden von z. T. sehr großer Ausdehnung.
Alle diese einzelnen Teile können bei großen Verkehrsplätzen sich mehr oder weniger voneinander trennen und zu selbständigen Sonderbahnhöfen entwickeln. Bei kleinern Orten pflegen dagegen die Bestandteile in ziemlich enger Verbindung bis zu einer einzigen gemeinsamen Anlage vereinigt zu sein. Ein Beispiel des Gleissystems solcher einfachen, aber vollständig ausgebildeten Durchgangsstation (s. unten) gibt Tafel I, Fig. 1. In den Hauptgleisen H1 und H2 halten nur die Personenzüge an den in der Fahrrichtung gegeneinander vorgeschobenen Bahnsteigen. Die Güterzüge verlassen die Hauptgleise bei Eintritt in den B. mittels der Spaltungsweichen S, S und treten bei Abgang wieder in dieselben ein durch die Vereinigungsweichen V, V; inzwischen halten sie in den Überholungs- oder Gütergleisen u1 u. u2. Die Zugmaschine geht sodann mit den abzusetzenden Wagen in das ihrer Richtung entsprechende Ausziehgleis Z vor und stößt die Wagen rückwärts in eins der Aufstellgleise a1, a2 ab. Sie nimmt sodann aus dem andern Aufstellgleis die zur Abfahrt in ihrer Richtung bereit gestellten Wagen heraus und setzt sich mit ihnen vor den Güterzug, so daß dieser nun zur Abfahrt fertig ist. Für die Richtung AB kann das Ausziehgleis Z2 allenfalls entbehrt werden, da das Rangieren im Ausfahrgleis (ohne Berührung des Einfahrgleises) minder gefährlich ist. Die in dem Aufstellgleise für Ankunft (a2) abgesetzten Wagen werden dann mit Hand (oder Bahnhofslokomotive) zu den Ladestellen und nach Abfertigung zurück in das Aufstellgleis für Abfahrt (a1) gebracht. Das Durchlaufgleis d ist namentlich für Anknüpfung weiterer Gleisanlagen (z. B. des punktierten Lokomotivschuppens mit Drehscheibe u. a. m.) bestimmt. Die Doppelpfeile in den Aufstellgleisen bezeichnen die Fahrrichtung der zugehörigen Güterzüge oder Zugteile.
Zum Verständnis der größern Bahnhofsanlagen empfiehlt sich folgende Einteilung: Nach der Lage zum Bahnnetz sind zunächst zu unterscheiden: End-, Zwischen-, Trennungs- (oder Anschluß-) und Kreuzungsstationen, dazu Kombinationen, wie z. B. Verbindungen von End-mit Zwischen- oder Kreuzungsstationen, mehrfache Trennungsstationen (Knotenpunktstationen). Bezüglich der Grundriß bildung der Personenbahnhöfe sind sodann weiter die Kopf-, Durchgangs-, Keil- und die Insel form zu bemerken, je nachdem die Hauptgleise stumpf endigen, durchgehen, von zwei Richtungen keilförmig zusammenlaufen oder die Bahnsteige nebst Gebäu den allseitig umschließen. Kopfstationen sind anfangs in Deutschland oft angelegt worden, indem man eine Weiterführung über den als Endstation gedachten B. hinaus oder eine Verbindung mit andern Bahnlinien nicht voraussah. Sie wurden jedoch bei zunehmender Verdichtung des Eisenbahnnetzes und damit steigender Betriebserschwerung meist durch Um- oder Neubauten ersetzt. Nur an ausgesprochenen Endpunkten großer Bahnsysteme, in einzelnen Großstädten auch als Knotenpunkte zusammenlaufender Bahnen, hat man bei neuen Ersatzbauten die Kopfform beibehalten, wenn die örtlichen Verhältnisse andernfalls eine zu große Entfernung des Bahnhofs vom Innern der Stadt bedingt haben würden, so in Münster, Frankfurt, Altona. Als hervorragendste Beispiele deutscher Kopfstationen sind zu nennen: der Lehrter und namentlich der Anhalter Personenbahnhof in Berlin 1880 (einfache Endbahnhöfe); München 1884 (8 einlaufende Bahnen); Frankfurt a. M. 1887 (7 einlaufende Bahnen, 18 Hauptgleise, 9 Personen- und 10 Gepäckbahnsteige; Tafel I, Fig. 2, und Tafel II, Fig. 1). Die Kopfbahnhöfe zu Braunschweig, Kassel, Stuttgart, Heidelberg u. a. sind bisher in ihrer ursprünglichen Grundform beibehalten, obwohl sie heute auch einem lebhaften Durchgangsverkehr zu dienen haben (Zahlenangaben s. die Tabelle auf S. 274). Ein Beispiel großer amerikanischer Personenkopfstationen zeigt der Hauptbahnhof in St. Louis (Tafel III, Fig. 4) mit 28 Hauptgleisen, 2 Gepäckgleisen und 16 Bahnsteigen, die von einem 183 m langen Quergebäude ausgehen. Die Halle von nahezu gleicher Weite ist fünfschiffig und 214 m lang.
