Campagna di Roma

[722] Campagna di Roma (spr. -pánnja), Landstrich in Mittelitalien, Provinz Rom, begreift im engern Sinn (Agro romano) die Umgebung von Rom (s. Karte »Umgebung von Rom«) oder den Unterlauf des Tiber nebst dem des Anio und wird in diesem Sinn östlich vom Albaner- und Sabinergebirge, im N. vom Soracte und den vulkanischen Bergen von Tolfa bis Civitavecchia, im W. von der Meeresküste begrenzt. Im weitern Sinn rechnet man zur C. noch die Ebene, die zwischen den Albaner und Volsker Bergen und dem Meer bis nach Terracina verläuft. In dieser Ausdehnung hat die Landschaft eine Länge von 150 km, eine größte Breite von 50 km und eine Fläche von ca. 3000 qkm, im engern Sinn (Agro romano) ein Areal von 2040 qkm. Der Boden, unzweifelhaft ein ehemaliger Meeresgrund, ist großenteils von Tuff, den die hier tätig gewesenen submarinen Vulkane darübergebreitet haben, bedeckt. Von den Böschungen des vulkanischen Albanergebirges sind ausgedehnte Lavaströme in die C. herabgeströmt; an der Küste und am Tiberdelta schließen sich Diluvial- und Alluvialbildungen an. Der Tiber schlängelt sich in einem breiten, eingenagten Tal hindurch. In die Ränder desselben sind Seitentäler eingeschnitten, und viele kleine Tuffhügel (darunter die sieben Hügel Ronis) sind im Tal selbst isoliert stehen geblieben. Die C. ist ein wellenförmiges Land, von zahlreichen, in den verschiedensten Richtungen laufenden Hügelketten durchzogen, mit zerstörten Wasserleitungen, Grabmälern und andern Bauresten bedeckt. Sie ist keineswegs wasserarm und unfruchtbar; doch herrschen in der heißen Jahreszeit Malariafieber, die das fruchtbare Land im Sommer fast unbewohnbar machen. Nur wenige Schenken (Osterien), Hirtenwohnungen (häufig notdürftig ein gerichtete alte Baureste), Bahnwärterhäuser und Gutshöfe unterbrechen die unabsehbare Einöde, auf der vereinzelt halbwilde Rinderherden, von Hirten zu Pferde bewacht, weiden. In den kältern Monaten gewinnt die C. mehr Leben; nach den ersten Regengüssen schießt im Oktober schnell das üppigste Gras hervor. Dann kommen aus den Abruzzen und vom Hochland Umbriens und der Sabina zahlreiche Schafherden in diese Ebene herab. 1887 zählte man in der C. 19,355 Rinder und Büffel, 211,924 Schafe, 7500 Pferde, 2600 Esel und Maultiere und 12,600 Ziegen. In den letzten Jahren hat der Anbau sichtliche Fortschritte gemacht, und zwar ebenfalls unter Heranziehung von Arbeitern aus den umliegenden Provinzen. Gegenwärtig sind etwa 95,000 Hektar Ackerland, 12,000 Hektar Wiesen, 54,000 Hektar Weiden, 2500 Hektar Reben- und andre Anpflanzungen; 40,000 Hektar sind durch Hoch- und Buschwald, 1143 Hektar durch Wasserflächen und Sumpfland eingenommen. 113 Privatpersonen besitzen im ganzen 128,600 Hektar, worunter Latifundien von 4–5000 Hektar und darüber; 75,000 Hektar gehören der Kirche und frommen Stiftungen. Der Hektar bringt im Durchschnitt 24 Lire Reingewinn. Einen Teil der südlichen C. nehmen die Pontinischen Sümpfe (s.d.) ein, die von der Küste bei Nettuno bis nach Terracina reichen. Die C. war zur Zeit der Römer von Villen und Gärten erfüllt; in den ersten Zeiten der Republik standen hier auch Städte, wie Gabii, Fidenä, Veji, unzählige kleine Ortschaften aber bis tief ins Mittelalter hinein. Die Verwüstungen der C., im 5.–8. Jahrh. durch Goten, Vandalen und Langobarden, später noch durch die Normannen und Sarazenen, sowie die Bürgerkriege der Barone entvölkerten die Landschaft. Alle Anstrengungen der spätern Päpste vermochten sie nicht wieder zu heben. Seit 1870 sind zahlreiche Projekte entworfen worden, um die C. wieder urbar und bewohnbar zu machen. Das Bonifizierungsgesetz von 1883 blied wirkungslos; dasjenige von 1903 sucht die Initiative der Grundbesitzer durch staatliche Beihilfe und durch Androhung der Expropriierung in die Richtung des intensiven Anbaues, der Viehzucht und der Kolonisierung zu lenken. Erste Bedingung ist Regulierung der Wasserläufe, Entsumpfung und künstliche Bewässerung. Die Eukalyptuspflanzungen haben den gehofften Schutz gegen das Fieber nicht gewährt. Vgl. Westphal, Die römische Kampagne topographisch und antiquarisch dargestellt (Berl. 1829); Gregorovius, Lateinische Sommer (5. Aufl., Leipz. 1889); F. Giordano, Cenni sulle condizioni fisice-economiche di Roma e suo territorio (Rom 1874); Mantovani, Descrizione geologica della C. (2. Aufl., Turin 1884); Sombart, Die römische Campagna (Leipz. 1888); Tomasseti, Della C. Romana nel medio evo (Rom 1900); Fichera, Il risanamento [722] delle campagne italiane (Mail. 1897); Gsell Fels, Rom und die Campagna (in »Meyers Reisebüchern«).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 722-723.
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