Berlepsch

[691] Berlepsch, 1) Friedrich Ludwig, Freiherr von, hannöv. Staatsmann, geb. 4. Okt. 1749 in Stade, gest. 22. Dez. 1818 in Erfurt, studierte in Göttingen die Rechte, trat 1769 in den hannöverschen Staatsdienst, wurde aber, als er 1794 den Ständen vorschlug, ohne England mit Frankreich über Neutralität Hannovers zu verhandeln, als Landesverräter 1795 seiner Ämter entsetzt und, obwohl er den Prozeß beim Reichskammergericht gegen die Regierung gewann, verbannt. Im Königreich Westfalen wurde er Präfekt zu Marburg, dann Staatsrat zu Kassel. Eine Streitschrift gegen den Finanzminister Malchus stürzte ihn abermals, worauf er sich auf sein Schloß B. zurückzog. Er schrieb: »Pragmatische Geschichte des landschaftlichen Finanz- und Steuerwesens der Fürstentümer Kalenberg und Göttingen« (Braunschw. 1799); »Beiträge zur Finanzgeschichte des verschwundenen Königreichs Westfalen« (das. 1813); »Über Grundsteuer in Deutschland und vollständiger Abriß der westfälischen Finanzgeschichte und der Verwaltung des Staatsvermögens im Königreich Westfalen« (Götting. 1814, 2 Bde.) u. a. Vgl. »Schriften, betreffend die Dienstentlassung und Landesverweisung des Hofrichters v. B.« (1797–1806, 6 Bde.).

2) August, Freiherr von, Bienenzüchter, geb. 28. Juni 1818 auf Seebach bei Langensalza, gest. 17. Sept. 1877 in München, studierte in Greifswald und München Theologie, übernahm 1837 das väterliche Gut und widmete sich hier der Bienenzucht. 1858 siedelte B. nach Gotha und später nach München über. Er unterstützte durch seine Beobachtungen Dzierzons Theorie, entwickelte sie weiter und regte v. Siebold, Leuckart und Liebig zu bedeutungsvollen Arbeiten über das Bienenleben an. Durch seine Erfindung des Wabenrähmchens wurde er der Begründer des eigentlichen Mobilbaues. Er schrieb: »Die Biene und ihre Zucht in honigarmen Gegenden« (Mühlhaus. 1860; 3. Aufl., Mannh. 1873) und das kleinere Werk »Die Bienenzucht nach ihrem jetzigen rationellen Standpunkt« (4. Aufl. von Lehzen, Berl. 1899).

3) Hans Hermann, Freiherr von, preuß. Minister, geb. 30. März 1843 in Dresden, studierte in Göttingen und Berlin die Rechte, trat in den preußischen Staatsverwaltungsdienst und ward 1873 Landrat von Kattowitz in Oberschlesien, wo er mit den Bergwerksverhältnissen vertraut wurde. Nachdem er 1877–80 Staatsminister in Schwarzburg-Sondershausen gewesen, wurde er 1881 Vizepräsident in Koblenz, 1884 Regierungspräsident in Düsseldorf und Mitglied des Staatsrates, 1889 Oberpräsident der Rheinprovinz. Vom 31. Jan. 1890 bis 27. Juni 1896 bekleidete er das Amt des Handelsministers. Unter seinem Vorsitz wurde im Januar 1901 zu Berlin die Gesellschaft für soziale Reform gegründet, die den Ausbau der sozialen Gesetzgebung im Interesse der Arbeiter fördern will.

4) (B.-Valendas), Hans Eduard von, Maler und Schriftsteller, geb. 31. Dez. 1849 in St. Gallen als Sohn des Reiseschriftstellers Herm. Alex. v. B. (gest. 1883 in Zürich), studierte auf dem Polytechnikum und auf der Universität in Zürich, war 1873 bis 1875 als Architekt in Frankfurt a. M. tätig und begab sich 1875 nach München, wo er sich auf der Kunstakademie bei Löfftz und Lindenschmit zum Maler ausbildete. Nach Beendigung seiner Malstudien führten ihn Studienreisen nach Italien, Spanien, dem Orient, den südslawischen Ländern, Holland etc. Als Landschaftsmaler ist er ein Vertreter der modernen Richtung. In neuester Zeit hat er sich fast ausschließlich dem Kunstgewerbe gewidmet, dessen Umgestaltung er ebenfalls in modernem Sinn anstrebt. Er hat eine große Zahl von Entwürfen für Holzarbeiten jeglicher Art, besonders Möbel, für Kupfertreib- und Eisenarbeiten, für Zinngüsse, Gewebe u. dgl. geschaffen. Auch sind nach seinen Entwürfen mehrere Innenräume in Elberfeld, München, Zürich und an andern Orten ausgestattet worden. Außer zahlreichen Aufsätzen in Zeitschriften veröffentlichte er: »Deutsche Architektur des 16., 17. und 18. Jahrhunderts« (Text zu dem von Lambert und Stahl herausgegebenen Werk, Stuttg. 1887–93); »Architekturen in und um Ragusa« (mit Fr. Weysser, Berl. 1894); »Gottfried Keller als Maler« (Leipz. 1894); »Dekorative Anregungen« (das. 1898). – Seine Schwester Goswina, geb. 25. Sept. 1845 in Erfurt, machte sich als Novellistin bekannt; sie lebt in Wien.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 691.
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