Die Durchgangsform mit Vorgebäude, d. h. ein seitig neben den Gleisen (seltener beiderseits) gelegenem Empfangsgebäude, einem Haupt- u. einem Zwischenbahnsteig (Tafel I, Fig. 1), seltener mit beiderseitigen Außensteigen, ist die für Zwischenstationen allgemem übliche (bei den schematischen Figuren, Tafel I und III, bedeuten die einfachen Pfeile die Fahrrichtung der Personenzüge, die Doppelpfeile die der Güter züge). Dieselbe Form, durch mehrfache Wiederholung des Zwischensteigs, auch wohl durch Hinzunahme eines Außensteigs erweitert, findet Verwendung für den Zusammenlauf mehrerer Linien, namentlich wenn sie alle oder größtenteils weitergeführt sind. Während man die Überschreitung der Schienen durch das Publikum von einem zum andern Bahnsteig früher allgemein zuließ, wird neuerdings bei lebhaftem Verkehr großer Wert gelegt auf die Anlage schienenfreier Zugänge zu den Bahnsteigen und dem Gebäude. Zu gleich wird mittels Hochlegung der Bahn (mitunter auch der Straßen) schienenfreie Kreuzung mit den Straßenzügen erzielt. Größere Beispiele dieser Form sind unter anderm: Hannover: Vorgebäude mit unten liegenden Warteräumen; erstmalige Anwendung besonderer Gepäcksteige zur Befreiung der Personensteige von der Bewegung der Gepäckkarren. [272] Straßburg: Vorgebäude wie in Hannover, jedoch Wartesäle in Bahnsteighöhe. Mainz: Vorgebäude mit Wartesälen in Bahnhöhe. Schlesischer Bahnhof in Berlin: Vorgebäude mit unten liegenden Warteräumen. Auch die Bahnhöfe zu Bremen und Münster, beide mit unten liegenden Warteräumen im Vorgebäude, und B. Charlottenburg der Berliner Stadtbahn gehören hierher. Bei den Berliner Stadtbahnhöfen sind die Zugänge zu den (als Inseln zwischen die zusammengehörigen Hauptgleise eingeschobenen) Bahnsteigen mittels Treppen z. T. von den Langseiten, z. T. aber auch von der Querseite, d. h. von den die Bahn kreuzenden Straßenunterführungen aus, angeordnet. In diesem Fall ergibt sich oft die kürzeste, also beste Zugänglichkeit der Bahnsteige, indem das Publikum ohne Richtungsänderung vom Eingang aus am Fahrkartenschalter vorbei geradeswegs mittels der Treppe zum Bahnsteig gelangt. Bei solchen hochliegenden Stadtbahnen finden nicht selten die Räume des Empfangsgebäudes (s. unten) ganz oder fast ganz im Viadukt selbst unter der Bahn Platz, so unter anderm bei den Bahnhöfen Friedrichstraße und Zoologischer Garten der Berliner Stadtbahn.
Die Keilform (s. Textfigur) ist Grundform für den Zusammenlauf zweier Bahnen, oder, was dasselbe ist, für die einfache Trennungsstation (von a nach b und d), indem sie an der offenen Basis des Keiles einen sehr geeigneten Platz für das Empfangsgebäude und dessen Zugang darbietet. Beispiele, bei denen die Keilform des Grundrisses wie in der ersten Textfigur deutlich hervortritt, bieten unter anderm die Bahnhöfe von Hameln und Dirschau, aus denen jedoch durch Hinzufügung einer vierten Linie (von c, die vor dem Trennungspunkt in die Linie von a einläuft) später je eine Kreuzungsstation geworden ist. Allgemeiner ist jedoch die zum langen Rechteck ausgedehnte Keilform mit Zufahrt an einer Giebelseite des Empfangsgebäudes und meistens mittels Unter-, seltener Überschreitung beider Bahnarme an der Wurzel des Keiles (zweite Textfigur). Diese Form ist namentlich bei Zusammenführung mehrerer Linien und bei Kreuzungsstationen zur Anwendung gelangt, wobei dann die Kreuzung der Hauptgleise besser außerhalb der Station durch Überbrückung erfolgt. Solche Stationen werden oft als Inselbahnhöfe bezeichnet, weil das Hauptgebäude nicht ohne Kreuzung von Gleisen zu erreichen ist. In der Tat wird durch solche Anlage die Möglichkeit geboten, auch am Wurzelende des Keiles Gleisverbindungen (Nebengleise) zu Übergangsbewegungen etc. zwischen beiden Bahnarmen herzustellen, also die Bahnsteiganlage allseitig mit Gleisen zu umschließen. An der Betriebsart des ursprünglichen Keilbahnhofs wird dadurch jedoch nichts geändert, solche Anlagen werden deshalb folgerichtig als Inselbahnhöfe mit Keilbetrieb oder Linienbetrieb (Tafel I, Fig. 3) bezeichnet. Bei ihnen scheidet das Empfangsgebäude mit dem Hauptbahnsteig die Bahnlinien voneinander, so daß jeder der beiden Bahnen eine Seite mit Bahnsteigen zugeteilt ist; die Form erscheint daher besonders geeignet für getrennte Verwaltungen.
Beispiele von Kreuzungs- und Knotenpunktstationen dieser Art bieten Guben, Kottbus, Kohlfurt, Görlitz, Saarbrücken, Wittenberg, Duisburg und namentlich Halle a. S. (1890, für 3 durchgehende und eine endigende Bahnlinie, also 7 einlaufende Bahnzweige).
Behufs Erzielung kürzesten Zuganges zum Inselgebäude und den Bahnsteigen wird neuerdings oft ein Straßentunnel vom Vorplatz aus hinzugefügt, auch dessen Eingang mit Vorgebäude überbaut, das die Räume für die Fahrkartenausgabe, Gepäckabfertigung und Zubehör aufnimmt, während dem Inselgebäude in Bahnsteighöhe nur die Warteräume nebst Restauration und Zubehör sowie die Diensträume für Bahnhofsaufsicht und Bahntelegraph verbleiben. Die Gepäckbeförderung zu den Bahn-, bez. Gepäcksteigen erfolgt dann vom Vorgebäude aus mittels Gepäcktunnel und Aufzügen. Die Zufahrtstraßen zur Giebelseite des Gebäudes können dann wegfallen Beispiele dieser Verbindung der Durchgangs- und det Inselform bieten unter anderm Hildesheim (1884), Düsseldorf (1891), Erfurt (1894), auch (mu andrer Betriebsart s. unten) der Zentralbahnhof Köln (Tafel I, Fig. 6, und Tafel II, Fig. 5). Der Raum an beiden Giebelseiten des Inselgebäudes kann zur Einführung stumpf endigender Gleise an Zungensteigen dienen, so daß eine Reihe weiterer Bahnlinien oder Züge in den B. eingeleitet werden kann (Düsseldorf, Köln).
Eine andre, sehr häufige Verbindung von Durchgangs- und Kopfgleisen ergibt sich bei Einführung dieser Endgleise außerhalb der Durchgangsgleise (meist vor denselben an der Stadtseite). Beispiele bieten Hagen, Halberstadt, Westend der Berliner Stadtbahn u. v. a.
Bei dem Richtungsbetrieb (Tafel I, Fig. 4) scheidet der Hauptbahnsteig die Fahrrichtungen, so daß auf jeder Seite des Inselgebäudes nur eine Fahrrichtung vertreten ist. Hierher gehört unter andern B. Lehrte bei Hannover, ferner der Hauptbahnhof Köln (Tafel I, Fig. 6), jedoch beide mit Schienenkreuzungen der Hauptgleise. Solche können aber bei dieser Betriebsart vermieden, überhaupt fast alle Gefahrstellen beseitigt werden. Sie ermöglicht daher die denkbar größte Betriebssicherheit. Ein derartiges Gleissystem für einen Kreuzungsbahnhof mit Richtungsbetrieb zeigt Tafel I, Fig. 5. Streng durchgeführt ist der Richtungsbetrieb auf dem neuen Personenbahnhof Dresden-Altstadt (Tafel III, Fig. 1 u. 2). In der Mittelhalle endigen 6 Hauptgleise in tiefer Lage von Westen her, an jeder Seite sind 3 durchgehende Hauptgleise in hoher Lage durchgeleitet. An der Südseite laufen noch 2 Gütergleise in hoher Lage entlang (s. auch die Ostansicht Tafel II, Fig. 3).
Bei den zahlreichen großen Kopfstationen Nordamerikas pflegt das Quergebäude wie in England als Hotel ausgestaltet zu sein und die (meist niedrig und mehrschiffig gebildete) Halle ganz zu verdecken. Dabei ist aber die Architektur des Kopfbaues oft malerisch gegliedert und mit Türmen geziert.
Von neuern, architektonisch ausgestalteten deutschen Personenbahnhöfen in Durchgangsform sind hervorzuheben: Friedrichstraße (Tafel II, Fig. 2) und Alexanderplatz der Berliner Stadtbahn; ferner Bremen und namentlich Dresden (Tafel II, Fig. 3, von Osten gesehen, und Tafel III, Fig. 1), sämtlich mit schöner, hoher Rundbogenform der Hallen; sodann Köln (Architekt Frentzen und Jacobsthal) mit flach spitzbogiger Form bei 65 m Weite des Mittelschiffs (Tafel II, Fig. 5), München mit vier gleichen Schiffen,[273] sowie Hamburg (im Bau) mit 72 m Weite dee Mittelschiffs. Weitere Abmessungen gibt folgende Tabelle:
Eine wesentliche Anregung erhielt die Umgestaltung der Bahnhofsbauten in Deutschland durch den allgemeinen Aufschwung des Verkehrslebens nach den Kriegen von 1866 und 1870 und weiter in Preußen noch besonders durch die in den 80er Jahren folgende Verstaatlichung fast aller Privatbahnen. Große Bahnhofsneubauten sind zur Zeit (1902) namentlich in Hamburg im Bau und in Leipzig in Vorbereitung. In Hamburg wird das Empfangsgebäude quer über die Gleise gebaut, so daß von einem breiten Quergang aus Treppen zu den Bahnsteigen hinabführen (Tafel III, Fig. 3).
An Bahnhofshochbauten sind zu nennen: Empfangs- und Nebengebäude, Güterschuppen für Eil- und Frachtgut, Wagen- und Lokomotivschuppen, Wasserstationen, Stellwerksgebäude und Werkstätten. Daneben auch Wärterhäuser, Bureaugebäude, Magazine u. a. Für das Publikum kommt namentlich das Empfangsgebäude (in Österreich Aufnahmegebäude) in Betracht. Es vereinigt in sich drei Hauptgruppen von Räumen: die eine, in die Mitte zu legende, für den Verkehr zwischen Publikum und Beamten der Bahn, nämlich ein geräumiger Flur nebst Fahrkartenausgabe und Gepäckabfertigung; eine zweite Gruppe für den Aufenthalt und die Bedienung des Publikums: Warteräume, in Deutschland in der Regel mit Einrichtungen zur Bewirkung. nämlich Speiseausgabe mit Küchenräumen, meist auch mit Wohnung des Wirtes, in Unter- und Obergeschossen; eine dritte Gruppe für innere Dienstzwecke allein, das sind die Arbeitsräume für den Stationsvorsteher, für die Assistenten und sonstigen Beamten. Dazu kommen dann Abortanlagen in demselben oder in besonderm Nebengebäude, ferner häufig Dienstwohnungen für Beamte im Obergeschoß. Die zweckmäßige Anordnung aller dieser Räume macht oft erhebliche Schwierigkeiten. zumal dabei auch Rücksicht zu nehmen ist auf die Bahnsteigsperre, die häufig Teilung der Warteräume und Verdoppelung der Abortanlagen erfordert. Erleichtert wird die Aufgabe im Falle der Trennung in Vor- und Inselgebäude (s. oben).
Die Architektur der Bahnhofshochbauten, insbes. der Empfangsgebäude, ist in manchen deutschen Ländern, zumal da, wo der Eisenbahnbau von vornherein in Händen des Staates lag, wie in Braunschweig, Hannover, Baden und andern süddeutschen Ländern, von Anfang an mit Vorliebe, wenn auch in bescheidenen Verhältnissen gepflegt worden, während in manchen andern deutschen und außerdeutschen Ländern, namentlich in England, die Bahnhofsgebäude lediglich als Nützlichkeitsbauten recht nüchtern behandelt wurden. Dort bieten zudem in den Städten die weit überwiegenden Kopfstationen mit dem im Querbau stets vorgelegten vielgeschossigen Hotel keine Gelegenheit zu einer charakteristischen Ausbildung der Hallenform in der äußern Erscheinung. Dagegen sind an Zweckmäßigkeit für den Verkehr die englischen Kopfstationen den festländischen weit überlegen. So wird dort die Droschkenstraße fast stets in die Halle selbst zwischen zwei Ankunftsgleise gelegt, die Droschken fahren immer nur in einer Richtung, hinten von unten aufsteigend vorn durch das Kopfgebäude ab, und jeder Ankommende findet unmittelbar da, wo er den Eisenbahnwagen verläßt, oder auch vorn am Zuge neben dem Gepäckwagen, sofort eine Droschke bereit.
In Deutschland, Österreich und den angrenzenden Ländern hat man mit zunehmendem Verkehrsumfang und Volkswohlstand auch der architektonischen Ausgestaltung der Bahnhofsgebäude mehr und mehr Aufmerksamkeit und Mittel zugewendet. Die Bahnhofshallen, die zu Anfang aus Holz, später aus Eisen, jedoch ohne viel Rücksicht auf schöne Form, hergestellt wurden, blieben dabei lange Zeit ziemlich außer acht. Man begnügte sich mit der Architektur der Außenwände, so bei dem frühern Zentralbahnhof München (1847), noch bei den Pariser und Wiener Bahnhöfen aus den 50er und 60er Jahren, bei dem schönen Stuttgarter Bahnhof und so auch bei dem frühern Ostbahnhof in Berlin (1868), obwohl dort bereits eine schönere Form der Eisenträger für die Halle selbst angestrebt wurde. Dies gelang mit besserm Erfolg dann unter andern bei dem Lehrter Bahnhof daselbst (1870); hier wie beim Staatsbahnhof in Budapest wurde die Halle vorn zwischen den Seitengebäuden durch eine Glaswand mit großem Triumphbogen angedeutet. Die Hallenform (60 m weit) auch in der massiven vordern Abschlußwand bedeutungsvoll und schön zum Ausdruck zu bringen, gelang dann namentlich den Architekten Schwechten bei dem Anhalter Bahnhof in Berlin (1879, s. Tafel »Berliner Bauten I«) und Eggert bei dem Frankfurter Hauptbahnhof (1888) mit dreischiffiger Rundbogenhalle. Ein Beispiel neuerer Architektur gibt unter andern die Vorderansicht des Kopfbahnhofs Altona (Tafel II, Fig. 4) aus dem Ende des 19. Jahrhunderts.[274]
Buchempfehlung
Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«
74 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro